Ein jeder braucht etwas, das ihn antreibt – bei motorisierten fahrbaren Untersätzen ist das ganz unromantisch gesagt das Benzin. Nun hängen jedoch an diesem Fakt zahlreiche weitere Antreiber, nämlich die der Menschen, die fahren und die derer, die in der Tanke stehen und zapfen lassen. In der Neustadt auf der Bautzner Straße gibt es seit 1925 eine kleine Zapfstation, die zwar von einer großen Gesellschaft versorgt, jedoch von einer kleinen Pächterin seit 1998 betrieben wird. Dort fließt nicht nur Sprit, sondern auch Herzblut.
Ute Jautze ist gelernte Schlosserin, doch nach der Wende stellten sich ihre beruflichen Aussichten als nicht besonders glorreich heraus. Bereits als Mädchen half sie ihrem Großvater an seiner Tankstelle in Oelsa (Rabenau) aus. Damals waren diese tatsächlich noch kleine Stationen, an denen von Hand gepumpt wurde. In diesen Jahren schnupperte sie Benzinduft, der ihr ins Blut überging. In der Südvorstadt bewarb sie sich an einer kleinen Tankstelle, die heute nicht mehr existiert. Der Besitzer stellte sie an und schmiss sie bei vielen Aufgaben ins kalte Wasser. Doch Ute Jautze, mit alle Treibstoffen gewaschen, meisterte sie mit Bravour. Von da aus zog sie an die nächste Tankstelle in Prohlis. Irgendwie gefiel ihr dort jedoch das Ambiente nicht besonders und sie entschied, dass es Zeit für das Abenteuer Neustadt wäre. Der Konzern hatte angefragt, ob sie die nötigen finanziellen Mittel aufbringen und das kleine Zapf-Rondell übernehmen wolle. Ute Jautze griff tief in die Tasche und richtete sich in der technisch aufgemöbelten Tanke ein. In den 15 Jahren lernte sie die Neustädter ganz anders kennen, als sie es erwartet hätte. Anspruchsvoll nämlich. Von der Schokolade bis zu den angebotenen Pflegemitteln und Getränken hatte das Publikum einen recht ausgewählten Geschmack, auf den sich Jautze einzustellen lernte. Zu DDR-Zeiten hatte es im Sortiment die ein oder andere Zündkerze gegeben, aber das war nicht die optimale Vorbereitung auf kommende Bedürfnisse.
Während wir stehen und plaudern passieren im Fünfminutentakt die Leergefahrenen und Kippenkäufer den Tresen, bereits vorher angekündigt durch ersterbendes Motorenbrummen oder das dezente Alarmpiepen, das im Verkaufshäuschen entsteht, wenn ein Zapfhahn herausgezogen wird. Ausgestorben wirkt es nicht, aber Jautze hat hart an dem Ausbau der Bautzner zu knabbern. Als Gegenoffensive startet sie innerhalb der nächsten zwei Monate die Aktion „Backofen und Bockwurst“: in den kleinem Laden soll dann nämlich ersteres eingebaut und zweiteres angeboten werden. So entdecken die fünf Mitarbeiter sogar noch ihre Gastro-Ader – wer rastet, der rostet. Da ich nun kein Autofahrer bin, erkundige ich mich nach meinen Vorteilen einer Tankstelle. Fahrradreparatur vielleicht? „Na ja, eigentlich nicht. Aber Scheibenwischer hab ich schon mal angeschraubt, da hat der Herr nicht schlecht geguckt. Einfach versuchen. Ich geb mein bestes“ versichert Frau Jautze.
Total Tankstelle Ute Jautze
- Bautzner Straße 72, 01099 Dresden
- Montag bis Freitag 5 bis 21 Uhr, Sonnabend 6 bis 21 Uhr, Sonntag 7 bis 21 Uhr (die Öffnungszeiten sind aus aktuellem Anlass um eine Stunde verkürzt worden)
- Telefon 0351 8049180
Sehr fein geschrieben Phili´nsche.
Das ist meine Lieblingstankstelle und gebs Gott, dass sie so wie sie ist erhalten bleibt….
tolle architektur & sehr freundlich die damen! ich hoffe die bleibt noch lange erhalten… :)
Klasse Tanke! Nur das Dach ist etwas tief, da hat sich schon mal eins von den riesen Wohnmobilen aufgeschlitzt.
Ich habe da schon nen kleinen Sekt für nach der Geburt des Sohnes gekauft (Im Diako nicht enthalten, im Josephstift schon, selbstverständlich nur zum Anregen der Milch) und mir zum ersten mal ekrlären lassen was ne Pinkel-Party ist. Die Frauen dort haben echt immer nen lockern Spruch drauf.
Daumen hoch! Weiter so!
beste Tankstelle von Welt
kleine Info am Rand. Die nicht mehr existierende Tankstelle in der Südvorstadt müsste die (Marke mir nicht mehr bekannt) an der Münchner/Bergstraße sein, welche um die Jahrtausendwende dicht gemacht hat.
Das war meines Erachtens bis zum Schluss ’ne Minol.