Am späten Nachmittag haben sich gestern rund 100 Radfahrerinnnen und Radfahrer getroffen, um gemeinsam für „Grundrechte und Bewegungsfreiheit für alle“ zu demonstrieren. Die sich selbst als „critical mass“ bezeichnende Gruppe fuhr von Löbtau aus über die Marienbrücke. Dort traf sie sich mit einer zweiten Gruppe aus Dresden Pieschen. Gemeinsam setzten sie den Weg zum
Dresdner Landes- und Amtsgericht fort. Dabei führte die Route über den Elberadweg und die Albertbrücke.
Eine Sprecherin der Gruppe sagt: „Unsere Grundrechte sind nicht verhandelbar: Die Versammlungsfreiheit darf nicht zu Gunsten des Infektionsschutz ausgehebelt werden. Diese Politik schädigt die demokratische Willensbildung und Teilhabe. Die Überlegungen zu Corona-Apps und der personenbezogenen Weitergabe von Daten im Infektionsfall weisen in eine gefährliche Richtung; diese Maßnahmen dürfen trotz aller Dringlichkeit nur unter Beachtung höchster datenschutzrechtlicher Standards eingeführt werden.“
Einen Katalog mit zehn Prüfsteinen für solche Standards hat jüngst der Chaos Computer Club vorgelegt und gleichzeitig das Robert Koch-Institut für sein Vorgehen kritisiert.
Die Demonstrierenden hatten, wie bei den Gruppenfahrten einer critical mass üblich, ihre Versammlung nicht angemeldet. Entsprechend gab es auch keine Polizeibegleitung oder Absicherung.
Auf den Transparenten und Schildern der Teilnehmenden waren weitere Forderungen zu lesen, wie die nach der Evakuierung der Lager in Griechenland, auf Samos und Moria. Mit Rufen signalisierten die Teilnehmer*innen das Flüchtlinge willkommen sind.
„Wenn wir über Grundrechte sprechen, müssen wir auch über das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit sprechen. Die EU-Staaten wenden sich angesichts von Corona wieder nationalstaatlichen Krisenstrategien zu. Was wir brauchen sind internationale Lösungsansätze, die endlich Verantwortung für die unmenschliche Situtation übernehmen, in der Tausende geflüchtete Menschen an den Grenzen der EU ausharren müssen“, so die Sprecherin weiter.
Einer der Teilnehmer der Demonstration war der 19-jährige Dresdner Laurenz Tschoche, der sich seit dem 29. April im Hungerstreik befindet, um für die sofortige Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager und Deutschlands Aufnahme dieser Flüchtenden zu protestieren. Der nach mehr als einer Woche Hungerstreik sichtlich geschwächte Tschoche wurde auf einem Lastenrad transportiert.
Darüber hinaus wiesen die Demonstrierenden auf den Widerspruch zwischen Grenzabriegelungen und dem Wiederanlaufen der Wirtschaft hin. Eine ihrer Forderungen: „Lockdown für Kapitalismus!“. Die Sprecherin erläutert: „Wenn neoliberale Politiker*innen heute fordern, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, machen sie das im vollen Bewusstsein, dass dann mehr Menschen sterben. Sollte unser Wirtschaftssystem nicht in der Lage sein, kontrolliert runterzufahren, bis die Gefahr der Pandemie vorbei ist, gehört es reformiert, umgebaut, revolutioniert oder abgeschafft!“
Bei einer CM hat man keine Transparente oder politische Hinweisschilder! Damit war es eine Demo :-) wenn auch unangemeldet, kann ja sein. Bitte aber nicht von Critical Mass sprechen.
Die Organisator*nnen sprechen in ihrer Pressemitteilung von einer critical mass. Deswegen hab ich es in Anführungszeichen gesetzt.