So viele Missverständnisse im Leben einer Französin in Deutschland! Besonders am Anfang. Glücklicherweise werden diese, mal peinlichen, mal lustigen, Fettnäpfchen dank der Zeit, dem Sprachenlernen und der Erfahrung immer seltener.
Eines Tages kündigte mir eine Kollegin, mit der ich bereits seit mehreren Jahren zusammenarbeite, plötzlich am Ende eines Gesprächs an: „Übrigens, ich bin Birgit“. Ich sagte nichts, aber ich dachte: „Na und? Das weiß ich doch.“
Seltsam … Es war nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Bis jetzt dachte ich immer, meine Kollegen wollten mich damit indirekt darum bitten, meinen komischen Namen zu wiederholen, den sie sich so schwer merken konnten. Aber diesmal konnte ich es mir gar nicht erklären: Birgit kannte mich doch gut!
Später wurde mir dann klar, dass dies die deutsche Art ist, jemandem das „Du“ anzubieten. Logisch. Üblicherweise sagt man „Frau … Sie“, „Vorname … Du“.
Richtig wäre gewesen, zu antworten „Und ich bin Peps“, und ihr dabei die Hand zu reichen. Ohlala, ich möchte gar nicht wissen, wie viele Arbeitskollegen noch immer denken, ich sei unhöflich.
Mittlerweile kenne ich dieses Ritual zwar, finde es aber weiterhin seltsam. Jedes Mal muss ich innerlich lachen und denke, es wäre schon ein bisschen weniger künstlich, sich direkt zu fragen: „Wollen wir uns duzen?“.
Bloß zwei Buchstaben vertauscht und schon steht man im nächsten Fettnapf: „Sagt mal, habt ihr meine Brüste gesehen?“, erkundigte ich mich eines Tages bei meinen verdutzten Mitbewohnern. Natürlich meinte ich meine (Haar)-Bürste, die ich nicht mehr finden konnte. „Brüste“, „Bürste“ verwechselt man leider oft als Nicht-Muttersprachler.
„Können Sie mir ein Rendez-vous geben?“ fragte ich den Bänker, und holte Stift und Kalender aus meiner Handtasche. Ich wollte nämlich gerne ein deutsches Konto eröffnen. Der arme Mann wurde auf einmal ganz rot.
Na ja. „Rendez-vous“ ist zwar ein französischer Begriff, der aber in beiden Nachbarländern völlig unterschiedliche Bedeutungen hat: Ich wusste damals nicht, dass ein deutsches „Rendez-vous“ nur im romantischen Sinnen angewendet wird. In Frankreich ist es nur noch ein Synonym für „Termin“ oder „Treffen“. Mich würde amüsieren zu wissen, wie viele Franzosen (und wem) auch so ein Date angeboten haben.
Im Büro der Kitaleitung waren wir mit der Anmeldung unseres Sohnes fast fertig, als ich noch eine Frage stellte: „Ach ja, muss unser Kind sauber sein?“. Die Leiterin guckte mich plötzlich ganz komisch an und zum Glück kam mein Mann zur Rettung: „Also hmm, meine Frau meint bestimmt trocken“. Tatsächlich. „Propre“ (sauber), so nennt man auf Französisch ein Kind, dass keine Windel mehr trägt. Ich sehe noch heute den verdutzen Blick der armen Leiterin, die annahm, ich hätte damit gemeint, ob es okay ist, dass unser Sohn nur selten gebadet wird.
Hochzeit in der Schlampe?
Saloppe? Auf Französisch heißt „salope“ (mit nur einem P) nichts anderes als … „Schlampe“. Und wie hieß der wunderschöne Dresden Biergarten, wo mein Mann und ich unsere Hochzeit gefeiert haben? Genau, das war die „Saloppe“.
Auf der Einladungskarte für unsere französischen Gäste musste ich unbedingt darauf hinweisen, dass „saloppe“ auf Deutsch nichts mit dem französischen Schimpfwort zu tun hat. Nur meine Oma blieb skeptisch, als ich ihr versicherte, dass die Dresdner „Saloppe“ wirklich ein ganz anständiges Partylokal ist.
Ein Gastbeitrag von Peps, der Französin in der Neustadt. Aus der Reihe „C’est la vie! – Chroniken einer Französin in der Neustadt“. Illustrationen: Jean-Pierre Deruelles. Fortsetzung folgt.
Ergänzung aus der Redaktion
Die Verwechslung „Saloppe“ mit „salope“ passiert offenbar nicht nur französisch Sprechenden. Im Sommer 2016 gab es einen Farb-Anschlag auf den Biergarten mit der Botschaft „Schlampe tötet Hirsch“. Auch damals wurde bewusst oder unbewusst die eigentliche Herkunft der „Saloppe“ ignoriert.
Der Name der Sommerwirtschaft lässt sich auf das frühe 19. Jahrhundert zurückführen. Damals gab es an dieser Stelle einen Kosakenfeldposten, der unter dem Namen Wutki Chalupka (deutsch Schnapsbude) bzw. Schaluppe oder fälschlich Saluppe (deutsch Bretterhütte) bekannt war. Daraus hatte sich die heutige Bezeichnung Saloppe entwickelt.
Gastautor?
Nicht Gastautorin?
Oder Gästin?
Wenn man die Geister (Mehrzahl) ruft….
Danke für die schönen Beiträge, die bringen mich zuverlässig zum Lachen
@Timur, danke für den Hinweis, ist korrigiert.
@Anton:
Und warum nun wieder das Sternchen?
Sind es mehrere Weiblein und Männlein?
Oder ist es eine Frau?
Dann ist es eine Gastautorin ohne Sternchen, Doppelpunkt, Schrägstrich, Unterstrich und was es sonst noch gibt.
In Frankreich gibt es jetzt eine Gesetzesinitiative, die das Gendern im offiziellen Sprachgebrauch verbieten will.
Die Unterstützung in der Nationalversammlung ist ziemlich groß.
Die Académie française kämpft sowieso schon immer gegen die Veränderung der französischen Sprache, mit Ausnahme von Berufsbezeichnungen o.ä.
Neu ist, dass jetzt auch auf eine bisher vernachlässigte Gruppe geschaut wird.
Was ist mit den Blinden?
Gendersprache in Brailleschrift?
Was liest der Blinde, wenn er das Gendersternchen fühlt.
Oder noch schlimmer, die Doppelpünktchen vor dem „innen“?
très bien :)
Sehr schöner Text! „Kannst Du mir kommen?“ ist noch so eine Stilblüte, die ich gelegentlich von der fremdländischen Liebsten höre. Was das kleine Wörtchen „zu“ doch ausmacht.
>@Anton:
>Und warum nun wieder das Sternchen?
Noch schöner als der Text: Die Diskussion! Tja, so geht’s, wenn man sich dem woken Zeitgeist unterwirft. Nie wird es ihm recht machen. Auch der Text enthält das generische Maskulinum an verschiedenen Stellen (Kollegen, Franzosen, …), bitte sofort redigieren und die Autorin ausschließen, bis sie Besserung gelobt.
Sehr schöner Beitrag. Ich verstehe allerdings auch nicht, warum die Gastautorin mit einem Genderstern verunstaltet wird, vor allem, wenn es der einzige Stern im ganzen Text ist…
zum gendersprech:
Der Eifer bei den Sprach- und Sprechänderungen steht vielfach im Missverhältnis zu den Ergebnissen bei der realen Gleichstellung. Drum noch einmal zur StVO – gerade auf diesem Feld lässt sich etwas zeigen. Als Vorreiter im gesetzgeberischen Gendern profilierte sich der damalige Verkehrsminister Peter Ramsauer aus der CSU. Er hatte es zwar nicht vermocht, seine freien Staatssekretärsposten mit Frauen zu besetzen – wozu er verpflichtet gewesen wäre –, aber ersatzweise befriedigte er Sprachwünsche und vergriff sich 2013 an der StVO. Wo früher ganz naiv von Fußgängern und Rollstuhlfahrern die Rede war, heißt es seitdem verquast: »An Fußgängerüberwegen« (dies Wort behauptet sich!) muss »den zu Fuß Gehenden und den Fahrenden von Krankenfahrstühlen und Rollstühlen« Vorrang gewährt werden (§ 26). Tja, was würden die fleißig Gestaltenden und Reformierenden ohne das beliebte Partizip Präsens anfangen, welches aber in der Einzahl nicht gut funktioniert: »ein(e) Fahrende(r) von Rollstühlen« (?) holpert sehr. Nebenbei bemerkt: Nicht alle Dichtenden sind Dichter, und eine Trinkende muss nicht Trinkerin sein. Und hat diese Sprachänderung schon irgendwo reale Gleichberechtigung gefördert?
@Seldon: In Anlehnung an ein altes Sprichwort:
Erst wenn der letzte Genderstern gesetzt, die letzte Tätigkeit in Partizip Präsens umgeschrieben und der letzte Berufgruppe XYZ*innen genannt worden ist, werdet Ihr merken, dass man die Texte schlechter lesen kann, der Ausschluss der Frauen aus dem generischen Maskulinum diesen nicht zum Vorteil gereicht und Ausländer jetzt noch mehr Schwierigkeiten mit dem Deutschen haben.
Danke für die schönen Texte, liebe Autorin! Sie geben meinem Neustädter Lieblingsblog eine neue Facette, so daß ich es gleich noch besser finde als bisher.
Zum Gendern: der soziale Sinn dahinter ist mir mittlerweile wichtiger, als über Sternchen oder Doppelpünktchen im Text stolpern zu müssen. Also @Anton – bleib von mir aus gerne dabei.