Schon lange bevor „Die Gruppe Liebe“ ihre legendär-trashige Hommage auf den kleinsten Lebensmittelladen der Neustadt in den Äther klimperte, war Bui (von manchen scherzhaft auch Hui Bu genannt) eine feste Größe, ein wahres Original der Neustadt geworden. Die Kundenfluktuation ist verblüffend, das Sortiment ein Meisterwerk und das Flair ein Erfolgsrezept. Tuyen Bui ist so etwas wie der Lokalheld der Louisenstraße geworden. Und trägt sein Schicksal mit bescheidener Fassung.
Tuyen Bui kam 1982 als Gastarbeiter nach Deutschland. Allerdings sah es auf dem Arbeitsmarkt bald finster aus und er musste sich nach einer neuen Verdienstmöglichkeit umschauen. So beschloss er 1996, gemeinsam mit seiner Frau einen Lebensmittelladen zu eröffnen. Eine Wohnung fand sich gleich nebenan, seine zwei Kinder konnten bequem in der Neustadt zur Schule gehen. Bui schaut etwas verwundert, wenn man ihn auf das Konzept seines Ladens anspricht. Er, so sagt er, habe sich immer nur nach den Nachfragen gerichtet. Fragte jemand nach Puderzucker, kaufte er am nächsten Tag Puderzucker. So stapelte sich nach und nach ein perfekt auf seine Kunden abgestimmtes Angebot zusammen. Marmelade, Bindfaden und Tofuwurst, Shampoo und Nudelsauce, Glühbirnen, Tomaten und: Tulpen. Anfangs war das eigene Geschäft eine Herausforderung. Den ganzen Tag hinter der Theke sitzen, strengte an, gibt Bui zu. Doch jetzt langweilt er sich, wenn er zu Hause sitzt, ohne Kunden und alltäglichen Tratsch.
Während wir plaudern, klingelt ununterbrochen die Türglocke. Zigaretten wechseln den Besitzer, Kaugummis und Zeitungen. Es ist vormittags um elf, es wird für den Tag vorgesorgt. Zwischendurch überschwebt eine Flasche Sekt den Tresen und eine Schachtel Frischkäse. Im Hinterraum räumt jemand klimpernd Flaschen ins Regal. Truyen Bui’s Gattin schaut nervös. Ich bin eine Zeiträuberin im fließenden Ablauf.
Bui ist nicht nur eine beliebte Person in der Dresdner Neustadt, sondern bereits eine Institution. Tatsächlich ist sein Ladenformat im Tante-Emma-Stil ein Relikt aus älteren Tagen; Vintage sozusagen. Mit Spätshops ist die Neustadt gesegnet, auch wenn einige von ihnen aufgrund steigender Mieten und der Alkoholsperre wochenends ab 22 Uhr bereits die Segel streichen mussten. Doch ein Lädchen für alles – das ist einzigartig. Dabei schafft es Bui sogar, Produkte billiger als im Discounter anzubieten.
Das ist es jedoch nicht, was ihn bei seinen Kunden so beliebt macht. Bui steht für eine familiäre Art des Einkaufens. Zwar gestaltet sich die Suche zwischen den Regalen wesentlich beengter als auf den Highways der Kaufländer, dafür kommt man (besonders physisch) öfter mit seinen Nachbarn in Kontakt und wird personalisiert nach der Tageslaune befragt. Fällt ein spezifischer Wunsch, reicht ein gezielter Griff Buis in eine dunkle Nische. Einkaufen wie in der Zauberkiste.
Übrigens, weil du fragtest, Anton Launer: Fernseher sind an sich kein Problem. Aber dafür mangelt es dann doch an Platz. Es lebe Bui!
BUI Lebensmittel
- Louisenstraße 70, 01099 Dresden
- Montag bis Sonnabend 8 bis 22 Uhr
- Rudimentäre Infos auch auf Buis Facebook-Site
- das legendäre Musikvideo von „Die Gruppe Liebe“ auf Youtube.
Ich habe in der Louise direkt gegenüber gewohnt. Bui und die „Bitte-Danke-Frau“ (R.I.P.) waren neben meinem Dresden und der dreckig herzlichen Neustadt für Jahre ein warmes Zuhause für mich. Liebe Grüße ans Viertel, es war eine gute Zeit mit guten Menschen, nicht selten anstrengend aber immer irgendwie charmant… :-)
Rudimentäre müßte das nicht „buimentäre“ heißen ;-)
Sonntags hat er dann doch nicht geöffnet. Aber einen Ruhetag hat sich die Familie verdient, an allen anderen Tagen führt kaum ein Weg vorbei, wenn man hier wohnt. Danke, Familie Bui !
Stimmt. Korrigiert! Danke.
Ach ja, Philine schreibt immer noch am Besten. Da krieg ich doch beim Lesen glatt etwas Sehnsucht nach der Louisenstrasse…
ein hoch auf bui und seine stets freundliche art.
danke!