Während König August II., genannt August der Starke, mit allem Pomp und Prunk ein wahrer Herrscher des Absolutismus war, trat sein biederer Sohn, August III. nicht in seine Fußstapfen. Hier machte sich auch der Einfluss seiner erzprotestantischen Mutter bemerkbar. Sohn Gusti geriet überhaupt nicht nach seinem Vater. Figur mäßig schon. Mental nicht. Auch keine pompösen Feste, keine Mätressen. Naja, Sachsen war auch hoch verschuldet und die polnische Krone brachte ihm wenig Freude.
Der verhüllte August
Mehr als ein Jahr stand das Reiterdenkmal mit Brettern verhüllt auf dem Neustädter Markt. Die Leute hatten sich an den Anblick dieser großen Holzbude seit dem 3. November 1735 gewöhnt. Hunde erledigten dort ihr Geschäft, Abfall aller Art wurde liegen gelassen und mancher Kneipenbesucher begrüßte auf dem Heimweg den alten August mit einem kräftigen Strahl an der Bretterwand. Mit anderen Worten: Der Zustand stank zum Himmel, war in der Zeitung Dresdener Kunst und Leben aus dem Jahre 1899 zu lesen.
Der damalige Gouverneur von Dresden, Graf von Friesen, wurde von den Bürgern der Neustadt zum Handeln gezwungen. Er stellte beim König, also bei August III., den Antrag, mit einer damals durchaus üblichen Feierlichkeit das Denkmal zu enthüllen. Dabei verwies er auf zwei Beispiele, nämlich auf die Enthüllung der Bildsäulen Ludwigs XIV. in Paris, was dem starken August sicher gefallen hätte, und auf die Feier zur Errichtung des Denkmals für den preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. in Berlin, welche gar nicht dem Geschmack des alten August entsprochen hätte.
Was Söhne manchmal tun, ist aber oft das Gegenteil der Wünsche des Vaters. So auch bei August III. Der entschied sich für eine abgewandelte preußische Variante.
Die verpatzte Feier
Graf von Friesen stellte sich die Feier folgendermaßen vor, so die Dresdener Kunst und Leben: „Früh bei Tagesanbruche sollte das Gerüst, das das Denkmal umgab, weggerissen und das Bildnis mit einer roten Samtdecke verhüllt werden. Die Garden, Kadetten und 12 Kompagnien Bürger sollten festlich ausziehen, die zu dem Neustädter Markte führenden Strassen und die Augustusbrücke besetzen, um Volksgedränge und Wagen abzuhalten. Hundert Kanonen sollten auf den Wällen aufgestellt werden.
Der königliche Prinz sollte geruhen, sich in ein Haus am Neustädter Markte zu gegeben, um von hier aus Zeuge der Feierlichkeit zu sein. Auf seinen Wink hatten Pauken und Trompeten das Zeichen zur Enthüllung des Standbildes zu geben, worauf der Oberhofmarschall die Samtdecke herabzuziehen hatte, während der Herold zu verkünden hatte:
‚Da der König seinem Vater zu sonderbarer Ehre, zur Verherrlichung dero weltgepriesenen grossen Thaten und zu immerwährendem Andenken für die Nachkommen gegenwärtige Statue errichten lassen, so soll jedermann dieselbe bei Vermeidung hoher Ungnade, heilig, unverletzlich und in Ehren halten.‘ Pauken- und Trompetengeschmetter, sowie dreimaliges Lösen der Geschütze sollte die Feier beschließen.“
Aber nichts dergleichen passierte. War es dem dritten August im November 1736 zu kalt? Kam er nicht aus dem Bett? Hinderten ihn Staatsgeschäfte? Oder kam er nicht von seinem Kackstuhl runter? Jedenfalls fand sich im königlichen Hofbericht folgendes: „… am 26. November 1736 wurde die königliche Statue in der Neustadt auf ihro Majestät mündlichen Befehl ohne einige Zeremonien entblösset und das um selbige befindliche Gehäuse abgebrochen und weggenommen.“
Aber die nachfolgenden Generationen haben sich an die nicht gehaltene Heroldsverkündung des Grafen von Friesen bis heute akribisch gehalten. Naja, zumindest die meisten. Von gelegentlichen Reiter-Kletterern und Schwert-Dieben abgesehen.
Der Dresdner Schriftsteller und Journalist Heinz Kulb hat die Zeitungsarchive in der Sächsischen Landes- und Universtätsbibliothek durchstöbert. In loser Folge berichten wir über wichtige geschichtliche Ereignisse in der Neustadt.
Majestät haben wohl einfach die Zeichen der Zeit erkannt, dass uns seine Thaten und die Ehr des hochwohlgeborenen Herrn Vaters völlig schnuppe sind und wir an solch kaltem Wintertage lieber im Bette zu ruhen gedenken, statt mit Fahnen und Jubel für des Königs Lobpreisung auszuziehen.