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Bischofsweg 16: Haus darf nicht abgerissen werden

Mitte Juli hatten mehrere Personen das Vorderhaus des Bischofsweg 16 besetzt. Die jungen Leute hängten Transparente in die Fenster und veranstalteten vor dem Haus ein Frühstück. Nach ein paar Stunden zogen sie wieder ab. Es handelte sich nur um eine Scheinbesetzung. Die Besetzer*innen wollten auf den desolaten Zustand des Hauses aufmerksam machen und darauf, dass das Gebäude schon sehr lange leersteht.

Denkmalgeschütztes Haus am Bischofsweg darf nicht abgerissen werden.
Denkmalgeschütztes Haus am Bischofsweg darf nicht abgerissen werden.

Der Neustädter Grünen-Stadtrat nahm die Besetzung zum Anlass, mal bei der Stadtverwaltung nachzufragen, wie es denn um den Denkmalschutz des Hauses steht. Aus der Antwort des Oberbürgermeisters Dirk Hilbert (FDP) geht hervor, das denkmalgeschützte Haus von 1860 darf nicht abgerissen werden. Die Stadt befindet sich seit 2002 mit dem Privateigentümer in einem Rechtsstreit um eine Abrissgenehmigung für das Haus. Nach Auskunft der Stadt ist das Haus bisher baupolizeilich nicht gesperrt.

Das deckt sich mit dem Bericht des letzten Mieters im Hause, der im Erdgeschoss einen kleinen Laden betrieb. Er war 2005 in den Laden eingezogen, der Vermieter verkündete von Anfang an, dass es nur einen Ein-Jahres-Vertrag gibt, weil das Haus abgerissen werden soll. Der wurde dann jedes Jahr verlängert. Der Laden ist dann 2017 ausgezogen (Neustadt-Geflüster vom 4. Dezember 2017).

Rückseite des Vorderhauses und zugewachsener Seitenflügel - Foto: Archiv Anton Launer 2013
Rückseite des Vorderhauses und zugewachsener Seitenflügel – Foto: Archiv Anton Launer 2013

Der Rest des Hauses und der Seitenflügel stehen schon länger leer. Das Hinterhaus ist noch immer bewohnt. Das Haus am Bischofsweg wurde vor rund 30 Jahren schon einmal besetzt. Damals konnten die Besetzer im Anschluss zumindest teilweise Mietverträge aushandeln. Das Hinterhaus in zweiter Reihe ist noch ganz normal bewohnt. Mitte der 1990er Jahre wollten die Bewohner das Haus in eine Genossenschaft umwandeln, sie scheiterten aber am Eigentümer, der dann über die Jahre hinweg die Mieter*innen vergraulte.

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Grünenstadtrat Lichdi fordert nun denkmalschutzrechtliche Auflagen zum Erhalt des Gebäudes: „Es ist nicht zu übersehen, dass der Eigentümer das Haus verfallen lässt. Deshalb fordere ich von der Stadt, eine denkmalschutzrechtliche Auflage zur Sicherung der Bausubstanz gegenüber dem Eigentümer zu erlassen und auch durchzusetzen.“ In Zeiten wachsender Wohnungsnot könne es sich die Stadt nicht leisten, dass Wohnraum ungenutzt verkommt.

11 Kommentare

  1. Schönes Beispiel dafür, wie toll privates Eigentum und freier Markt für die Bedürfnisse der Menschen sorgen…
    Da gab’s doch mal ne tolle Diskussion um die Frühlingstraße….
    Stimmt. hier

  2. – kommt mir irgendwie bekannt vor.
    Schönes Beispiel „Äußere Neustadt Dresden 1989, toll wie Sozialismus für die Bedürfnisse der Menschen sorgt“

  3. Fairerweise muss man anmerken, dass der Denkmalschutzstatus vergleichsweise häufig in der Äußeren Neustadt vorhanden ist. Die südliche Straßenseite des Bischofswegs zwischen Königsbrücker und Kamenzer Straße ist über eine Länge von 650 Metern mit Ausnahme von zwei Häusern (jeweils die Eckhäuser an der Alaun- und Görlitzer Straße) noch „alt“ und es wäre schade, wenn man hier nicht dem schnöden Mammon ein Haus opfert. Wenn ich allerdings lese, dass die Stadt seit 2002 (!) im Rechtsstreit mit dem Eigentümer ist, frage ich mich allerdings, ob da unsere Verwaltung nicht viel mehr als ein zahnloser Tiger ist. Verpflichtet Eigentum nur solange, wenn man erfolgreich abgewartet hat, bis das Haus von selbst eingefallen ist? In dem Fall sollte m.E. eine Sperrfrist von mindestens 30 Jahren festgelegt werden, die eine Neubebauung des Grundstücks gerichtsfest untersagt.

  4. @Seldon:
    Bis 1990 hat es die Planwirtschaft versucht.
    War wohl auch nicht so nach den Bedürfnissen der Menschen.
    Sonst würden ja alle nach Gorbitz und Prohlis ziehen und nicht in die Neustadt drängen…

  5. Das Sowjetfahnen-Stehwunder anfangs der Prager Straße (Hajo von Westerfalen) argumentiert(e) ja auch zünftig agit-proprisch mit Filtern Einzelbeispielen – wie schwerlich sie auch zu finden waren. So galt ihm gemäß eines jener legendären Text- und Ton-Elaborate seine ehem. Fabrik an der Tharandter Straße als allseits typischer Verfall des gesamten Kapitalismus. Seldon bewirbt sich zumindest herausragend als Übernehmer des Flaggenstabes, denn was würde die Prager bei abzusehender Berentung oder Abtretens des dortigen Lenin-Doubles? Als Stehzeug-Nachfolger führt Seldon auch diese Tradition an der Prager fort.

    Dem B16-Eigentümling ist ob seines selbstlosen und langwierigen Renditeverzichts nicht hoch genug zu danken, hat sich im Hühnerhofe doch ein stadtklimatisch vorteilhaftes sowie natur- und umweltfachlich singuläres Kleintier- und Urwuchsbiotop erhalten. https://abload.de/img/p1160577bischofsw16llji6.jpg
    Ein Freiraum, welcher der schwindenden Vielfalt bzw. Biodiversität der Lebensarten in der Neustadt entspricht und dringlich erhalten werden sollte. Dazu dient auch die Abrißuntersagung, welcher Herr L. sich nun nochmal versicherte. Das Ding mit der Ersatzvornahme bleibt aber Amtsentscheidung, oder hat Lichdi etwa bei Forderung gleich auch jenes Taschengeld im Rate bereitgestellt?

    Insbesondere der höfische Querriegel als wohl vorbildlichste Haus- und Hofbegrünung nördlich der Elbe (wenn nicht wohl stadt- ja landesweit) bietet Potenziale für erweiterte Naturschutzvorgaben, sofern Untersuchungen seltene oder bedrohte Getierpopulationen dokumentieren.

    Daß der Eigentümling eher auf Preismaximierung mit Abrißfreibrief abzielt, selbst aber monetär kaum in der Lage scheint zu sanieren oder zu bauen, bleibt Spekulation. Das Vorderhaus böte sich ansonsten für eine Aufstockung an, sofern das höfische Mikro-Biotop sich selbst überlassen verbleibt.

  6. Es ist für jeden im Themenstadtplan einsehbar, wo sich die Kulturdenkmale der Stadt befinden:

    https://stadtplan.dresden.de/spdd.aspx?permalink=3BXo2Kr

    Am Beispiel des – inzwischen abgerissenen Hauses in der Scheunenhofstraße, wo es ebenfalls ein Grüner war, der den Denkmalschutzstatus abgefragt hatte, und der Antwort der Stadtverwaltung geht hervor, dass der Denkmalschutz nicht alleine „dasteht“, sondern die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung gegeben sein muss.

    https://ratsinfo.dresden.de/ag0050.asp?__kagnr=3866

    Ich habe langsam den Eindruck, dass sich einzelne Stadträte und Hausbesetzer absprechen.

    Erst wird (schein)besetzt, dann kommt eine Anfrage der Grünen und am Schluss wird aus einer Entscheidung der Verwaltung eine politische.

    Für mich sieht das nach grünem Dauer-Wahlkampf aus.

    Das Geld für eine Sanierung muss immer noch der Eigentümer aufbringen, aber die Grünen haben es gerettet, weil sie eine Anfrage gestellt haben.

    Es gibt leider immer noch genug Blauäugelein, die auf diese Masche reinfallen.

  7. Hallo Timur,
    Du hast vergessen, Nordkorea aufzurufen. Die Überlegenheit von Markt und Privateigentum zeigt sich schon daran, dass es Plattenbauten nur im Osten gibt und die westlichen Arbeiterschließfächer marktkonform den Bedürfnissen von deren Bewohnern entsprechend gebaut und genutzt werden….
    Man muss keine DDR 2.0 anstreben, um das eine oder andere kritikwürdige am real existierenden Kapitalismus zu kritisieren!

  8. @Seldon:
    Wikipedia: „Die ersten Häuser, bei denen vorgefertigte Großplatten in Stahlbetonbauweise verwendet wurden, entstanden ab 1910 im Gartenstadtprojekt Forest Hills Gardens in Queens, einem Stadtteil von New York.“
    Selbst mit der Platte hat der Kapitalismus noch mehr zustande gebracht. Hier Gorbitz und Prohlis, dort eine Gartenstadt…

  9. Hallo Timur,
    die Gartenstadt wurde von der gemeinnützigen Russell-Sage Stiftung geplant und finanziert, also gerade nicht typisch kapitalistisch…
    Im Übrigen hat ja niemand behauptet, der Kapitalismus würde nichts zustande bringen, ganz im Gegenteil! Guck mal ins kommunistische Manifest, da findest Du eine fast hymnische Beschreibung der Produktivität ds.
    Behauptet wird, dass Konkurrenz und Profitorientierung an den Bedürfnissen der Menschen oft genug vorbei produzieren bzw diese gar nicht erst in Betracht ziehen, wenn keine Zahlungskraft dahinter steht.
    Wenn Du Gorbitz vergleichen willst, dann doch bitte eher mit Clichy-sous-Bois, North Kensington (Grenfell-Tower, klingelt was?) oder Chorweiler.

  10. Es gibt in den ostdeutschen Bundesländern sicher mehr Großwohnsiedlungen als in den westdeutschen, aber ein Highlight der Architekturgeschichte sind die weder in Ost noch in West. Auf Bilder verzichte ich an der Stelle, aber Neuperlach & Co. sind für den Laien kaum von den hiesigen Plattenbauten zu unterscheiden.

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