Es bleibt alles wie gehabt. Zwar hat sich fast der komplette Stadtbezirksbeirat für eine Öffnung der Pulsnitzer und der Martin-Luther-Straße für den Radverkehr in beide Richtungen ausgesprochen, doch nun kam die abschlägige Antwort von Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne): „Beide Einbahnstraßen können im Bestand für den Radverkehr in Gegenrichtung nicht freigegeben werden.“
Zur Begründung heißt es, dass das sichere Begegnen von Rad Fahrenden und Kraftfahrzeugen über die gesamte Straßenlänge nicht gewährleistet sei. Auch seien keine Fahrbahnverbreiterungen für das Ausweichen von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen untereinander vorhanden. Die Straßen seien mit 120 Metern bei einer Breite von 3,50 Metern zu lang und zu schmal.
Außerdem bestehen an der Einmündung der Martin-Luther-Straße zur Louisenstraße beengte Platzverhältnisse durch die angrenzende Bebauung, die die Sicht zwischen in die Martin-Luther-Straße einbiegenden Kraftfahrzeugen und entgegenkommenden Rad Fahrenden nicht gewährleisten können. Die zwingend erforderliche Markierung eines Schutzraumes für den aus der Martin-Luther-Straße kommenden Radverkehr ist nicht möglich, da dieser Schutzraum nicht vorhanden ist und von allen Kraftfahrzeugen, die in die Martin-Luther-Straße einfahren, überfahren werden müsste. Auch Haltverbote im Einmündungsbereich können die Situation nicht nachhaltig verbessern, da diese nicht die Sichteinschränkungen beseitigen.
Über Jahre unfallfrei
Die Pulsnitzer Straße war mehrere Jahre lang mit einem „Fahrrad frei“-Zusatzschild ausgestattet und auch die Martin-Luther-Straße wird in der Praxis von Radfahrer*innen in beide Richtungen genutzt.
Laut Unfall-Atlas gab es seit der Sanierung keinen Unfall auf der Pulsnitzer Straße, 2020 ist noch nicht erfasst. An der Kreuzung Louisenstraße, Martin-Luther-Straße ist im Unfall-Atlas im Jahr 2018 ein Zusammenstoß zwischen Rad und PKW erfasst, es gab einen leichten Personenschaden.
Eine mögliche Lösung formulierte der Baubürgermeister am Ende seines Schreibens: „Bei der Pulsnitzer Straße wäre bei Vorhandensein einer Ausweichstelle, die baulich hergestellt werden müsste, die Freigabe denkbar.“ Das könnte zum Beispiel eine schmale Einbuchtung in Höhe des Alten Jüdischen Friedhofs sein. Für die Martin-Luther-Straße sieht Kühn auch perspektivisch keine Freigabemöglichkeit für den Radverkehr.
- Den Antrag und die Antwort des Baubürgermeisters kann man im Ratsinfosystem der Stadt Dresden nachlesen.
Nachtrag 2022
Nun ist die Pulsnitzer doch wieder für die Radler freigegeben.
Kommentar entfernt, bitte beachten Sie die Hausordnung.
@Anton: I der Sanierung schiebst du, die nördliche Martin Luther Straße wurde für Fahrräder in beide Richtungen freigegeben. https://www.neustadt-ticker.de/58514/aktuell/nachrichten/bauverzoegerungen-am-martin-luther-platz
Hast du dich da geirrt? Woher kam die Aussage? Wenn ich mich richtig erinnere, lag es dann daran, dass die Einmündung unübersichtlich ist. Jetzt heißt er plötzlich, dass die Straße zu schmal sei. Das heißt ja, dass sie schon falsch geplant wurde.
@Stadt: Wenn dem so ist, soll sie bitte für Autos gesperrt werden und für Fahrräder in beide Richtungen offen sein. Warum wird hier immer Auto zuerst gedacht!?
Das war damals so angekündigt worden. Nach der Fertigstellung war dann die Unübersichtlichkeit der Hauptgrund für die fehlende Fahrradfreigabe.
Wie Frank schreibt, wäre eine Sperrung für Autos der sinnvollere Weg. Allerdings bekommt damit der Lieferverkehr – zumindest auf der MLS – Probleme.
Allerdings wäre eine weitere Alternative: Verkehrsberuhigter Bereich mit Absenkung der Bordsteine (Shared Space). Da muss zwar was sondergenehmigt werden wegen denkmalgeschütztem Aussehen des Viertels, dass sollte es der @Stadt aber wert sein. Und ja, die @Stadt argumentiert dann wieder, dass da zuviele Autos langfahren würden für einen verkehrsberuhigten Bereich; das ist doch aber gerade die Aufagbe von Verkehrsplanung: Verkehrsströme zu lenken!
@Jan: Mal nachforschen, wie das seinerzeit auf der Böhmischen funktioniert hat.
Die Historie der böhmischen kenn ich, denn ich wohne da. Die Planung sah einen shared space vor. Dann kam das Denkmalamt und meinte, die Struktur Blockrandbebauung – Fußweg – Straße – Fußweg – Blockrandbebauung müsse unbedingt erhalten werden. Dem beugten sich die Planer. Dann kam der Wegebauer und baute die Granitbordsteine fast, aber nur fast, ebenerdig ein. Ergebnis: Auf den ach so historischen Pflaster fährt kein Kind Rollschuhe o. ä. An den sich vorhandenen Bordsteinkanten stürzen Radfahrer oft. Die leere und als solche zu erkennende Straße lädt Fahrer zum rasen ein.
In Summe hat das Denkmalamt die Idee der Spielstrasse mit ihrer völlig unbeweglichen und aus der Zeit gefallenen Vorstellungen von Stadt (-nichtentwicklung) kaputt gemacht und sogar ins Gegenteil verkehrt.
Ich könnte hier noch viele Beispiele dieses Amts nennen, aber das gehört nicht hier her.
Leider ist in Dresden das Zusammenspiel von „früher war alles richtig“ und Autolobby eine unheilige Allianz, die viele moderne Ansätze verhindert. So wird diese Stadt mehr und mehr zu rückständiger Provinz.