„Wie selten sind wir doch zur Ruhe befähigt!“ ruft HP Trauschke mit erhobener Axt dem im Gras sitzenden Publikum entgegen. Das Theater ist zurück.
Zusammengestellt wurde das Bühnenstück von Ludo Vici. Regie und Spiel vereint HP Trauschke. Für die Musik verantwortlich zeichnet Frieder Zimmermann. Die Technik übernimmt Renze Torensma. Vorstellungen gibt es bis zum 20. Juni immer dienstags bis sonntags um 19 Uhr an der Augustusbrücke. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.
Das Publikum ist am Anfang etwas schüchtern: „kommen sie ruhig näher“, bittet der Schauspieler. Das Gras ist hoch und nass vom Sommerregen. Die Kirchturmglocken hallen über das Elbtal und das Spiel beginnt. Der Schauspieler HP Trauschke steht im Anzug auf der Wiese, neben ihm eine Skulptur aus Eisen, ein Hackstock, eine Axt, das ist das ganze Bühnenbild.
Ein Strauß an Themen gepackt in eine Stunde
Das Stück ist eine Zusammenstellung von Texten des Dichters Thomas Bernhard. Eine Stunde hält Trauschke einen Monolog, ist im Zwiegespräch mit sich selbst. Der Text ist dicht, die Themen vielfältig. Es geht um Verachtung: gegen die Gesellschaft und sich selbst, die Dämlichkeit der Menschen, die Flucht in den Selbstmord, die Natur, das Schreiben, und den Versuch, sich selbst zu begreifen. Nicht zuletzt geht es schlicht um Isolation und Einsamkeit.
Ein Stück, aus der Isolation entstanden
Da kommen Erinnerungen an den langen Pandemie-Winter hoch, und auch das Stück ist aus der Isolation entstanden. „Ich sitze in meinem Büro und mir fällt die Decke auf den Kopf“ sagt Trauschke. Sein visioniertes Projekt „Blue Box Earth“ – ein 32-Meter-Kubus, der auf dem Wasser schwimmen soll – verzögert sich. Da kam die Idee mit dem Text von Bernhard.
Eine gute Stunde arbeitet sich der Künstler an sich selbst ab. Ist im Zwiegespräch mit dem schweigenden Publikum. Einige wunderschöne Sätze fallen, wie „Die Menschheit ist die größte und spannendste Ungeheuerlichkeit“ oder „Ich habe immer nur ein vorgespieltes Leben gehabt“ oder „die Leute haben sich gar nicht verändert; sie sind weder besser noch schlechter geworden, einfach nur älter“.
Auf und Ab mit Axt statt statisch am Tisch
Dabei ist keine Aufführung wie die vorherige. Am Anfang saß Trauschke noch an einem Tisch, der wich der Eisen-Skulptur. „Es ist ein Prozess“. Er bereitet sich jeden Tag aufs Neue stundenlang im Wald auf die Aufführung vor.
Jetzt schreitet er auf und ab. Wann immer ein Schauspieler dem Publikum nahe kommt, entsteht eine gewisse Spannung, insbesondere wenn er eine Axt in der Hand hält. Hin und wieder bricht die Sonne aus den Wolken und taucht die Bühne in goldenes Abendlicht. Dann wieder verdunkelt sich die Szenerie. Mutter Natur macht das Licht. Das Panorama Dresdens dient als Hintergrund.
Die Elbwiese als Bühne
Einige Radfahrer rauschen vorbei, einige bleiben stehen. Manche Leute kommen dazu, setzen sich, manche gehen auch wieder. Im Schlussteil fährt ein telefonierender Radfahrer vorbei und sagt „das ist so’n Boomer-Zeug“. Eine Vorführung im Freien ist eben immer auch Risiko.
Eine Gruppe Jugendlicher steht skeptisch rauchend am Rand und beobachten das Spiel für eine Weile. Insgesamt komme es gut an, sagt Trauschke lächelnd. Eine junge Frau im Publikum meint: „Schaut’s euch an, macht euch ein eigenes Bild. Es lohnt sich.“
‚Dämlichkeit‘ – ein Wort, dass so ‚herrlich‘ ist. Verbannt das Wort aus allen Texten. Findet was besseres. Synonyme gibt es reichlich.
Huch, was stört dich an Dämlichkeit? Dämlich gehört zum mundartlichen Verb „dämeln“, das „sich kindisch benehmen, verwirrt sein“ bedeutet. Einen hübschen Artikel dazu findest Du beim Zwiebelfisch. Weitere Infos zur Etymologie der Dämlichkeit im digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache.
… sehr schön, Aufklärung ist eben alles … !