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Schwindel mit Versandware

Was heute im Wesentlichen über Internet und nur noch ab und zu über Kataloge und andere Printmedien beworben wird, das besorgten ein Jahrhundert früher Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften. Die hiesigen Druckerzeugnisse waren oft bis zur Hälfte mit Werbung aller Art bestückt. Schließlich waren diese periodisch erscheinenden Blätter das wichtigste Verbreitungsmedium für Nachrichten und Informationen aller Art in der damaligen Zeit.

Zeitungsanzeigen-Montage - Symbol-Fotoim Hintergrund: Gerhard Gellinger auf Pixabay
Zeitungsanzeigen – Montage, Symbol-Foto: Gerhard Gellinger/Pixabay

Angepriesen wurden u.a. Kleidung nach der neusten Mode aus dem berühmten Kaufhaus Renner am Altmarkt, Jubiläums-Bier aus der Waldschlösschen-Brauerei, saisonale Produkte der Bauern aus der Umgebung, aber auch Hammelfleisch aus Australien.

Daneben gab es Anzeigen mit aktuellen Speisenangeboten der Bärenschenke, wie Gänsebraten mit Rotkraut und Kartoffeln für 80 Pfennig, Autos auf Vermietungsbasis (gleich mit Chauffeur) oder Veranstaltungen in Tymians Thalia Theater auf der Görlitzer Straße (das war damals eine Kabarett- und Kleinkunstbühne), Hirschgeweihe aus Lengefeld und Hosenträger, das Paar für 2,50 Mark, bei Bargou am Postplatz. In jeder Menge Heiratsanzeigen suchten Mann oder Frau einen passenden Partner. In den höheren Kreisen war natürlich ein gewisses Vermögen als Mitgift erwünscht.

Genau wie heute musste man aber damals genau hinschauen. Betrüger, Scharlatane, Heiratsschwindler und Abzocker versuchten, naiven und gutgläubigen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Billig und wohlgeformte Ausdrucksweisen waren auch in diesen Zeiten nicht immer gleichbedeutend mit Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit.

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Beispiel aus der Nr. 1/1913 der Deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaftspresse

Hier ging es um Butter, deren Preis damals in den Herbst- und Wintermonaten hierzulande höher war als im Frühjahr und Sommer. Denn die Kühe gaben aus Futtergründen in der kalten Jahreszeit weniger Milch. Und weniger Milch bedeutete weniger Butter, weniger Käse und demnach höhere Preise im Laden. Diesen Zustand nutzten Betrüger und Schmuggler in Nacht- und Nebelaktionen mit Schmuggelware über die Grenze aus dem Böhmischen. Dort war die Butter günstiger zu haben.

Sie machten auch scheinbar seriöse Angebote mit Produkten von weiter weg. So wurde in den Werbebeilagen hiesiger Tageszeitungen Butter aus Galizien (im Nordwesten der heutigen Ukraine gelegen, damals, wie Böhmen, zu Österreich-Ungarn gehörend) angeboten. „Die Anpreisungen in den Anzeigen“, so in der Genossenschaftspresse zu lesen, „lauteten: 10 Pfund im Postkolli (veraltete österreichische Bezeichnung für Postpaket) täglich frischer, allerfeinster Süßrahm-Tafelbutter, Ia (Qualität) für 10 Mark, (Qualitätsstufe) II für 9 Mark. Versand per Nachnahme.“ Hört sich doch gut an, sagte sich die hiesige Hausfrau und griff zu.

Eine Bürgerin, die die Ia-Qualität für 10 Mark per Nachnahme bestellte, erlebte ihr blaues, oder besser gesagt, ihr übelstes Gestankwunder, als sie zuhause Paket und Ware prüfte.

Empört wandte sie sich an die oben genannte Zeitung. „Die Nachnahme betrug nicht 10, sondern 11,96 Mark. Das Paket wog nur 9 Pfund. Es enthielt nur 6 Pfund Butter, 3 Pfund waren Kiste und Verpackungsmaterial. Die Butter war so stark ranzig, dass sie ungenießbar war. Außerdem ging der Wassergehalt etwas über die zulässige Grenze von 18 % hinaus.“

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Die Zeitung warnte deshalb vor diese Art Werbung und riet auch zur Vorsicht bei Nachnahme-Sendungen, vor allem, wenn sie aus dem Ausland käme.

An die Leser und Leserinnen ging der Hinweis, „dass jeder Empfänger einer mit Nachnahme belasteten Auslandspostsendung nach § 11, Abs. 4 der Postzollordnung berechtigt ist, beim Zollamt den Inhalt der Postsendung in Augenschein zu nehmen, bevor er den Nachnahmebetrag zahlt. Entspricht die Sendung nicht den Erwartungen, so kann er die Annahme verweigern.“

Unter der Rubrik „Vor 100 Jahren“ veröffentlichen wir in loser Reihenfolge Anekdoten aus dem Leben, Handeln und Denken von Uroma und Uropa. Dafür hat der Dresdner Schriftsteller und Journalist Heinz Kulb die Zeitungsarchive in der Sächsischen Landes- und Universtätsbibliothek durchstöbert.

3 Kommentare

  1. Danke an Herrn Kulb für die interessanten, unterhaltsamen und lustig geschriebenen Artikel. Und, vor einiger Zeit war’s mal erwähnt, ebenfalls Dank für die (mittlerweile besser) in die Zeit passenden Bilder.

  2. Das glaube ich dir gerne, vielleicht ist es nicht immer einfach. Dennoch ist es halt schön, wenn’s passt. Wir haben halt alle keinen eigenen Erinnerungen/Vorstellungen von dieser Zeit. Da können Geschichten mit Bildern aus anderen Zeiten ganz schön falsche Vorstellungen erzeugen.

    (Das ändert ja aber nichts daran, dass meine Anerkennung ehrlich gemeint war.)

Kommentare sind geschlossen.