Dmitri Jampolski hatte zur großen Bier-Verkostung geladen. Der 72-Jährige verkauft in seinem russisch-deutschen Laden „Karussell“ neben verschiedenen Köstlichkeiten aus dem Osten auch diverse Biere aus russischer Produktion. Da er selber aber kaum Bier trinkt und den Geschmack nicht so recht einschätzen kann, bat er Christian Schwingenheuer (besser bekannt als Lenin) um Hilfe.
Mittels einer großen Bier-Testung sollte ermittelt werden, wie Dmitris russische Biere nun so schmecken. Eine Runde von zwölf Bierliebhaber*innen hatte sich zum großen Vergleich getroffen. Lenin eröffnete die Versammlung. Die Augen der Beteiligten leuchteten schon erwartungsvoll. Bier für Bier stellt Lenin vor. Er spart dabei nicht mit zum Teil absurden Vergleichen und obskuren Beschreibungen.
Rezenz – Rülpsfaktor
So erntet er schnell viele Lacher. Zur Bewertung gibt es verschiedene Kategorieren. So wird das Aussehen und der Geruch bewertet. Ein Hefe-Bier dürfe durchaus nach Banane riechen und wenn das trübe ist, sei das ein Qualitätskriterium. Relevant sind aber auch der Geschmack, die Vollmundigkeit und die Rezenz. Damit ist der Eindruck gemeint, den man beim Trinken des Bieres durch die freigesetzte Kohlensäure hat – oder eben auch, wie stark der Drang ist, nach dem Genuss zu rülpsen. Ein Kristall-Weizen zum Beispiel würde dann als sehr rezent bezeichnet werden.
Damit alle Beteiligten auch mal einen Eindruck haben, auf was es ankommt, gibt Lenin eine runde Malzkörner aus. Diesen Geschmack gilt es wieder zu erkennen. Währenddessen bringt Dmitri eine Runde nach der anderen. Katys Garage war so freundlich, die Tafel und die Kühlung zur Verfügung zu stellen. Und das, obwohl es in dem Biergarten gar kein russisches Bier gibt.
In dem Test dominierte die Marke „Baltika“, laut Dmitri wird das Bier in St. Petersburg hergestellt. Das stimmt sogar. Im Zuge der weltweiten Ausbreitung der Lebensmittelkonzerne gehört „Baltika“ inzwischen zur dänischen Carlsberg-Brauerei, dem viertgrößten Brauereikonzern der Welt.
Derlei Konzentrationen kennt man ja von deutschen Bieren, so gehören inzwischen sowohl Sternburg als auch Freiberger zur Radeberger-Gruppe. Gegen diese nordrussische Dominanz gab es nur eine Moskauer Alternative, das „Cтарый Mелъник“.
Die Frage, ob für dieses Bier tatsächlich drei verschiedene Hopfensorten verwendet werden, konnte leider nicht geklärt werden. Geschmacklich landete es im Mittelfeld. Es wurde blind getestet, das heißt, die Probanden wussten nicht, um welches Bier es sich handelt. Lenin gab nur jeweils eine kurze Erläuterung zur Kategorie des jeweiligen Bieres. Insgesamt war die Resonanz auf die russischen Bier jedoch ziemlich gut. Spätestens ab der dritten Runde schmeckte es eigentlich allen.
Schlechte Karten fürs alkolholfreie Bier
Den letzten Platz nahm das Baltika Alkoholfreie ein, den ersten Platz belegte das Baltika Nummer 5, ein Lager-Bier. Ein Tester lobte vor allem die Griffigkeit der Flasche. Lenin schlug vor, beim nächsten Mal weniger Sorten dafür in größeren Gläsern zu testen.
Am Ende des Abends hat Dmitri einen Haufen Zahlen erhalten, aber vielleicht sind auch einige Infos aus Lenins langen Reden hängengeblieben. Wenn also beim nächsten Einkauf im „Karussell“ der Ladeninhaber zum Bier sagt, dass es nach Banane riecht, aber im Abgang leicht käsig sein kann, dann könnte es auch sein, dass die gesamte Veranstaltung ihr Ziel verfehlt hat. Vielleicht hilft es aber Dmitri, dass er künftig statt Augustiner, das ist der derzeitige Top-Seller, besser seine russischen Biere an den Mann bringen kann.
Zu Beginn des Tests flüsterte er mir noch zu, Bier ohne Wodka, das sei rausgeschmissenes Geld. Nun, mit Wodka kennt er sich auf jeden Fall aus.