„Was hat das alles mit mir zu tun?“ Am Donnerstag fand im Thalia-Kino die feierliche Eröffnung des Move it-Filmfestvals statt und bot Antworten auf diese Frage an.
„Der Film hat mir die Augen geöffnet“, sagte Margaret Nakato im Nachgespräch des Films „Fieber“, der die verheerenden Auswirkungen der Malaria in Ostafrika thematisiert. Nakato ist Begründerin der Katosi-Women-Development-Trust in Uganda und setzt sich für das Empowerment von Frauen in Fischergemeinden am Victoriasee ein.
Ihr täglicher Kampf ist auch der gegen Malaria. Der Parasit tötet jährlich südlich der Sahara eine halbe Million Menschen. Durch die doppelte Belastung aufgrund der Corona-Pandemie waren es in diesem Jahr eine Million. Malaria ist die siebthäufigste Todesursache in Afrika – 90 Prozent aller Malaria-Toten weltweit hat der afrikanische Kontinent zu verzeichnen. „Wenn ich eine Mücke töte, fühlt sich das für mich wie eine Heldentat an“, beschrieb es Nakato.
Koloniale Strukturen
Der Dokumentarfilm von Katharina Weingartner aus dem Jahr 2019 lässt Protagonist*innen vor Ort sprechen und zeigt ihren Kampf gegen eine Krankheit, gegen die es wirksame Medikamente gibt – die in westlichen Industrienationen produziert und in betroffenen Gebieten teuer verkauft werden.
Margaret Nakato erklärte, wie eng die Faktoren für ein selbstverwaltetes Leben bei ihrer Arbeit miteinander verzahnt sind: „Bildung, der Zugang zu sauberem Wasser, die wirtschaftliche Situation und eine intakte Umwelt, das alles hängt miteinander zusammen!“ So spiegelte es auch der Dokumentarfilm.
Malaria ist besonders in Gebieten vertreten, in denen Reis angebaut wird: eine Agrarform, die von der Kolonialmacht Großbritannien etabliert und zugunsten derer der traditionell genutzte Regenwald abgeholzt wurde. Im flachen, warmen Wasser gedeihen die Mückenlarven, in denen sich der Parasit einnistet, in großer Zahl.
Auch die Herstellung von Lehmziegeln auf feuchten Feldern birgt hohe Risiken. Nakato wusste das auch für die Sandabbau-Gebiete in ihrer Heimat zu berichten. Durch die Grabungen entstehen Wasserlöcher, in denen Mücken brüten. Zudem könnten sich die Larven ungehindert in den Uferregionen des Victoriasees verbreiten, weil es durch Überfischung keine natürlichen Feinde mehr gäbe, erklärte Nakato.
Ein Kraut ist gewachsen
Der lokalen Bevölkerung fehlt es besonders in den ländlichen Gebieten an Aufklärung und an Medikamenten. Engagierte Forscher*innen und Mediziner*innen arbeiten unter Hochdruck vor Ort, um die Krankheit, an der insbesondere Kinder sterben, einzudämmen. Heilung verspricht die Pflanze Artemisia annua, der einjährige Beifuß.
Das bittere Kraut ist in der traditionellen Chinesischen Medizin seit 3000 Jahren bekannt. 2015 wurde die chinesische Pharmakologin Frau Prof. Tu Youyou für ihre 30-jährige Erforschung der Wirkung des darin enthaltenen Artemisinin auf Malaria mit dem Nobelpreis für Physiologie ausgezeichnet.
Artemisinin ist auch der Wirkstoff, der die Malaria-Medikamente der Pharmaindustrie wirksam macht. Doch die Präparate sind für den Großteil der Bevölkerung nicht erschwinglich, ebenso wie die von einem japanischen Konzern produzierten Moskitonetze, die ein Insektizid aufweisen, gegen das Mücken bereits Resistenzen bilden. Die Fabrikation ist mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden – sie wiederum wird mit einheimischen Arbeitskräften realisiert.
Afrika für Afrika
„Fieber“ zeigt eine andere Perspektive auf Afrika als die „ewig leidende“: Die Protagonist*innen suchen und finden Lösungen „aus Afrika für Afrika“. Eine kräuterkundige Heilpraktikerin forstet Regenwald wieder auf, baut Artemisia an und klärt über Malaria auf. Sie verteilt Setzlinge, damit Menschen sich selbst helfen können und rettet Schwerkranke mit starken Tees vor dem Tod, wenn kein Platz in den Krankenhäusern ist.
Ein Forscher macht sich auf den Weg, um Larven mit natürlichen Bakterien abzutöten. Ein Blumenkonzern verabreicht seinen Mitarbeitenden Artemisia-Tee und sammelt Daten zur Wirksamkeit in der Hoffnung, die WHO möge Medikamente kleiner, regionaler Anbieter*innen endlich zulassen.
„Jetzt verstehe ich, warum unsere Volontärinnen immer Artemisia-Tee getrunken haben“, erklärte Nakato rückblickend zum Film. Ihr war die Pflanze und ihre Wirkung noch kein Begriff gewesen. „Das sind die Synergien, die das Move it ausmachen“, sagte Festival-Koordinatorin Silvia Zimmermann. „Es sind die Begegnungen, die Veränderungen bewirken.“
Halt durch Haltung
„Wir müssen uns selbst organisieren können. Ich denke, dass NGOs aus dem Norden und dem Süden Afrikas zusammenarbeiten, und wir lokales und traditionelles Wissen integrieren müssen, um Malaria zu besiegen“, fasste Nakoto zusammen. Sie gehe mit einem dankbaren und optimistischen Gefühl aus dem Abend. Die einleitenden Grußworte von Uwe Behnisch vom Referat für Internationale Beziehungen der Sächsischen Staatskanzlei hallten noch nach: „Wir können Entwicklung nicht beeinflussen, aber wir können unsere Haltung beeinflussen. Der letzte Halt ist Haltung.“
Weitere bewegende Filme zu Entwicklung und Menschenrechte laufen noch bis zum 10. November im Rahmen des 17. Move it Filmfestivals.