In Zeiten von Dauerbeschallung durch Social Media, Nachrichten und Co. sehnen sich immer mehr Menschen nach Ruhe im Kopf. Da auch ich dazugehöre, begab ich mich ins buddhistische Meditationszentrum „Kadampa“ auf der Hoyerswerdaer Straße.
Es ist Mittwochabend. Ich bin seit zwölf Stunden auf den Beinen, nach Job, Terminen und den üblichen Aufgaben des Alltags bin ich ordentlich gestresst. Und jetzt auch noch in die Neustadt zum Meditieren. Mein innerer Schweinehund sehnt sich nach Sofa und einer Runde „Netflix“. Aber ich gebe mir einen Ruck. Lieber ’ne Runde Meditieren anstatt den Stress der vergangenen Stunden wie meistens mit einer neuen Serie und einer Packung Chips zu übertünchen.
Als ich im „Kadampa“-Zentrum auf der Hoyerswerdaer Straße, nur ein paar Meter neben einer der wohl lautesten und wuseligsten Kreuzungen der Neustadt, ankomme, sind alle Anderen schon startbereit. Ich beeile mich, Schuhe, Jacke aus, ab auf ein Kissen zwischen die anderen Ruhe-Suchenden. Direkt vor uns steht ein Podest, auf dem sich kurze Zeit später die Meditationslehrerin des Zentrums Kelsang Lobma niederlässt, mit tibetischem Gewand in Orange- und Rottönen und kurzen grau-silbrigen Haaren. Ich blicke in ein entspanntes, friedliches Gesicht. Bei mir dagegen rennt der Puls. Der Stress des Tages steckt mir noch in den Gliedern.
Zwischen Atem und Gedankenkarussell
Wir beginnen mit einer Atemmeditation. Lobma erklärt uns, wir sollen uns auf unseren ein- und ausströmenden Atem konzentrieren. Easy, denke ich mir. Und los geht’s. Ich atme ein, ich atme aus. Ich atme ein. Oh Mann, irgendwie bin ich mit meiner neuen Haarfarbe doch nicht so zufrieden. Hätte ich mir den Friseur-Besuch auch sparen können. Hab‘ meine Wohnung vorhin schon wieder in absolutem Chaos hinterlassen. Muss echt mal ordentlicher werden. Oh Mist, Einatmen, Ausatmen. Was haben diese Wasserschalen auf dem Altar zu bedeuten? Die Straßenbahn hört man ja noch ordentlich von draußen. Laura, Atmen, Atmen!
Nach etwas 20 Minuten erlöst Lobma mich vom Gedankeninferno in meinem Kopf. Sie erklärt uns, dass es ganz normal sei, dass der Geist unentwegt Gedanken produziert und uns vom Atem ablenkt. Doch bei der Meditation gehe es darum, unsere Aufmerksamkeit immer und immer wieder auf den Atem zu legen.
Wie geht’s mir jetzt? Ich fühle mich irgendwie müde nach diesem Gedankenwust in meinem Kopf. Hinzukommt Ernüchterung, schließlich wollte ich doch entspannen. An dieser Stelle appelliert Lobma an unsere Geduld. Viele Menschen denken, sobald sie sich auf ein Meditationskissen setzen, finden sie absolute Gedankenleere, das Nirvana. Weit gefehlt. Bei der Meditation gehe es um Übung und Motivation, dranzubleiben.
Meditieren für’s Mitgefühl
Und deshalb geht es auch gleich weiter mit einer zweiten Meditation. Dieses mal geht es um Mitgefühl. Wir fokussieren uns auf einen Menschen in unserem Leben, dem wir Gutes wünschen und fühlen mit ihm. Mit der spirituellen Praxis schulen wir unseren Geist darin, negative Geisteszustände zu reduzieren und stattdessen positive zu kultivieren, erklärt Lobma.
Nach meinen ersten beiden Trainingseinheiten der Meditation beendet Lobma die Sitzung. Der Großteil der etwa 20 Gäste steht zügig auf und bewegt sich Richtung Garderobe, um dann das Meditationszentrum zu verlassen. Zurück in die Normalität. Zurück zum Smartphone, zu Whatsapp, zu Nachrichten und Tram-Abfahrtszeiten.
Wie findet man das Glück?
Ich lasse mir noch ein wenig Zeit und setze mich mit Lobma zusammen. Ich frage mich, wann sie zur Meditation gefunden hat. Vor etwa 20 Jahren, erzählt sie mir. Sie hatte drei kleine Kinder, ein harmonisches Familienleben, arbeitete an einer Grundschule und hatte von außen betrachtet alles, was ein gelungenes Leben ausmacht. Dennoch stellte sich bei ihr nie ein Gefühl von Zufriedenheit ein, ein Gefühl von „Okay, also jetzt bin ich glücklich.“
Da ihr im Äußeren nichts zu fehlen schien, entschloss sie sich, im Inneren auf die Suche zu gehen. Mit Meditation. Als ich Lobma frage, ob sie das gefunden hat, was sie in ihrem Leben vermisste, sagt sie „Ja“. Als ich sie daraufhin frage, was dies war, antwortet sie mir „inneren Frieden“.
Stille durch Nichtstun
Als ich mich von Lobma verabschiede, denke ich noch eine Weile über unser Gespräch nach, über Glück, Zufriedenheit, Ruhe und Seelenfrieden. Ich frage mich, ob ich dies heute gefunden habe. Und trotz übersprudelnder Gedankengänge während der Meditation und ermüdendem Fokussieren meines Atems, merke ich: Es gab da diesen einen Augenblick zum Ende der Meditation, als ich die Augen wieder öffnete. Ein klitzekleiner Moment von Frieden, nachdem man endlich mal für 20 Minuten still saß.
Ohne Smartphone in der Hand, ohne Laptop vor der Nase, ohne etwas zu essen oder zu trinken und ohne etwas anzusehen oder etwas auszusprechen. 20 Minuten weit weg von den ständig und überall lauernden Berieselungen unseres modernen Lebens. Stattdessen den Blick nach Innen gerichtet, mit einer erwachten Neugier darauf, was ich dort noch so alles finden werde – morgen früh, wenn ich das nächste mal meditiere.
Weitere Infos zum „Kadampa“-Meditationszentrum
- Wo: Hoyerswerdaer Straße 23, 01099 Dresden
- Was: Meditationskurse, Vorträge und Workshops zum Thema
- Infos zur buddhistischen Lehre des Zentrums, Veranstaltungen, Anmeldung und Teilnahmekosten auf meditation-dresden.de
Nicht so einfach, König Verstand zu entmachten. Käptn Peng hatte Glück, der Verstand hat ihn gefeuert … Weg frei ins Land ohne Namen namens „OHA“.
Hätte der Buddha ein Smartphone besessen, wäre einer Vollzeitarbeitsstelle nachgegangen und hätte dabei täglich 20 Minuten meditiert, wäre er nicht unterm Baum erleuchtet worden, außer vielleicht vom Display seines Smartphones. Buddhisten meditieren, aber sie leben auch anders.
Wenn aus täglich 20 Minuten verordneter Stille 2 Stunden werden, die man sich nicht nimmt, sondern einfach hat und wenn aus 20 Minuten Mitgefühl 12 Stunden werden, dann lebt man anders. Wenn diese 20 Minuten täglich das zum Ziel haben, leuchtet es mir ein.
20 Minuten meditieren? Was für’ne Zeitverschwendung! Mit der neuen fast-trance Technik kann man in 2 Minuten so tief meditieren, wie normalerweise in einem 2-wöchigen Yoga-Kurs. So ist man schneller wieder fit für neue Runden im Hamsterrad :)