„Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte; süße wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land.“ (Eduard Mörike, 1829). Also zum Tag des Artenschutzes: Auf in die Heide!
Frühling, ja du bist’s! (hoffentlich bald)
Bei dem für die nächsten Tage vorhergesagten Temperatursturz und Schnee wäre es noch etwas verfrüht zu frohlocken „Frühling, ja du bist’s!“, aber an diesem sonnigen Tag in der Dresdner Heide fühlt es sich zumindest schonmal so an.
Denn mit dieser Jahreszeit unverbrüchlich verbunden ist nun einmal das Gefühl von neuer Energie, Frische, Leben, und – in diesen besonderen Tagen – der Hoffnung auf das Ende der Pandemie.
Es ist Dienstagvormittag, die Linie 261 ist gut befüllt und zackig unterwegs, nur rund 30 Minuten benötigt man vom Albertplatz nach Bühlau. In dem Ortsteil angekommen geht es schnurstracks zum „Thüringer Grill“. Mit einer kleinen Stärkung im Magen wandert es sich doppelt so gut, vorbei an ordentlichen Vorgärten im schon dörflich anmutenden Idyll, weiter Richtung Dresdner Heide.
Aktiver Waldumbau in der Dresdner Heide
Die Sonne scheint am blauen Himmel, die Vögel zwitschern ihr Lied von den Bäumen, das Laub raschelt unter den Schuhen. Ein perfekter Wandertag in einem wunderbaren Wald. Doch der Schein trügt, denn der Wald ist krank.
Der Klimawandel, die Trockenheit, und der Borkenkäfer, alle drei sind miteinander verbunden und alle drei machen dem Forst zu schaffen, ganze Waldflächen sterben ab. Wie bei so vielen deutschen Wäldern trägt der jahrzehntelange Anbau von Fichten und Kiefern in Monokulturen zur Verschärfung des Problems bei.
Doch es wird gegengesteuert. Die Dresdner Heide wird langsam aber sicher zum Mischwald umgewandelt, der, so die Hoffnung, den veränderten Bedingungen besser zu trotzen vermag. Nützlich hierbei: Viel macht die Natur von selbst, Buche, Birke, Ahorn und Linde feiern ihr Comeback, die Förster müssen nur steuernd eingreifen.
Stausee mit Gully-Abfluss
Erster Stopp der Tour ist der Stausee, an dem die Überbleibsel des Winters noch gut erkennbar sind. Die Wasseroberfläche ist von einer Eis- und Schneedecke überzogen, die knarzt und knackt, wenn man sie belastet.
Einige Menschen sitzen auf den am Ufer aufgestellten geschnitzten Holzbänken, plaudern miteinander und genießen die Sonnenstrahlen. Man grüßt sich herzlich und geht seiner Wege.
So beachtlich die Größe des Sees für den eher beschaulichen Haarweidebach ist, der ihn speist, so wird doch schnell klar, dass er nur ein recht geringes Stauvolumen hat. Es genügt ein vergleichsweise kleiner Gully, um die angestauten Wassermengen wieder abfließen zu lassen.
Ein Biergarten liegt brach
Über verschlungen Pfade läuft man hie du da an schattenlagig von der Sonne geschützten Schneefeldern vorbei. Es riecht nach frisch geschnittenem Holz und feuchtem Moos. Ein Specht klopft hoch in den Wipfeln in dem ihm eigenen Takt. Über einige mini-Brücken, die Bächlein überspannen, hinweg, der Prießnitz folgend, geht es zum nächsten Ziel.
Die Heidemühle ist wunderschön gelegen, doch abgesehen vom herrlich rustikalen Hauptgebäude mit Seitentürmchen wirken die anderen Baulichkeiten etwas renovierungsbedürftig. Es stellt sich die bereits erwartete und dennoch ernüchternde Einsicht ein: Der schöne Biergarten am Flussufer, er ist verwaist.
Immerhin gibt es einen Imbissstand direkt an der Kreuzung zur Radeberger Landstraße. Einmal Kaffee-to-go und zweimal falsch abgebogen später erstreckt sich das nah angrenzende Saugartenmoor im Sonnenschein.
Das revitalisierte Moor
Es riecht nach abgestandenem Wasser und modrigem Gehölz. Schnee bedeckt die eine Hälfte des Moors, auf der anderen ist eine schwingende Pflanzendecke inklusive einiger Bäume zu bestaunen.
Hier wird deutlich: Moore dienen seltenen Tier und Pflanzenarten als Rückzugsräume und sind damit wichtige Faktoren für den Erhalt von Biodiversität.
Jedoch war das Saugartenmoor nicht immer ein Moor. Es wurde wohl im 16. oder 17. Jahrhundert mit einer Abflussgraben versehen und so zu einem „Sauteich“ verwandelt. Darüber informiert eine Tafel des Sachsenforst direkt vor Ort am Moor. Der Abflussgraben wurde 2013 mit einer „Plombe“ aus Lehm verschlossen. Dadurch profitierte das Moor heute von einem höheren Wasserstand. Das Moor ist revitalisiert.
Unweit vom Moor entfernt befand sich das Jagdhaus der Dresdner Heide. Es bildete den Mittelpunkt der wie Speichen in einem Rad angeordneten, durchnummerierten Wege, „Alte Eins“ bis „Alte Acht“, die sich durch die Heide ziehen. Das Wegenetz gibt es heute noch, das Jagdhaus selbst nicht mehr.
Kriegerdenkmal im Kontrast
Der „Alten Vier“ folgend, an der „Dresdner Sanddüne“ vorbei, kommt man schließlich fast direkt bis zum Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten (und Zweiten) Weltkrieges. Ein mächtiger Schrein aus Stein, der mit Moos überwachsen – irgendwie passend – neben einem ehemals stolzen, nun aber abgestorbenen, Baumstumpf steht.
Hier ist es sehr still. Der Stein samt Inschrift wirkt archaisch, aus der Zeit gefallen, an diesem wunderschönen Frühlingstag im März 2021.
Es geht eine abschüssige Schlingerstrecke für Mountainbikes hinab. Einen unbeabsichtigten Abstecher zur Sandgrube später ist der Abstieg zur Prießnitz auch schon geschafft und im Handumdrehen ist man zurück in der Neustadt. Der Alaunpark wirkt jetzt sehr belebt, lebendig-laut. Ein Kindergeburtstag mit bunten Ballons, zwischen den Bäumen gespannte Slacklines, Menschen die Lachen und die Sonne genießen. Was bleibt zu sagen?
„Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen!“ (Eduard Mörike, 1829).