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Demo aufgelöst – Teilnehmer*innen weggetragen

Gestern Nachmittag hat die Dresdner Polizei am Jorge-Gomondai-Platz eine Demonstration aufgelöst. Die Teilnehmer*innen wurden allesamt weggetragen und abtransportiert. Allerdings handelte es sich bei den Demonstrierenden nicht um Menschen, sondern ausschließlich um Pappaufsteller.

Die Polizei entfernte die Pappaufsteller. Foto: Peter Zuber
Die Polizei entfernte die Pappaufsteller. Foto: Peter Zuber
Die Pappaufsteller trugen Transparente mit Forderungen wie „Leave no one behind“, „Solidarität ist grenzenlos“ oder „Dresden hat Platz“, darüber hinaus wurden auf dem Platz weitere Schilder mit Forderungen aufgestellt.

Die Dresdner Polizei meldet heute dazu, dass gegen eine 65-jährige Frau und einen 70-jährigen Mann wegen des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetzes ermittelt wird. Zeugen hatten gestern Nachmittag die Polizei über eine Menschenansammlung am Albertplatz informiert. Den Hinweisen zufolge hatten sich dort mehr als ein Dutzend Menschen augenscheinlich zu einer Kundgebung eingefunden und Aufsteller mit politischen Inhalt im Umfeld platziert. Vor Ort stellten die Polizeibeamten nur die zwei Personen fest. Sie gaben an, die Aufsteller mit platziert zu haben. Daraufhin wurde gegen die beiden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auf Nachfrage teilte Polizeisprecher Marko Laske mit, dass die Figuren vom gemeindlichen Vollzugsdienst der Stadt Dresden entfernt wurden.

Unverständnis von Politikern

Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Valentin Lippmann äußerte Unverständnis zu der Maßnahme der Polizei. „Das ist aus meiner Sicht unverhältnismäßig“, sagt er und kritisiert den aktuellen Umgang mit politischen Versammlungen insgesamt als unverhältnismäßig.

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Albrecht Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Ich habe nach wie vor Verständnis für die aktuellen Beschränkungen des Versammlungsrechts zugunsten des Gesundheitsschutzes der gesamten Bevölkerung. Trotzdem geht mit der Corona-Rechtsverordnung in Sachsen derzeit ein massiver Eingriff in die Grundrechte einher.“ Deshalb sollten seiner Ansicht nach kreative Möglichkeiten des Protests und der Meinungsbekundung dringend zugelassen werden. „Insofern ist mir die Entsorgung der Pappfiguren durch die Polizei unverständlich, zumal ich gerade nicht nachvollziehen kann, auf welcher Rechtsgrundlage die Pappfiguren beräumt worden sind.“ Pallas will daher bei Polizei und Innenministerium nachfragen, auf welcher Grundlage diese Räumung beschlossen wurde und wie wir kreative Diskussionsformen in Zeiten der Beschränkungen zulassen können.

Papp-Demonstration am Jorge-Gomondai-Platz - Foto: Peter Zuber
Papp-Demonstration am Jorge-Gomondai-Platz – Foto: Peter Zuber

Situation in Flüchtlingslagern

Die Organisator*innen der Demonstration wollten auf die Lage in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufmerksam machen. Plakate mit dem Motto „#WirhabenPlatz“ sind auch in der Neustadt an diversen Fenstern zu sehen.

In einer Pressemitteilung heißt es: „Nachdem ursprünglich von 1.000 Personen, die in Deutschland aufgenommen werden sollten, die Rede war, ist am Ende nur eine symbolische Aktion übrig geblieben, in der am Wochenende 50 Kinder aus den Lagern in Griechenland geholt werden sollen.“ Weiterhin kritisierten die Aktivist*innen: „Wir finden es nicht hinnehmbar, dass die Corona-Pandemie als weiterer Vorwand benutzt wird um die zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer zu erschweren und jegliche staatliche Seenotrettung einzustellen.“

An die Stadt Dresden und den Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) richteten sie die Forderung, Dresden ebenfalls zu einem sicheren Hafen für Geflüchtete zu machen. Mehrere Städte hatten in den vergangenen Monaten erklärt, Geflüchtete unabhängig vom Vorgehen der Bundesregierung und der Europäischen Union aufnehmen zu wollen.

Seebrücke statt Spargelbrücke - Foto: Peter Zuber
Seebrücke statt Spargelbrücke – Foto: Peter Zuber

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Seebrücke mit Mission Lifeline

Der Dresdner Verein „Mission Lifeline“ ist derzeit dabei eine Luftbrücke zu finanzieren, um Flüchtlinge aus den überfüllten Lagern evakuieren zu können, wenn die entsprechenden Umstände einen solchen Flug erlauben. Bislang sind schon zwei Flüge finanziert.

Die Polizei räumte die Pappaufsteller beiseite. Foto: Peter Zuber
Die Polizei räumte die Pappaufsteller beiseite. Foto: Peter Zuber

Nachtrag

Gestern hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum Thema Versammlungen in Corona-Zeiten einem Kläger teilweise recht gegeben, der in Gießen eine Versammlung durchführen wollte. Der Entscheid des BVerfG wurde heute veröffentlicht. Anlässlich der gestrigen Papp-Demonstration, sowie dem heutigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Versammlungsverbot, erklärt Johannes Lichdi, Stadtrat aus der Neustadt:

„Das BVerfG hat gestern beschlossen, dass ein Pauschalverbot jeder Demonstration gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verstößt. Damit ist endlich auch die Verfassungswidrigkeit der Praxis der Dresdner Versammlungsbehörde höchstrichterlich festgestellt.“

Er fordert die Stadtverwaltung auf: „Oberbürgermeister Hilbert muss umgehend dafür sorgen, die rechtswidrige und lächerliche Praxis der Versammlungsbehörde zu beenden. Sie hat sogar zur „Verhaftung“ von Pappfiguren wie gestern am Gomondai-Platz geführt. Dies hat nichts mehr mit der Eindämmung des Virus zu tun, wohl aber mit der Unterdrückung missliebiger Meinungen, wie der Forderung, die Menschen aus Moria auf Lesvos zu evakuieren. Die Stadtverwaltung wird in Zukunft jede Versammlungsanzeige prüfen müssen, ob durch Schutzmaßmahmen eine Ansteckung nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann. Sicherlich werden auch weiterhin Versammlungen im dreistelligen Personenbereich nicht stattfinden können. Die Stadt kann sich etwa an der Regelung in Sachsen-Anhalt orientieren.“

Ein Kommentar

  1. Beide, zu Wort kommenden Politiker geben ihr Unverständnis sehr pointiert kund. Dabei weisen sie den Verantwortungsbezug außerordentlich gerichtet zu. Ganz einsichtig ist diese Wertungsbetrachtung nicht.

    Polizei und gemeindlicher Vollzugsdienst vollziehen. Die vollzogenen Reglungsbestände entstammen bekanntermaßen immer aus Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsakten, wie etwa auch einer Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes mit Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie und dem Verbot von Veranstaltungen. All jenes ist der parlamentarischen Befassung durchaus zugänglich.

    Wenn eine Maßnahme als unverhältnismäßig adressiert wird oder die Reglungsbestände von Sondernutzungssatzungen der Landeshauptstadt nicht aus dem Gedächtnis abrufbar sind, hilft diesen Überlegungen vorgreifend ein Blick in die Rechtsquelle. Wieviel Ermessen wird den Umsetzungsbeauftragten denn mit welcher Maßgabe eingeräumt? Die Stellung des innenpolitischen Sprechers in einer die Landesregierung tragenden Fraktion des Sächsischen Landtages, welche beiden Protagonisten innewohnt ist nun nicht derart unbedeutend, als dass den Entschlossenheit Ausstrahlenden jede Wirkungskraft von Anfang an verschlossen bliebe. Unbegrenzt oder absolut sind Umsetzungserfolge in einem demokratisch organisierten Gemeinwesen ganz sicher nicht. Zumal in als unsicher empfundenen Zeiten haben es freiheitliche Momente darüber hinaus schwer, sich Geltung zu verschaffen. Gänzlich verloren sind sie jedoch nicht, noch nicht!

    Freiheit kann sich Raum verschaffen. Es beginnt immer mit einem entschlossenen Schritt in die geeignete Richtung. Vielleicht ringen ja die beiden Bewogenen längst mit den ihren um Verantwortung und Freiraum. Die hierbei zutage tretenden Kriterien, Abwägungen und Diskussionsprozesse wären nutzbringend für einen sich entfaltenden, sachbezogenen Diskurs. Ihre Reflektion, Einordnung, Wertung und Verständlichmachung können jenen Willensbildungsprozess im zwischengesellschaftlichen Bereich befördern, der den parlamentarischen Prozess flankiert. Schade, dass man von alledem hier nichts vernimmt!

    Den Vorkämpfern hintern den Pappkameraden gilt mein unumwundener Respekt. Nicht, dass ich alles gutheiße oder auch nur alles verstehe was da so hervorgebracht. Aber holt Euch Euren Raum zurück. Es ist Euer! Tut es mit Augenmaß. Der Gegenüber weiß sich im Streben für eine gute Sache sehr gefordert.

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