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„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“

Schaufenstern am Abend bei Richters gibt's was zu gucken.
Schaufenstern am Abend bei Richters gibt’s was zu gucken.

Als ich Richters Buchhandlung betrete, muss ich mich noch etwas in Geduld üben. Geschäftsführerin Christine Polak ist noch mit einer Dame vom Suhrkamp-Verlag tief ins Gespräch vertieft. Zweimal im Jahr geben sich Vertreter hier die Klinke in die Hand, erklärt mir derweil ein Mitarbeiter. Es gilt aus den jährlich etwa 70 000 Buch-Neuerscheinungen die passenden für die eigene Kundschaft auszusuchen. Das erfordert Zeit. Und ein Näschen für die Vorlieben der treuen Leserschaft. Es wird kalkuliert und spekuliert, welches Buch wohl ein Erfolg sein könnte. Bereits abgedruckte Rezensionen werden ins Feld geführt, die Bekanntheit des Autors abgewogen, Leseproben ausgeteilt.

Dann darf ich – der Nächste bitte – Frau Polak gegenüber in einem tiefen Korbsessel versinken und ihr meine Fragen stellen.

Richters Buchhandlung trägt den Namen ihres Eröffners Wolfgang Richter. Ein Jahr nach der Wende eröffnete er einen der ersten (wenn nicht sogar DEN ersten) Buchläden in der Neustadt. Mit viel Ehrgeiz und Engagement verkaufte er begehrte Ware an das lesehungrige Ex-DDR-Volk. Rilke, Hesse, Newcomer Gaarder – Literatur, die nur tröpfchenweise die Mauer durchsickert hatte, wurde jetzt mit umso mehr Begeisterung aus den Regalen geschnappt. Wichtiges Standbein Richters war die zweite Filiale in der Sempergalerie, die mit ihrer zentralen Lage und touristischen Angebundenheit für ein gutes Auskommen sorgte. Das Neustädter Geschäft war das literarisch-belebte Pendant dazu. Hier, auf der dunklen abenteuerlichen Seite der Elbe, fanden wöchentlich Lesungen mit bekannten und noch zu entdeckenden Autoren statt.

Dieses Flair bewog Christine Polak im Jahr 1996 zu einer Initiativbewerbung. Als frischgebackene Mutter wollte sie keinen Ganztagesjob in einer renommierten Buchhandlung übernehmen, sondern es in einer privaten etwas ruhiger angehen lassen. So kam es denn. Das Lädchen entwickelte sich, wurde umgebaut und ausstaffiert – bis es 2002 zur großen Krise kam. Nicht nur im finanziellen, auch im wortwörtlichen Sinne fiel Richters ins Wasser. Tragische Umstände führten zur Insolvenz des Geschäftes und zu einigen Konjunktiven: Wäre nicht die Flut gekommen und hätte die Altstadt samt Sempergalerie unter Wasser gesetzt, hätte ein unbekannter Käufer Richters übernommen. Frau Polak hätte sich nie das Herz gefasst, sich Geld zu borgen und Kapitän des schlingernden Kahns zu werden. Aber die Flut kam. Bücher, Elektrik, (T)raum – aus die Maus. Der Käufer sprang vom sinkenden Schiff und die Zukunft hing in der Luft bzw. schwamm im Wasser. Und Frau Polak fasste sich ein Herz.

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Richter's Buchhändlerin: Christine Polak
Richters Buchhändlerin: Christine Polak

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, sagt sie. Und jedem Ende ein Anfang. Ein gewaltiger Kraftschub befähigte sie, unbekannte Länder wie BWL zu erobern und ihre Neustädter Literatur-Insel vor dem Untergang zu bewahren. Jetzt sitzt sie hier am zierlichen hölzernen Schreibtisch und erzählt, wie sie auf ihren inneren Kompass und die Wünsche ihrer Kunden lauscht. Die lauschen wiederum auf die Rezensionen von Kulturradio-Sendungen und Frau Polak weiß, wenn Denis Scheck wieder ein Buch verrissen hat, wird es noch eine ganz Weile im Regal auf einen neuen Besitzer warten müssen.

Ich sehe Buchhändler gern als Apotheker der Seele, sage ich zu Frau Polak. Was sie mir wohl empfehlen würde? Ich hätte gern was mit Melancholie und Tiefgang, aber doch optimistischem Touch …? Ja, beides. Erkenntnisgewinn und Unterhaltungswert, bitte. Frau Polak schreitet die Regale ab wie eine Pilzsucherin. Vier Stück greift sie heraus, rezitiert mir ausführlich und konzentriert den Inhalt eines jeden Exemplars, beschreibt Stil und eigenes Wohlgefallen. Welches soll nun mein Herzblatt sein? Der stürmische italienische Durante? Daniela Krien, deren junge Protagonistin sich in einen reifen Mann verliebt? Die auffliegenden Tauben von Buchpreisträgerin Melinda Nadj Abonji? Oder ein englisch-persischer Kulturaustausch der polygamen Sorte? Hach, ich nehm gleich zwei.

So. Leselampe an. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.

Informationen und Öffnungszeiten

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  • Richters Buchhandlung, Förstereistraße 44
  • Montag bis Freitag 10 bis 19 Uhr, Sonnabend 10 bis 14 Uhr
  • Im Internet zu erreichen unter: www.richtersbuchhandlung.de

12 Kommentare

  1. Schöner Artikel. Jetzt bitte noch den Apostroph vom Genitiv-s wegnehmen, dann ist er prima. Sorry für die Pedanterie, aber da kann ich nicht anders.

  2. Jetzt müssten aber alle raus sein. Ganz ehrlich, ich hätte immer gedacht, dass Richters sich mit Apostroph schreibt. Bin jetzt positiv erfreut, dass dem nicht so ist. Toll auch der Werbespruch „Lesen macht schön“.

  3. Bei den ganzen Fehlern läuft es mir kalt dn Rücken runter, da hat der Deutschlehrer wohl auf ganzer Linie versagt. Ob da nun ein Apostroph in Verbindung mit dem Genitiv steht oder nicht, das macht auch keinen Unterschied mehr.

  4. @flueggus: Ja, ich konnte es auch nicht verifizieren. Die Geschäftsinhaberin meinte, dass es der erste nach der Wende gewesen sein dürfte …

  5. …kann jedem bequemen e-consumer in der neustadt nur empfehlen, bei richters zu bestellen: bis 18:00 uhr genügt ein anruf bei den freundlichen mitarbeitern und am nächsten tag um 10:00 uhr ist das buch dann schon da.
    so schnell schafft das nicht mal amazon und anstehen wie auf der post mus man auch nicht.
    für mich ist es auch noch der kürzere weg.
    schöner beitrag!

Kommentare sind geschlossen.