Wir laufen im strömenden Regen auf ein Gitarrenriff. Der feste Boden unter den Füßen ist aus Beton. Unter Schirmen und Zelten drängen sich die Samstagnachmittagsbesucher des umsonst&draußen-Festivals, das gerade für einige Stunden ins Wasser fällt. Die Schilder versprechen es: Der Abend ist noch bier- und mixbar.
Tapfer greifen Seattle Jay in die Saiten. Ab und an schallt Jubel über den Platz – er zeugt von einem weiteren erfolgreichen Schuss am Kickertisch. Hier vertreibt man sich kurbelnd die Regenzeit. Im Kaffeekränzchenzelt gibt es Kuchen und Tee. Von hier aus hat man einen wundervollen Blick auf die Wasserlöcher. Rundum folierte Regenzwerge fallen vor- und rückwärts in mattgrau schwappende Pfützengräben und krähen vor Wonne. „Du kannst schreiben, dass der Burrito lecker schmeckt“, mampft meine zauberhafte Begleiterin. Der kommt von Mia’s auf der Conradstraße, die neben The Boy and the Burger für volle Backen sorgt.
Es bleibt keine Hose trocken
Unter freiem Himmel ist festzustellen, dass es von drinnen nur den Anschein macht, als regne es ununterbrochen und dass es unzählige Spielarten des Zustandes „nass“ gibt. Es gibt nass unter dem Regenschirm, nass neben dem Regenschirm, nass nach dem Warmtanzen, nicht mehr ganz so nass vor dem nächsten Schauer und wieder nass nach dem nächsten Schauer. Es bleibt keine Hose trocken.
Ein seltsamer Algorithmus hat das umsonst&draußen zum Treffpunkt mehrerer Freunde bestimmt, denen man nur aller Jubeljahre begegnet. Das letzte ist lang her und so gibt es viel zu plaudern. Über das Verjähren erlittener Demütigungen und Rache aus dem Tiefkühlfach, über das Ertragen humorloser Komödien, die Musikqualität auf Dorffesten und die unbekannten Tiefen des Tharandter Waldes. Dabei wippt man leicht in den Knien.
Aggregatzustand: Feuchtfröhlich
Es gibt noch Hiphop-Konzerte! Dem durchweichten Plan zufolge dürften es Suit & Tight sein, die im feinen Bindfadenregen authentisch Schönheit und Schrecken der Prokrastination vertonen. Sie rappen von den sich komprimierenden Schaumstofflagen beim Sinken in treue Matratzen und man seufzt und denkt an die eigene, schaut sich um, wer noch im Regen steht und fühlt ein wenig ritterlichen Stolz über das eigene Durchhaltevermögen aus den durchweichten Strümpfen aufsteigen.
Die Sonne blinzelt sinkend durch die Baumwipfel und das Gelände hat sich gefüllt. Die Bands geben sich auf zwei Bühnen das Mikro in die Hand. „He, hier drüben geht es weiter“, dirigiert ein blonder Matschhosenpirat die unschlüssige Meute auf den zwischen Bäumen versteckten zweiten Floor. Vorsicht, Dornen!
Die Biertischgarnituren auf dem Beton sind mittlerweile trocken gesessen, die Regenschirme zugeklappt und die Schlangen an den Tresen angewachsen. Das chemische Inhalat der Dixi-Klos spült man am besten mit Fassbrause in den Geschmacksrichtungen Weiß oder Rot hinunter. Auf dem vorderen Floor sind die nickenden Köpfe in der ersten Reihe bei Hiphop mit Genieration diesselben geblieben, haben aber mehr Rückenhalt. Den Aggregatzustand kann man nunmehr als feuchtfröhlich bezeichnen.
Gehen, wenn es am Schönsten ist. Der Himmel in den Fenstern der Garnisonskirche wird langsam dunkel. Der Tag verabschiedet sich nachthemdrosa und baldrianblau. Ein savannengelber Mond steht über den dampfenden Elbwiesen. Knips, da geht die Waldschlösschenbrücke an wie eine Glühwurmparade. Es ist nie umsonst draußen zu sein.
Mit so saftigen Beiträgen machst Du Dich nobelpreisverdächtig, Philine =)