„Und, bist du für Frankreich oder Deutschland?“ werde ich bei jeder Fußballmeisterschaft gefragt.
Na, für Deutschland natürlich!
Nicht, dass ich mich plötzlich so eingedeutscht hätte. Aber es macht besonders viel Spaß, Fußball in Deutschland zu gucken, vor allem wenn das deutsche Team spielt und am besten noch gewinnt. Die gemeinsame Freude nimmt mich einfach so mit!
Als ich noch in Frankreich lebte, habe ich kaum eine Fußball-Meisterschaft verfolgt. So habe ich nur vage Kindheits-Erinnerungen an das Finale von 1998, in dem Frankreich in Paris Weltmeister wurde. Oder vom Zidane-Kopfstoß in 2006. Das wars. Denn Fußball ist in meinem Heimatland eher eine private Sache: Wenn überhaupt, dann guckt man zu Hause, mit Familie oder Freunden. Ein bisschen wie das Grillen. Klar gibt es auch ein paar Kneipen, in denen manche Spiele ausgestrahlt werden. Aber dort sitzen hauptsächlich Ultra-Fußball-Fans.
Hier würde ich dagegen niemals ein Public Viewing verpassen, wenn das deutsche Team spielt. Dabei ist das Spiel für mich eher nebensächlich. Was ich genieße, ist die fröhliche Atmosphäre der Neustadt in den EM- und WM-Zeiten. Wie alle Bewohner vor den Riesenbildschirmen in jeder Kneipe, Biergarten, Hinterhof zusammensitzen, und diesen Moment mit Bier, Bratwurst und Freude gemeinsam teilen. Wie das Jubeln, die Schreie und selbst die Vuvuzela aus allen Ecken dröhnen.
Jede Fußball-EM und -WM in der Neustadt erinnert mich sogar an bestimmte Phasen meines Lebens seitdem ich hier wohne. Ein bisschen wie die Jahreszeiten oder manche regelmäßige Events wie die BRN unserem Jahresverlauf einen Rhythmus geben.
Zum Beispiel werde ich mein erstes Public Viewing nie vergessen: Das war mein erster Abend in Dresden. Ich war schlecht gelaunt, denn ich hatte den ganzen Tag nach WGs gesucht und noch keine Zeit gehabt, die Altstadt zu entdecken.
Da sagten mir meine Couchsurfing-Gastgeber irgendwas von Fußball, ob ich mitkommen wolle. So landete ich beim EM Halb-Finale Türkei-Deutschland. Vor einem Riesenbildschirm am Elbufer. Mitten in der freundlichsten Atmosphäre. Und mit der hübschen Altstadtsilhouette im Hintergrund, die mich hierhergezogen hatte.
Ein Gastbeitrag von Peps, der Französin in der Neustadt. Aus der Reihe „C’est la vie! – Chroniken einer Französin in der Neustadt„. Illustrationen: Jean-Pierre Deruelles. Fortsetzung folgt.
Nachtrag: Die Neustädter Biergärten bieten übrigens heute Abend ab 21 Uhr fast alle eine Live-Übertragung des Spieles an.