Zwei Schriftsteller sitzen im Sowjet-Russland der 70er Jahre in ihrem Wohnzimmer und raufen sich die Haare über das Drehbuch zu ihrem neuen Sci-Fi-Film: Ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller werden von einem Stalker illegal in die geheimnisvolle „Zone 13“ geführt. Die Zone, ein von der Umwelt abgeschotteter, mysteriöser Ort, der wie ein Organismus auf seine Besucher reagiert und an dem schier Unmögliches vor sich geht, ist für Normalsterbliche abgeriegelt. Nur die Stalker finden sich wie Trapper in sie hinein – und wieder hinaus. Die Zuschauer haben Teil an dem kreativen Prozess des Schreibens und begeben sich zeitgleich auf die Abenteuerreise der imaginierten Figuren.
Erneut bringt das Frei-Spieler Kollektiv ein Mashup bekannter Romane auf die Bühne. Diesmal schöpfen Regisseurin Christiane Guhr und Dramaturg Stephan Zwerenz nicht aus nur zwei Vorlagen (wir erinnern uns an EXIT : KUCKUCKSNEST), sondern verweben Figuren und Motive aus Picknick am Wegesrand (1971) und Eine Milliarde Jahre vor dem Weltuntergang (1973/77) von Boris und Arkadi Strugazki, Solaris (1961) von Stanislaw Lem, als auch der Verfilmungen Stalker (1978/79) und Solaris von Andrei Tarkowski.
Entstanden ist ein atmosphärisch dichtes Stück, das virtuos mit Zitaten und Stimmungen arbeitet. Mal beklemmend-düster, dann wieder utopisch-hell bedient es sich aus dem Spektrum des Sci-Fi-Genres der 70er-Jahre. Die Bedrohung der politischen Realität findet ihr Echo in den schaurig-schönen Landschaften der „Zone“, die, mittlerweile menschenleer, einmal Traum-Ort war und vielleicht von der Regierung abgesperrt wird, weil sie es noch ist … Natur und Zivilisation sind hier zu einem apokalyptischen Wildnis-Konzept fusioniert, durch das die allegorischen Charaktere von Wissenschaftler, Schriftsteller und Stalker wandeln.
So, wie die drei Abenteurer sich durch die Widrigkeiten der „Zone“ kämpfen, ringen die Autoren Valja und Dima, unterstützt und kritisiert von Freundin Irka, mit dem Schicksal ihrer Helden. Sie arbeiten in der ständigen Angst vor dem System, das sie durch die Blume kritisieren wollen. Auf der Bühne verschmelzen die beiden Parallelgeschichten. Realität und Fiktion verschwimmen, wobei schlussendlich alle AkteurInnen vor der Frage stehen: Wie weit bin ich bereit für meinen Traum zu gehen?
Die Schriftsteller wachen nach dem Besuch einer dubiosen Schauspielerin betrunken in ihrem verwüsteten Zimmer auf und fürchten, ausspioniert zu werden. Die Abenteurer in der „Zone 13“ gelangen zu einem Raum, in dem sich der tiefste innerste Wunsch eines Menschen offenbaren soll. Alle stehen vor einer Schwelle und mit ihnen der Zuschauer, der sich fragen muss: Wie würde ich mich entscheiden?
Das Stück stößt Fragen zu den Begrifflichkeiten von Mut, Integrität und Freiheit an und drängt den Vergleich zu der heutigen globalen Situation von Kulturschaffenden, KünstlerInnen, PublizistInnen auf, die ihre wirtschaftliche Grundlage und Unversehrtheit riskieren, um ihre Wahrheit artikulieren zu können.
Zone 13
- gespielt vom Frei-Spieler Kollektiv im Projekttheater
- nächste Vorstellungen am 12. und 13. Februar und am 27. März jeweils um 20 Uhr
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