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Klengel und die Entstehung der Neustadt

Vor 330 Jahren, am 10. Januar 1691 starb der überragende Oberlandbaumeister und Hofarchitekt Dresdens, dessen Wirkungsspuren noch heute in der Inneren Neustadt sichtbar sind. Wolf Caspar von Klengel zählte in seiner Zeit zu den renommiertesten Bürgern der sächsischen Residenz.

Geboren am 8. Juni 1630 in Dresden als Sohn des kurfürstlichen Rats und Obersteuerbuchhalters Caspar Klengel war er wie üblich für eine militärische Laufbahn vorgesehen, hatte aber eine gute schulische Ausbildung. Mit Siebzehn verließ er Dresden zu einer ersten Reise nach Holland und Frankreich. Selbstverständlich studierte er nicht nur das Militäringenieurwesen, sondern wohl auch das Leben. Vier Jahre später ging es nach Italien. Rom, Venedig, Florenz und Malta standen auf dem Programm.

"Prospect der Brücken zu Dresden" - der Kupferstich von Matthaeus Merian aus dem Jahr 1650 zeigt die Altstadt mit Festungsmauer, und einen Teil des Altendresden - heute Innere Neustadt
„Prospect der Brücken zu Dresden“ – der Kupferstich von Matthaeus Merian aus dem Jahr 1650 zeigt die Altstadt mit Festungsmauer, und einen Teil des Altendresden – heute Innere Neustadt

Zurück in Dresden wurde er zunächst Landbaumeister dann Oberinspektor der Zivil- und Militärgebäude sowie Aufseher der Kunstkammer. Im Kurfürsten Johann Georg II. fand er einen Seelenverwandten, der mehr aus Dresden machen wollte. Nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) ging es um den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Silber aus dem Erzgebirge, neue Manufakturen, die Leipziger Messe und steigende Ernteerträge füllten langsam die Staatskasse. Klengel schuf auf dem Taschenberg das Opern- und Komödienhaus, später den Schloss- und Hausmannsturm sowie das Palais im Großen Garten und viele Adelsvillen. Auch der Erweiterungsbau der Festungsanlagen und der Ausbau der Festung Königstein gingen auf seine Pläne zurück.

Drohender Staatsbankrott

So erhöhte Dresden auch mit der Musik seine kulturelle Strahlkraft und man wurde wieder wer in Europa. Doch „JG2“ hatte sich übernommen. 1660 drohte ein Staatsbankrott. Und sein Sohn, Kurfürst Johann Georg III. nahm das Leben, wie es kam oder drastischer ausgedrückt, mit Fressen, Saufen, Huren. In einem anonymen Brief, der 1704 durch Europa kursierte, hieß es: „Unter Johann Georg III. ist die größte Verderbnis hereingebrochen, da der Hof im größten Überfluss lebte und sich um nichts kümmerte, als um Essen und Trinken. Das Ministerium war verdorben durch Eigennutz und Faulheit. Der Leibpage war eigentlich der Premierminister. Die Geheimen Räte begingen ihre Betrügereien einzig und allein durch ihn.“

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Dresden, damals mit knapp über 20.000 Einwohner – das Sündenbabel im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation? Das roch förmlich nach einem Racheengel, der wohl von den Fleischtöpfen bei Hof ausgeschlossen worden war. Wäre dem so, hätte man sich keinen Starbaumeister wie Klengel leisten können. Und dieser hatte ein Händchen für gute Leute, z.B. für einen noch unbekannten jungen Bildhauer namens Baltasar Permoser und einen anderen Baumeister namens Matthäus Daniel Pöppelmann. Und „JG3“ war übrigens bei der Vertreibung der Türken vor Wien mit dabei und dort als redlicher Herrscher geschätzt.

Königstraße im 21. Jahrhundert
Königstraße im 21. Jahrhundert

Der große Brand von 1685 in Altendresden

Das ist eine der vielen Merkwürdigkeiten von Dresden. Für die Auswärtigen: Das neue Dresden war damals die Residenz auf der heutigen Altstädter Seite. Das Altendresden hatte seine Wurzeln in der einstmals slawischen Siedlung und wurde später zur Neustadt.

Und dieses Altendresden war ein etwas heruntergekommenes Kaff auf der rechten Elbseite gegenüber dem Sitz der Kurfürsten. Verwinkelt, dicht bebaut mit Holzhäusern, enge kurvenreiche Gassen. Wer Geld hatte, lebte hier nicht.

Am Sommerabend des 6. August 1685, nach langer Trockenheit, brach im Haus des Kunsttischlers Tobias Edler in der Meißner Gasse (heute zwischen Blockhaus und Hotel Bellevue gelegen) wohl aus Unachtsamkeit, ein verheerender Brand aus. Schnell stand das Haus in Flammen. Sommerlicher Wind entfachte einen Feuersturm, der zunächst die Nachbarhäuser und dann fast den ganzen Ort erfasste. Insgesamt mehr als 330 Häuser wurden bis auf die Grundmauern zerstört, lediglich etwa 20 Häuser an der Elbe sowie den Jägerhof und das Rathaus verschonte das Feuer.

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Die obdachlos gewordenen Menschen mussten in den Gärten und auf den Wiesen campieren. Viele Altendresdner waren so verarmt, dass sie noch Jahre später hungernd und bettelnd durch die Gegend zogen.

Spendensammler auf Tour

Im kursächsischen Lande entwickelte sich schnell eine Hilfsbereitschaft. Dresden und seine Vororte sammelte 1.546 Taler. Auch gingen Sammler in andere Ortschaften. Die Dresdner Nachrichten brachten am 8. August 1885 als Beispiel dieser Sammlungen zweihundert Jahre nach der Einäscherung Altendresdens einen Auszug aus einer älteren Chronik: „Leipzig gab 342 Taler, Weißenfels 31 Taler, Nürnberg 33 Taler. Die zwei Almosensammler, die von Stadt zu Stadt reiseten, brachten nur 33 Taler, 14 Groschen, 6 Pfennige mit herein, da die übrigen 407 Taler, 17 Groschen, 6 Pfennige, welche sie gesammelt, für Zehrung, Fuhrlohn und andere Reisekosten ausgegeben waren.“

Die Entstehung der Neustadt

Nach dem Brand wurde zunächst eine neue kurfürstliche Bauordnung erlassen. Nach dieser mussten künftig alle Häuser ausschließlich aus Stein sein. Dann entwarf Klengel einen Plan zur zeitgemäßen Neubebauung im Stil des Barock. Das Feuer hatte schließlich Platz geschaffen und die mittelalterlichen Infrastrukturen beseitigt. Also nicht erst August der Starke veranlasste den barocken Umbau Dresdens und seines Gegenübers auf der rechten Elbseite. Er begann schon unter seinem Großvater Johann Georg II. und seinem Vater Johann Georg III. Zudem setzte Klengel in weiser Voraussicht durch, dass die Elbwiesen von einer Bebauung ausgeschlossen wurden. August übrigens behinderte den Aufbau immer wieder, so dass das Gesamtkonzept nur zum Teil realisiert werden konnte. Bis zu Klengels Tod 1691 war nicht einmal ein Drittel der Brandstellen wieder aufgebaut. Der Umbau dauerte bis zum Beginn des Siebenjährigen Krieges 1756.

Klengels Plan für Altendresden orientierte sich an der neuen französischen Königsstadt Versailles. Er sah breite gerade Trassen vor, ein vom Brückenkopf der Elbbrücke und vom Neustädter Markt ausgehendes dreistrahliges Straßensystem sowie vorgegebene Geschosshöhen, Trauflinien und Baufluchten.

Altendresden sollte in repräsentativer Weise an die Residenzstadt Dresden angegliedert werden. Klengels Pläne stießen natürlich auf erbitterten Widerstand des Altendresdner Stadtrates, der seine Selbständigkeit erhalten wollte und der brandgeschädigten Bürger, deren Häuser durch die Pläne nicht wieder auf alten Grundmauern aufgebaut werden konnten.

Relief von Altendresden vor dem ehemaligen Tunnel unter der Großen Meißner Straße
Relief von Altendresden vor dem ehemaligen Tunnel unter der Großen Meißner Straße

Neuordnung der „Neuen Stadt bey Dresden“

Zu den von August, als selbsternannten Architekten, später selbst angestoßenen Projekten gehörten der Umbau des Japanische Palais und die barocken Prachtstraßen Königstraße und Hauptstraße sowie die Große Meißner Straße. Die Königstraße wurde zu einem Boulevard großer Schönheit und Noblesse, besonders an den heute restaurierten Häusern abzulesen. In der Bauordnung von 1724 war zu lesen: „… auf dem Platze vor dem Königlichen Palais (heute das Japanische Palais, d.A.) und der mit Linden besetzten Allee (Königstraße, d.A.) soll nicht Wäsche getrocknet werden. Ihre königliche Majestät hat diese Lindenallee nicht zur Kommodität, sondern zum eigenen Pläsir verfertigen lassen.“

Ein kurfürstliches Patent aus dem Jahr 1732 nannte den im Neuaufbau befindlichen Stadtteil nun „Neue Stadt bey Dresden“. Daraus entstand die Kurzfassung „Neustadt“.

Der Todestages von Klengel ist es wert, diesem großen Baumeister und Stadtgestalters des Dresdner Barock auch hier in der Neustadt zu gedenken.

Unter der Rubrik „Vor 100 Jahren“ veröffentlichen wir in loser Reihenfolge Anekdoten aus dem Leben, Handeln und Denken von Uroma und Uropa. Dafür hat der Dresdner Schriftsteller und Journalist Heinz Kulb die Zeitungsarchive in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek durchstöbert.

Ein Kommentar

  1. Danke, Herr Kulb für die EHrung Wolf Caspar Klengels!
    Kleine Nebenbemerkung: die Reliefs am ehemaligen Tunneleingang sollten geborgen und an einer guten Stelle der Haupt- oder Königstrasse angebracht werden. Die gehören zur Stadtgeschichte!

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