Die 28. Ausgabe der inzwischen zum Stadtteilfest mutierten Bunten Republik Neustadt (BRN) ist gelaufen. Zehntausende, wenn nicht gar hunderttausende Besucher waren da.
Die wenigsten Besucher werden von dem „Anmelde-Chaos“ im Vorfeld überhaut etwas gemerkt haben. Betroffen waren Standanmelder und Gastronomen mit Außenbestuhlung. Einige wenige Fälle konnte der Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain auf den letzten Drücker in einer Hauruck-Aktion zwar noch klären, aber immerhin 140 Standanträge wurden negativ beschieden. Das knappe Ausschreibungsverfahren und der Wechsel des verantwortlichen Amtes wird dabei sicherlich auch eine Rolle gespielt haben.
Wer ist schuld?
In der Verwaltung wird nun die Schuld hin- und hergeschoben. Das Ordnungsamt, dass seit 2003 für die Standanmeldungen verantwortlich ist, wollte diese Aufgabe eigentlich schon im vergangenen Jahr los werden. Für alle anderen Straßenfeste in Dresden ist das Straßen- und Tiefbauamt zuständig.
In einem Schreiben vom Februar 2016 von Amtsleiter Reinhard Koettnitz an dessen Chef den Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain geht hervor, dass Koettnitz darum bittet, das sich Schmidt-Lamontain dafür einsetzen soll, dass „eine Verlagerung der Zuständigkeiten (…) nicht erfolgt“.
Auf Neustadt-Geflüster-Nachfrage, ob der Baubürgermeister schon im Februar 2016 darüber informiert war, dass die Zuständigkeit für die Anmeldungen der Stände zur BRN auf das Straßen- und Tiefbauamt übergehen sollte, antwortet Schmidt-Lamontain: „Nein, das trifft nicht zu.“
Man beachte, das Schreiben stammt aus dem Februar 2016. Damals einigte man sich darauf, dass 2016 das Anmeldeprozedere noch einmal vom Ordnungsamt durchgeführt wurde. Aber der Übergang der Zuständigkeit war damit nicht vom Tisch. In einer Dienstberatung des Oberbürgermeisters vom 22. November 2016 wurde schließlich festgelegt: „Gemäß Aufgabengliederungsplan ist das Straßen- und Tiefbauamt für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Verkehrsraum zuständig.“
Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte also das Straßen- und Tiefbauamt die BRN planen müssen. Nun beruft sich Schmidt-Lamontain auf die Bebauungsempfehlung des Ordnungsamtes (Teil des Sicherheitskonzeptes). Denn die lag nach seiner Auskunft erst am 6. April 2017 vor.
Problem mit dem Sicherheitskonzept
„Das ‚finale Sicherheitskonzept‘ ist am Donnerstag, 15. Juni 2017, beim Straßen- und Tiefbauamt eingegangen“, so Schmidt-Lamontain auf Nachfrage. Daraus habe sich die zwingende Konsequenz ergeben, die Kreuzungsbereiche von Einbauten freizuhalten.
Erstaunlicherweise haben aber einige Eckhändler schon am 7. Juni Post bekommen, dass sie ihre Aufbauten während des BRN-Wochenendes von der Ecke entfernen sollen.
Grüne und Linke verlangen Aufklärung
Diesem Hick-Hack um Zuständigkeiten und Verzögerungen im Vorfeld wollen nun die Fraktionen von „Die Linke“ und „Bündnis90/Die Grünen“ auf den Grund gehen. In einem Antrag wird der Oberbürgermeister beauftragt, dem Stadtrat bis zum 31. Oktober 2017 einen Bericht vorzulegen über die Antragslage und die Gründe der offenkundigen Schwierigkeiten bei der Genehmigungspraxis im Vorfeld der BRN 2017.
Außerdem fordern die beiden Fraktionen, das Sicherheitskonzept in leicht verständlicher Weise öffentlich zu machen und dem Ortsbeirat künftig in der ersten Jahressitzung über Besonderheiten bezüglich der BRN in Kenntnis zu setzen. Thomas Löser, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat: „Wir wollen wissen, wieso die Verantwortlichkeiten umverlagert wurden?“
Baubürgermeister will mit Akteuren reden
Dass die Verantwortung nun beim Straßen- und Tiefbauamt bleibt, scheint zumindest fest zu stehen. Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain will die Akteure aus der Äußeren Neustadt kurzfristig einladen und mit ihnen erörtern, wie wir für die kommende BRN zu einem geordneten und frühzeitigen Verfahren für die Standvergabe und Sondernutzungserlaubnisse kommen. „Insbesondere werde ich ausloten, ob einzelne von ihnen für eine
sog. Insellösung bereitstehen und ob sie eine Teilverantwortung für Abschnitte übernehmen“, so Schmidt-Lamontain, der selbst im Viertel wohnt und sich an allen drei Tagen ein Bild von der BRN gemacht hat. Innerhalb seines Geschäftsbereichs habe die Auswertung des Verfahrens zur Erteilung der Sondernutzungserlaubnisse schon begonnen.
Unterdessen gibt es auch schon erste Interessenten, die eine Nachfolge-Organisation für die aufgelöste Schwafelrunde etablieren wollen. Denn eines scheint klar, die BRN lässt sich auch durch ein „Anmelde-Chaos“ nicht beerdigen, oder wie es Jacqueline Muth von der Fraktion „Die Linke“ heute sagte: „Den Schalter ‚BRN abschalten‘ gibt es nicht.“
Und wieder kochen alle ihr eigenes Süppchen, zeigen mit dem Finger auf andere und drücken sich vor politischer Verantwortung.
Wie soll das jemals dazu führen, dass die Äußere Neustadt bzw. ihre Bewohner das Heft des Handelns (wieder) selbst in die Hand nehmen?
@Fidel
Sehe ich nicht so. Es wird ein Bericht eingefordert, um nach vollziehen zu können, wo die Schwierigkeiten ihren Ursprung hatten. Um danach besonnen nach einer Lösung zu suchen und dabei auch Delegierte der Äußeren Neustadt bei der Planung mit einzubeziehen, halte ich das für ein sinnvolles und transparentes Vorgehen.
Zudem besteht Einigkeit darüber, dass die letzte Planungsphase frei von Fehlern war. Das ist mitnichten selbstverständlich.
Am Ende bedarf es auch engagierter Bürger und Anwohner. Wenn jetzt schon damit angefangen wird, Schnittstellen zwischen Behörden, Ämtern und Anwohnern zu entwerfen und auch die Schwafelrunde Vol.2 in die Gänge kommt, dann klingt das für mich alles in allem ersteinmal vielversprechend.
LG
Meckern ist leicht. Konzepte zu finden, die Anwohnern, Sicherheitsbedenken und Ämtern gleichermaßen genügen, eine ganz andere Hausnummer.
Ja, dass ist in der Tat ziemlich eigenartig, RRG bekommt es nicht geregelt und verlangt dann vom Oberbürgermeister einen Bericht. Hilft ja alles nichts, noch zwei Jahre durchhalten und dann ist ja gottseidank wieder Stadtratswahl. Vermutlich ist dann die Opposition schuld, dass RRG nicht wirklich viel vorwärts gebracht hat in fünf Jahren ;-)
Hm, an der Stelle sei die Frage erlaubt, was RRG damit zu tun hat, dass sich zwei Ämter der Stadtverwaltung gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben?
RRG ist ja nicht unwesentlich im Stadtrat vertreten und auch verantwortlich für das eine oder andere Amt im Rathaus. Und das es über das Ordnungsamt deutlich besser lief, ist ja unbestritten. Insofern sehe ich hier schon, dass man die Fragen zuerst an das Straßen- und Tiefbauamt richten sollte, dort dann an Herrn Schmidt-Lamontain. Natürlich ist es angenehmer, wenn Herr Löser und Frau Muth da von Herrn Hilbert per Antrag eine Erklärung verlangen, der ist ja nicht Teil von RRG … ob es formal so sein muss, entzieht sich meiner Kenntnis, aber ein Geschmäckle hat es auf jeden Fall. Wie Fidel schon eingangs schrieb, es ist einfacher mit dem Finger auf andere (gern ausserhalb von RRG) zu zeigen, als selbst die Verantwortung zu übernehmen.
@Stefan E. Anfragen des Stadtrates gehen immer an den OB als Verwaltungschef. Der delegiert dann die Anfragen an die entsprechenden Ämter. Im Übrigen sind auch die übrigen Bürgermeister (also auch Schmidt-Lamontain kein Teil von RRG, auch wen der ein grünes Parteibuch hat).