Stephan Kühn von den Grünen könnte der nächste Baubürgermeister der Stadt Dresden werden. Seine Vision: eine klimafreundliche Stadt.
Am vergangenen Wochenende haben sich die Grünen entschieden: Ihr Kandidat für die Baubürgermeisterwahl im September 2020 wird Stephan Kühn, er ist Bundestagsabgeordneter und verkehrspolitscher Sprecher der Partei (Neustadt-Geflüster am 5. Juli 2020). Seitdem die Grünen das vor wenigen Tagen veröffentlicht haben, wird darüber bereits breit diskutiert. Von allen Seiten gibt es Lob und Kritik. Gemunkelt wird über Oberbürgermeister-Kandidaturen, Bewerbungsfristen und Soziologie. Bevor nun also Inhalte genannt werden, erstmal einige Klarstellungen:
Stephan Kühn und eine OB-Kandidatur
Am Dienstag wurden spekuliert, dass Stephan Kühn zum Oberbürgermeister-Kandidaten aufgebaut werden soll. Heute teilte er mit, dass er nicht für das Amt zur Verfügung stehen werde.
Die offizielle Bewerbung ist vom Stadtrat noch nicht bestätigt
Die Stelle ist vom Stadtrat noch nicht einmal offiziell ausgeschrieben und schon kommen die Grünen mit einem Kandidaten daher, so die Kritik unter anderem vom Fraktionschef der Linken André Schollbach. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christiane Filius-Jehne weist dies zurück. Die Ankündigung helfe einer bessere Planung. So falle die offizielle Ausschreibung mit dem Beginn der Sommerferien zusammen, politisch auch bekannt als Sommerloch. Um somit den Fraktionen, aber auch der Stadtgesellschaft genügend Zeit zu geben, Stephan Kühn kennenzulernen, wurde die Kandidatur frühzeitig verkündet.
Ein Soziologe als Baubürgermeister
FDP-Fraktionschef Holger Zastrow ist über die Entscheidung der Grünen entsetzt. Er kritisiert, dass Kühn Diplom-Soziologe ist. Ihm würden Verwaltungserfahrungen fehlen. Die Soziologie aber hat mehr mit der Stadt zu tun, als man vermutet. Ein großes Themenfeld des Fachs bildet die Stadtsoziologie. Sie beschäftigt sich mit Fragen der sozialen Ungleichheit, mit Prozessen wie Segregation, Gentrifizierung oder Suburbanisierung, mit der Gestaltung von öffentlichen Räumen, mit Stadtentwicklung, Quartiersmanagement und Beteiligungsverfahren.
So weist Stephan Kühn auch diese Kritik zurück. Während seines Diplomstudiums habe er sich intensiv mit Beteiligungsverfahren auseinandergesetzt. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungen ist ihm dabei ein besonderes Anliegen.
Auch berufliche Qualifikationen könne er vorweisen. Bis letztes Jahr war er im Aufsichtsrat der Dresdner Verkehrsbetriebe. Außerdem arbeitet er seit mehr als 15 Jahren als verkehrspolitischer Sprecher für die Grünen, so musste er sich auf kommunaler aber auch auf Bundesebene mit der Verkehrspolitik vertraut machen.
Rolle des Moderators
Als Baubürgermeister sehe er sich genau in der vermittelnden Rolle zwischen Stadtverwaltung und Stadtrat – er betrachte sich nicht als Ingenieur oder Planer, sondern als Moderator, der gut vernetzt sein muss, um zu verhandeln.
Eine Verkehrswende für Dresden
„Ich möchte die Verkehrswende und eine klimabewusste Stadtgestaltung voranbringen. Mir ist eine gute Beteiligung und die Stärkung der Baukultur wichtig“
Nun also zum Inhaltlichen: Stephan Kühn will eine Verkehrswende. Was heißt nun aber Verkehrswende? Für Kühn bedeutet das unsere Mobilität so zu organisieren, dass die Klimaziele eingehalten werden können. Verkehrswende heißt für ihn, eine Stärkung der Radfahrer*innen, ÖPNV-Nutzer*innen, aber auch der Fußgänger*innen. Damit die verschiedenen Verkehrsmittel jedoch nicht einzeln nebeneinanderstehen, möchte er sie verknüpfen und eine Digitalisierungsstrategie für die Mobilität entwickeln.
„Ich will nicht nur den Antrieb austauschen“
Stephan Kühn steht für eine stadtgerechte Mobilität – heißt: die Verkehrsflächen für die verschiedenen Nutzungen gerecht aufteilen.
Klingt nach einer Planung gegen die Autos?
Nein, er plane keine autofreie, aber eine klimafreundliche Stadt, sagt er. Auch Sanierungen sollen im Fokus stehen: Zellscher Weg, Stauffenbergallee, Königsbrücker Straße – alles Problemkinder, die es anzugehen gelte.
Klimabewusste Bauleitplanung
Nicht destotrotz heißt der Baubürgermeisterposten offiziell – Amt des Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften. Neben verkehrspolitischen Angelegenheiten will sich Stephan Kühn für eine klimabewusste Bauleitplanung und mehr Grünflächen im öffentlichen Raum einsetzen. All diese Planungen sollen aber demokratisch mit frühzeitigen Beteiligungsverfahren ablaufen.
Wie geht es nun weiter?
Vorgänger Raoul Schmidt-Lamontain habe die Messlatte hoch gesetzt. Stephan Kühn möchte daran ansetzen. Bis dahin plant er eine Vorstellungsrunde innerhalb der Fraktionen im Stadtrat . Die Chancen einer Wahl stehen laut der Grünen-Fraktionsvorsitzenden gut, sie beruft sich dabei auf den Bürgermeister-Deal zwischen Grünen, CDU, Linken und SPD. Darin enthalten ist das Vorschlagsrecht der Grünen für das Baubürgermeisteramt. Entscheiden muss aber am Ende der Stadtrat.
Speerspitze im konservativen Lager
Stephan Kühn hat zumindest schon mal die Mehrheit der Grünen überzeugt. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende bezeichnet ihn als Speerspitze im konservativen Lager – also jemand der gut interfraktionell arbeiten kann. Wie er dabei aber seinen Grundsätzen treu bleibt, wird sich dann wohl erst nach der Wahl zeigen.
Weitere Informationen:
- Weiteres zu Stephan Kühn: www.stephankuehn.com
- Der Bürgermeister-Deal: www.spd-fraktion-dresden.de/interfraktionelleVereinbarung
„Vorgänger Raoul Schmidt-Lamontain habe die Messlatte hoch gesetzt.“
Trotz intensivem Nachdenken ist mir nichts Substanzielles eingefallen, was Herr Schmidt-Lamontain in der Stadt hinterlassen wird.
Somit ist die Messlatte nicht schwer zu übertreffen.
Aber er wird die Latte reißen, denn einen Laien auf dem Bausektor wird die Verwaltung gegen die Wand steuern.
@Timur: fällt dir denn zu den Vorgängern von Schmidt-Lamontain was ein, also seit 1990?
@Anton:Muss dir recht geben. seit 1990 ist in der Stadt, ausser Neumarkt und Frauenkirche nichts nachhaltiges passiert. Architektur kann man das, was in Dresden gebaut wurde, nicht bezeichnen. Kein Mut für gelungene Architektur. Man hätte z.B die Hafencity mit gelungenen Häusern , frischem Wind bauen können. Statt dessen wird WBS 70 hochgezogen. Es sieht aus, wie jede x- beliebige Stadt in Deutschland. Da fand ich die Ostmoderne ja noch gelungener. Jetzt kommt ein Theoretiker aus Berlin. Er wurde geparkt und nun abgerufen. Hut ab Frau Mütze. Irgendwie kommt man sich total veralbert vor. Und nun wundert sich das gemeine Politikervolk, warum auf einmal ganz gestört wählt.
@tomDD: das habe ich nicht gesagt. Ich wollte nur von Timur wissen, was er denn für substanziell hält.
Man erinnert sich u.a. an Herrn Just,
ohne dem die Neustadt und andere Stadtteile nie so aussehen würde wie jetzt.
https://www.baunetz.de/mobil/meldung.html?cid=9575
Von den großen Baubürgermeistern wie Erlwein gar nicht zu reden….
…„Auch berufliche Qualifikationen könne er vorweisen. Bis letztes Jahr war er im Aufsichtsrat der Dresdner Verkehrsbetriebe.“… DER BRÜLLER DES TAGES! Das ist keine Referenz das ist ein Armutszeugnis!!!
@Manfred+Müller
Jetzt sind wir aber mal echt gespannt, was Du beruflich so treibst, dass Du dir solche Urteile erlaubst…. Erleuchte uns mal !
@Timur: Erlwein war wohl eher sowas wie einst Koettnitz, ein Amtsleiter. Just hat tatsächlich in der Stadt Spuren hinterlassen (siehe Umbau der Prager Straße). Aber wie bei Erlwein war auch er in einer sehr intensiven Phase des Aufbaus tätig. Da ist ein Vergleich zur Amtszeit von Schmidt-Lamontain schwierig. Die komplette Rahmensituation hat sich ja in den vergangenen 20 Jahren doch erheblich verändert. Das Substanzielle bei ihm wird wohl die Umgestaltung des Neustädter Marktes sein, da hat er schon wesentlichen Anteil dran.
@Anton: „Das Substanzielle bei ihm wird wohl die Umgestaltung des Neustädter Marktes sein, da hat er schon wesentlichen Anteil dran.“
Die Umgestaltung des Neustädter Markt ist durch verschiedene Planungsbüros vorbereitet und im Ergebnis durch Einwohnerbeteiligung entschieden wurden. Einen eigenen Anteil bzw. Vorschlag von Herrn Schmidt-Lamontain, der später mal Stadtprägend bleiben wird, ist nicht vorhanden
Dieses Ergebnis des Prozesses wurde übrigens durch Herrn S.-L. aus politischen (nicht städtebaulichen) Gründen geändert. Es wurden geplante Gebäude weggenommen, also etwas verhindert anstatt etwas zu schaffen.
Übrigens im Unterschied zu Erlwein (den angeblich „Nur Amtsleiter“).
Die noch existierenden Erlweinbauten sind heute noch Stadtprägend. Und die Amtszeit von Erlwein war nicht gerade episch lang.
@Timur ohne Trupp: Können Sie sich bitte erstmal wenigstens rudimentär mit den Aufgaben eines Beigeordneten beschäftigen? Dann käme nicht solche Absurditäten, dass Sie kritisieren, dass der Baubürgermeister für die Gestaltung eines Platzes einen städtebaulichen Wettbewerb incl. Bürgerbeteiligung veranstaltet hat. Ja, es gab Zeiten, da wäre das anders gelaufen, aber diese Zeiten der „Planung von oben nach unten“, in dem ein Chef festlegt, wie die Gestaltung auszusehen hat und alle anderen das dann hinzunehmen haben, sind nunmal auch in Dresden endgültig vorbei.