Schneeflöckchen kamen gar nicht ins Tal
Die Bilanz des vergangenen Winters zeigt eindrücklich die klimatischen Veränderungen, denen wir bereits ausgesetzt sind. In den letzten drei Monaten war es die permanente Zufuhr von warmen Luftmassen, die einen kalten Winter verhinderte. Insgesamt birgt vor allem das Andauern von Wetterlagen Gefahren. So kann es wie in den vergangenen beiden Jahren zu langanhaltender Trockenheit und Hitzeperioden kommen. Andernorts beziehungsweise bei Verschiebung des Polarjets (atmosphärisches Starkwindband) können verheerende Hochwasser entstehen.
Schnee war Mangelware. Mit einer Durchschnittstemperatur von 4,4 Grad Celsius war der Winter 2019/2020 ungewöhnlich warm, sogar wärmer als ein durchschnittlicher März mit einem Monatsmittel von 3,8 Grad Celsius. Es war sogar der zweitwärmste Winter seit 1961. Nur im Winter 2006/2007 war es mit 4,6 Grad Celsius noch wärmer. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Wintertemperatur liegt in Dresden Klotzsche nach international gültiger Referenzperiode 1961 bis 1990 bei 0,19 Grad Celsius.
Im Referenzzeitraum fiel in Dresden im Mittel an durchschnittlich 20 Tagen Schnee. Im vergangenen Winter registrierten die Sensoren an der Station in Dresden Klotzsche an nur zwei Tagen im Dezember Niederschlag in Form von Schnee. So wurde während des Winters auch nur ein einziger Eistag (Tag an dem die Maximum-Temperatur unter null Grad Celsius bleibt) registriert. Im Elbtal sogar kein einziger.
Zum Vergleich: Im Zeitraum 1961 bis 1990 traten im Mittel 22,7 Eistage auf. In den vergangenen 30 Jahren fiel der Wert auf 19 Eistage. Das nur ein Eistag gemessen wurde, ist eine dramatische Besonderheit. Bei den Frosttagen, also Tagen an denen die Minimumtemperatur eines Tages unter null Grad fällt, wurden im vergangenen Winter nur 27 gezählt. Das ist etwa halb so viel wie das Klimamittel von 55 Frosttagen. Die Niederschlagsmenge beruhigt auf den ersten Blick. Mit einer Regensumme von 132 Millimetern wurde der Klimareferenzwert von 144 Millimetern um nur knapp neun Prozent verfehlt. Allerdings war die Niederschlagsverteilung über die Wintermonate sehr ungleichmäßig.
Ursache für den sehr milden Winter war eine von Dezember bis Februar anhaltende West-/Südwestströmung, in der milde Luft vom Atlantik in unsere Breiten geführt wurde. So machte der Dezember mit einer Monatsmitteltemperatur von 4,4 Grad Celsius den Auftakt. Der Klimareferenzwert liegt bei 0,9 Grad Celsius. Dazu sorgte Hochdruckeinfluss für einen sehr sonnigen und trockenen Witterungsabschnitt. Mit 66 Sonnenstunden übertraf der Dezember den Vergleichswert 1961 bis 1990 um 50 Prozent. An weiße Weihnachten war mit fünf bis sieben Grad Celsius Tagesmitteltemperatur über die Feiertage überhaupt nicht zu denken.
Die Regensumme des Dezembers betrug 25,3 Millimeter – lediglich die Hälfte der üblichen Menge.
Die milde und trockene Witterung hielt über den Jahreswechsel an. In der zweiten Monatsdekade des Januars kühlte es für wenige Tage ab. Hier lagen die Tagesmitteltemperaturen um und sogar einmal unter dem Gefrierpunkt. In dieser Periode wurde der einzige Eistag des Winters gezählt. Dennoch erreichte die Monatsmitteltemperatur 3,1 Grad Celsius – eine Abweichung von 3,9 Grad gegenüber dem Klimareferenzwert und damit neunt wärmster Januar seit 1961.
Die ungewöhnlich milden Temperaturen machten bereits Ende Januar Pollenallergikern zu schaffen: Die Hasel begann in Sachsen bereits um den 21. Januar zu blühen. Gravierend war wiederum das Niederschlagsdefizit im Januar von über 60 Prozent. Statt der 47 Millimeter konnten nur 17,6 Millimetern Niederschlag gemessen werden.
Im Februar blieb es nicht nur viel zu mild, es wurde vor allem nass und sehr stürmisch. Insgesamt war es der zweitwärmste Februar seit 1961 mit einer Durchschnittstemperatur von 5,6 Grad Celsius. Nur 1990 war es mit 6,8 Grad Celsius noch wärmer. Die Sturmtiefs Sabine, Victoria und Yulia verursachten reichlich Turbulenzen, wobei die Windgeschwindigkeiten glücklicherweise geringer als bei Sturmtief Friederike von Januar 2018 blieben.
Vor allem sorgten sie jedoch für eine permanente Zufuhr von Niederschlagsfeldern bis nach Sachsen. Ein schon ungewöhnliches Bild für die Dresdner: Im Februar regnete es an 21 Tagen. Insgesamt wurden 88 Millimetern in Dresden Klotzsche aufgezeichnet. Dies ist die höchste gemessene Regensumme in einem Februar seit 1961. Solch ein Regenrekord war schon lange nicht mehr zu vermelden. Für die nun beginnende Vegetationsperiode bleibt auf ein Anhalten der Niederschläge zu hoffen, da die Böden noch nicht gesättigt sind.
Der milde Winter 2019/20 wirkt sich auf Mensch und Natur aus. Zu hohe Temperaturen in der kalten Jahreszeit bringen die heimische Tier- und Pflanzenwelt aus dem Takt: Einige Pflanzen treiben zu früh aus und können dann von möglichen Spätfrosten geschädigt werden, da Blüten oder Fruchtansätze abfrieren. Allergiker leiden unter dem schon im Winter beginnenden Pollenflug. Schadinsekten, wie der Eichenprozessionsspinner oder Zecken, werden früher.aktiv. Auch Bienen und Hummeln verlassen bei zu milden Temperaturen eher als sonst ihre Winterquartiere. Die Nahrungssuche kann für sie so früh im Jahr zu einem Problem werden und die Bestände der Insekten gefährden.
Jährliche Wetterrückblicke
Online unter: www.dresden.de/stadtklima, Thema „Witterungsberichte ab 2012“. In der Rubrik „Zukunftsorientierte Stadtplanung“ können Interessierte nachlesen, welche Strategien zur Klimaanpassung die Landeshauptstadt verfolgt.
Ich hatte mal die Schneehöhen für Klotzsche analysiert (gibts beim DWD seit 1934) da läßt sich kein eindeutiger Trend ablesen. (siehe website) Es gab immer mal wieder Winter ohne Schnee. Die Julihöchsttemperaturen im gleichen Datensatz steigen hingegen deutlich an.
Ist doch Klasse. Musste man weniger heizen und konnte mit dem Rad zur Arbeit.