31. Dezember in Montmartre
Eines Tages erzählte mir mein deutscher Mann über seinen allerersten Aufenthalt in Frankreich. Das war eine organisierte Reise mit der Universität zum Jahreswechsel. Im Bus war die Vorfreude auf die Silvesternacht in der französischen Hauptstadt groß: Was für eine Feier das doch sein würde. Die deutschen Studenten sahen sich bereits inmitten der fröhlichen Menge von partybegeisterten Parisern.
Am Abend des 31. Dezember beschlossen sie, bis Mitternacht auf den Stufen vom „Sacré-Cœur“1 auf das Fest zu warten. Bald kamen weitere deutsche Touristen dazu, die die gleiche Idee gehabt hatten: Vom Montmartre Berg würden sie sicherlich die vielen Feuerwerke am besten genießen können.
Die Armen! Bis Mitternacht froren sie da oben für … nichts. Nun, ja, drei Böller, zwei Raketen und ein paar Freudenschreie und „bonne année!“-Rufe von angetrunkenen Parisern auf ihrem Balkon. Das war’s. Na ja.
In Frankreich gibt es eben nur einmal im Jahr Feuerwerke, und das ist zum Nationalfeiertag am 14. Juli. Am 31. Dezember aber werden gar keine Raketen angezündet und es wird vor allem drinnen und unter Freunden gefeiert.
Mit Eleganz ins Neue Jahr
Man rutscht ins neue Jahr am besten mit Eleganz (alle sehr chic angezogen) und einem weiteren 5-Gänge-Büffet (als hätte man nicht mehrere Tage Weihnachtsfesttagsschmaus hinter sich). Oder (die folkloristische und gemütlichere Alternative) in einem verschneiten Bergchalet, mit Raclette oder Fondue.
Auf jeden Fall: Keine Knallerei (was ich persönlich gut finde). Aber auch kein gemeinsamer Countdown mit den Nachbarn auf der Straße, kein fröhliches Miteinander, Umarmungen und „Frohes Neues!“-Wünsche mit Unbekannten (was ich schon schade finde). Also eigentlich ein bisschen wie in Deutschland in Pandemie-Zeiten. Nur mit High Heels, Champagner und Austern.
Mit dieser kleinen Geschichte wünsche ich euch allen einen guten Start ins Neue Jahr.
Ein Gastbeitrag von Peps, der Französin in der Neustadt. Aus der Reihe „C’est la vie! – Chroniken einer Französin in der Neustadt“. Illustrationen: Jean-Pierre Deruelles.
Mit dieser Geschichte endet die Serie. Peps hat andere interkulturelle Projekte ins Auge gefasst. Persönlich würde sie sich sehr freuen, wenn sich jemand anders finden würde, der oder die seine bzw. ihre Erfahrungen mit der deutschen Kultur hier schildern mag.
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1 Basilika Sacré-Cœur ist eine der bedeutendsten Kirchen in Paris und befindet sich im Stadtteil Montmartre
Nachtrag der Redaktion
Wir danken Peps für die Serie, in der insgesamt 22 Geschichten erschienen sind und rufen hiermit dazu auf, wer sich berufen fühlt, seine Eindrücke der deutschen bzw. neustädtischen Kultur hier wiederzugeben, kann sich gern per Mail melden.
Hallo Peps,
haha ja das kenn ich allzu gut, denn:
als wir im Urlaub Juli 2010 quer durch die Provence in Aix hielten, auch am 14.07 verweilten wir noch dort, wurden wir abends zwar vom Feuerwerk überrascht, doch dann liefen plötzlich alle Einheimischen und Touristen, die es ja damals noch gab ;) wieder von den Straßen und Plätzen selbstverständlich wieder weg, auf und davon..nach Hause?..wer weiß. Weder Crepesstände, noch Wein-, Bierstände, keien Bratwurst oder was immer der Franzosen to go als Imbiss so essen würde…keine Bühnen, keine Musik, keine Jahrmarkt-Feierstimmung wie es hier in Deutschland üblich ist. Nichts zu essen, nichts zu trinken…
Alle kamen nur wegen des Feuerwerks. Wir waren irritiert und hungrig ;)
Hallo Peps,
vielen Dank für die schöne Serie und den etwas anderen Blick, den man dadurch auf seine eigenen Gewohnheiten bekommen hat. Ich habe jeden der Artikel gern gelesen.
Viele Grüße
W.
Merci beaucoup Peps :)
Wie jetzt, ist da etwa Schluss?
;-(
Ich habe die wunderbar distanziert-liebenden Texte immer wieder mit Freude (und auch VOR-Freude) gelesen! Der Blick mal ein wenig von außen, den Horizont ein Stück weiter setzend, die Unterschiede, die am Ende doch verbinden so wunderbar in Worte gefasst…
DANKE!
Lieber AntonJan, bitte ähnliche Blicke von außen, bzw. von denen die von „außen“ zu uns gekommen sind und hier mit uns leben organisieren! peps war ne Freude und ich denke, dass es uns allen gut tut, wenn wir noch mehr solche Blicke haben!