In der Galerie Holger John im Barock-Viertel ist noch bis zum Ende der Woche die Ausstellung „Bilder meiner Depression“ zu sehen. Dass diese Ausstellung Raum in einer Kunstgalerie gefunden hat liegt zum einen an Galerist Holger John, zum anderen an einem der beteiligten Künstler, Marius Rehwalt.
Der Verein Dresdner Bündnis Depression hat in Zusammenarbeit mit zehn an Depression erkrankten Frauen die Ausstellung konzipiert. Die Frauen wurden interviewt und gemeinsam mit ihnen visualisierten Jenny Kleine, Anna Ryzhkova und Yavor Minchev die Depressionserfahrungen. Für dieses Projekt sprach Jenny Kleine mit den Frauen über deren Erleben in depressiven Phasen. Daraus entstanden dann die atmosphärischen Fotografien. Die Ausstellung zeigt die Interviews sowie die daraus entstandenen persönlichen Fotografien. Zeichnungen von Anna Ryzhkova greifen das Konzept auf und erzählen es neu.
Als der Verein auf der Suche nach Räume für die Ausstellung war, traf der Vereinsvorsitzende Sven Leinert bei Holger John auf offene Ohren. Doch eine reine Informationsausstellung in seiner Galerie? Das konnte sich der Galerist nicht vorstellen. Gut, dass Leinert noch Kontakt zu einem Künstler hatte, der das Thema intensiv bearbeitet.
Marius Rehwalt malt „Bilder meiner Depression“. Der 30jährige Dresdner befand sich vor vier Jahren mehrere Wochen wegen einer schweren Depression in stationärer Therapie und begann in der Klinik zu malen. Für ihn wurde das Malen zu einem wichtigen Bestandteil im Umgang mit seiner Erkrankung. Er kann damit Ängste und andere Gefühle zum Ausdruck bringen und sie in Farbe umwandeln, um sich selbst befreiter zu fühlen. Nur wenige Männer gehen mit ihrer Depressionserfahrung offen um. Marius Rehwalt hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, der Depression durch seine Person ein Gesicht zu geben.
Beeindruckende Bilder
„Die Bilder haben mich schwer beeindruckt“, sagt Galerist Holger John. Sie sind so ausdrucksstark, dass er am Eingang der Ausstellung eine Warnung platziert hat. Die Bilder können bei Betroffenen Trauma auslösen. Achtung, in der Folge sind auch hier solche Bilder zu sehen. „Ich habe dann den Künstler besucht und mir sein Gesamtwerk angesehen“, sagt Holger John. Die teils nur sehr schwer zu verarbeitenden Bilder waren für ihn die Möglichkeit, die Ausstellung in seiner Kunstgalerie zu zeigen.
„In Dresden leiden innerhalb eines Jahres etwa 40.000 Menschen an einer Depression“, sagt Sven Leinert. Der Vereinsvorsitzende ist leitender Psychologe im Städtischen Klinikum. Es sei eine häufige Erkrankung, die im Gegensatz zu anderen Volkserkrankungen aber noch immer nur schwer den Weg in die Öffentlichkeit finde. „Wir kennen die Zahlen, die Schicksale, die sich hinter dieser Zahl verbergen, sehen wir allerdings noch zu wenig“, so Leinert. Der Verein setzt sich dafür ein, die Situation der Betroffenen zu verbessern. In dem Verein engagieren sich u.a. Ärzt*innen und Therapeut*innen, Erkrankte und Angehörige und weitere am Thema Interessierte.
„Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, können sich nur schwer motivieren und alles erfolgt wie gegen einen bleiernen Widerstand“, sagt Leinert. Das Leuchten aus den Augen sei verschwunden, sie können kaum noch Freude und Interesse empfinden. Die Erkrankten schwingen emotional nicht mehr mit, leiden subjektiv oft an Gefühllosigkeit. Hinzu können Entscheidungsschwierigkeiten, Minderwertigkeitsgefühle, Ängste und Beklemmungen kommen.
Der Psychologe weiß: „Depression ist eine Erkrankung, die jede und jeden treffen kann. Viele Menschen bringen Depression aber leider noch immer mit fehlendem Willen, Charakterschwäche und Versagen in Verbindung.“ Nicht wenige Erkrankte würden glauben, sich mit ihrem Erleben schamvoll verstecken zu müssen. Nicht selten geraten sie dann in eine sich selbst beschleunigende Spirale aus Freudlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.
Für Außenstehende sei es schwer, sich in das Erleben der Erkrankten einzufühlen, wenn das einzige, das man dafür zur Hilfe hat, lediglich ein Wort ist: Depression. Dem will die Ausstellung „Bilder meiner Depression“ Aufkärung entgegensetzen.
Bilder meiner Depression
- Rähnitzgasse 17, 01097 Dresden
- Ausstellung läuft bis Sonntag, 21. November 2021, täglich von 14 bis 19 Uhr geöffnet
- Der Eintritt ist frei, es gelten die 3G-Regeln. Holger John bittet um eine Spende für den Verein.
- Weitere Informationen: Dresdner Bündnis gegen Depression e.V., Galerie Holger John