Seit ein paar Tagen hängen in der ganzen Stadt Plakate der Gesellschaft Historischer Neumarkt (GHND). Sie ruft auf, ein Bürgerbegehren zum Neustädter Markt zu unterschreiben. Mit dem Bürgerbegehren will der Verein die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 16. Juli 2020 vorantreiben.
Der Verein befürchtet, dass die seinerzeit prämierten Entwürfe durch die Stadtverwaltung „zerpflückt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung zum Auftakt des Bürgerbegehrens. Nach dem Stadtratsbeschluss soll die südliche Straßenseite der Großen Meißner Straße kleinteilig bebaut werden. Eine Bebauung des Neustädter Marktes rund um den Goldenen Reiter, wurde mit dem Beschluss erst einmal zurück gestellt.
Im Juni 2021 machte das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (LfD) den Neustädter Markt zum Kulturdenkmal. Damit bleibt es wahrscheinlich, dass der von den Plattenbauten gesäumte Platz mit den zwei Brunnen und dem Reiterdenkmal in der Mitte weitestgehend so erhalten bleibt.
Damit bezieht sich das Bürgerbegehren vor allem auf die Umgestaltung des Königsufers zwischen Elbe und Großer Meißner Straße. Dort sollen diverse Häuser entstehen, teilweise nach Vorbildern der historischen Bebauung. Unter anderem soll das Narrenhäusel wieder aufgebaut werden.
Das Bürgerbegehren, dem nach Wunsch der GHND ein Bürgerentscheid zur Oberbürgermeisterwahl folgen soll, endet am 13. April. Weitere Informationen dazu auf der Seite der Gesellschaft Historischer Neumarkt.
Platzgestaltung rund um den Goldenen Reiter
Zur Gestaltung des Platzes gab es im November eine Tagung in der Dreikönigskirche. Die Bürgerinitiative „Neustädter Freiheit“ wollte damit einen Beitrag zur sachlichen Beurteilung der historischen Qualitäten des Neustädter Marktes und um Grundlagen für dessen denkmalgerechte Weiterentwicklung beisteuern. Verschiedene Fachleute würdigten das Ensemble auf der Nordseite des Platzes als erhaltenswert. Eine Zusammenfassung der Tagung gibt es unter: www.neustädter-freiheit.de
Das Ensemble aus Plattenbauten rund um den Goldenen Reiter und entlang der Hauptstraße (damals Straße der Befreiung), entstand in den 1970er Jahren. Auf der Seite www.das-neue-dresden.de heißt es: „Sowohl in einer der ersten Anwendungen der WBS 70-Plattenbautypen im innerstädtischen Kontext als auch im Umgang mit historischer Bausubstanz stellt diese komplexe Quartiersbebauung in der Neustadt Dresdens eine außergewöhnliche Leistung dar.“
Die Plattenbauten rahmten den Markt und die östliche Seite der Straße, während auf der westlichen Seite ein großer Teil der barocken Häuser saniert wurde.
Ein Großteil der Häuser gehörte einst der Stadt Dresden und wurde im Zuge des Woba-Verkaufs an Fortress verkauft und gehört heute zur Vonovia. Ein Teil der Plattenbauten ist inzwischen schon saniert, aber gerade am Neustädter Markt befinden sich noch einige unsanierte Häuser. Auch der Brunnen auf der Ostseite funktioniert schon seit Jahren nicht mehr.
Für die weitere Gestaltung des Neustädter Marktes hatte es eine umfangreiche Bürgerbeteiligung gegeben mit einem abschließendem Gestaltungswettbewerb. Dieser wurde dann im Anfang 2020 im Stadtbezirksbeirat vorgestellt (Neustadt-Geflüster vom 4. Februar 2020).
Nachtrag
Im Montagsmagazin von Coloradio war Heiko Lieske von der Bürgerinitiative „Neustädter Freiheit“ im Gespräch zum Thema. Kann man hier nachhören.
Zunächst einmal sollte man auch die Intention hinterfragen, mit der bestimmte Pläne favorisiert werden. Da geht es um große unbebaute Grundstücke und deren Eigentümer sind natürlich unbedingt daran interessiert, dass auch dieses Gebiet „nachverdichtet“ wird. Doch ist dies wirklich unser aller Interesse? Was spricht gegen einen Neustädter Markt, der sich optisch zur Elbe hin öffnet? Müssen wir wirklich das Elbufer dort zubauen, nur weil es vor 80 Jahren so gewesen ist? Wäre nicht der Erhalt der vielen Freiflächen, gern auch in der begrünten Form, viel sinnvoller und im Interesse von Dresden?
Eine idealistische Visualisierung mit einigen ausgesprochen unschönen Bildern gegenüberzustellen, halte ich für nicht fair. w.wiki/4rGQ sieht doch ohne Baustelle und mit grünen Bäumen gleich viel freundlicher aus, wollen wir die wirklich durch Gebäude ohne Historie ersetzen? Als man vor ca. 40 Jahren die Straße der Befreiung eröffnet hat, war es der Architekturstil dieser Zeit und ist damit auch ein Teil der Geschichte von Dresden. Auf jeden Fall hat das heutige Ensemble mehr Geschichte als ein Disneyland aus „neuen alten Gebäuden“. An anderer Stelle (Neumarkt) wurde dies gemacht, was dort auch nachvollziehbar ist, aber es jetzt ähnlich auch am Neustädter Markt zu realisieren, halte ich für einen sehr großen Fehler. Auch vor dem Hintergrund der absehbaren klimatischen Veränderungen ist die stark verdichtete Bauweise schlichtweg nicht sinnvoll. OK, dem Eigentümer der Immobilie wird es weitesgehend egal sein, der will seinen maximalen Profit erzielen. Und da eignen sich viele Gebäude mit engen Gassen, die „es ja da früher auch schon so gab“, doch wunderbar als Argumentationshilfe. Keine oder nur Solitärgebäude wären ja nicht annähernd so lukrativ …
@ stefan e: Das ist aber eine sehr beschränkte Sicht auf die Dinge und zeigt, daß du mit der Komplexität des Themas sowie mit der Platzgeschichte nichts zu tun haben willst. Es sei das Buch von Stefan Hertzig „Der historische Neustädter Markt zu Dresden: Geschichte und Bauten der Inneren Neustadt“ von 2010 sehr empfohlen, dort erklärt sich alles und es zeigt den enormen Verlust, den der triste leere heutige Zustand zeigt.
Da es gar nicht um „die Eigentümer“ (das ist ja nur die Vonovia und die Stadt) und um ein unterstelltes „Profitstreben“ im Bürgerbegehren geht, sind deine Sichtweise populistisch. Es geht doch auch nicht um dieses falsche Zerrbild eines „Zubauens“ oder „Nachverdichtung“, da es sich hier um den Kernbereich des Stadtzentrums handelt, welcher nach dem Krieg nur durch diese Kulissen-Schrankwände der banalsten Plattenzeilen verstellt und zerwirkt wurde.
Es geht um die hier noch mögliche Rückgewinnung von Stadtqualität mitten im zentralsten Bereich und an der Hauptachse der Stadt. Und es geht um die Gefahr daß unsere Verwaltung eher noch einen Post-, Wiener- oder Straßburger Platz hier ergaunert.
Alle, die letztlich eine große Wiese mit Bäumen als üblich und wünschenswert in einem Stadtzentrum halten, argumentieren doch schizophren, mal davon abgesehen daß hier alles drumrum an weiten Parks und Elbwiesen grün ist und grün bleibt. Stadt ist nunmal Stadt, hier wird sehr viel Raum für Leere und Unlebendigkeit vergeudet – das ist unökologisch. Wer so spricht, müßte auch alle anderen „Verdichtungen“ der ganzen Stadt abreißen wollen, denn Menschen wohnen und leben für jene offenbar ohne Gebäude und Infrastruktur. Echt krank, aber in Dresden immer wieder üblich.
Wollen wir ernsthaft diese einst herrliche und hochqualitative Platz- und Stadtraumanlage vergeuden und unser Zentrum weiter der Dysfunktionalität und Häßlichkeit preisgeben? Die „Neustädter Freiheit“ agiert als Splittergrüppchen unlauter, wenn sie alle ihre so schönen DDR-Standardplatten taktisch in einen Topf wirft, anstatt die wertige Hauptstraße vom Problemkind Nst. Markt und dessen Fächern zu trennen. Die Platten am Platz waren und sind nur Kulisse – also auch „Disneyland“ vor großen Brachen und Verwerfungen dahinter. Das Kolloquium der „Freiheit“ im Herbst erfüllte nicht seinen Zweck, die Debatte um Gewährung von über 5000 € für diese Werbeofferte aus Bezirksbürgergeldern war richtig, leider haben es die Bezirksräte doch durchgewunken.
Jetzt geht es darum, daß der im Wettbewerb festgestellte mehrheitliche Bürgerwille und die gute Entwurfsgrundlage eben kurzgesagt gegen die Beamtenstadt samt mancher dogmatisch-abgehobener Expertokratie durchgesetzt wird. Ein genuin sehr löbliches Unterfangen. Daher sollten möglichst viele, denen ihre Stadt nicht völlig Wumpe ist, nun beim Begehren unterschreiben.
@Amtsmann Horst
Da es vielleicht hier den Rahmen sprengt und unsere gegenteilige Sicht ja hinlänglich erkennbar sein sollte, möchte ich vielleicht nur auf einzelne Punkte eingehen und/oder diese ergänzen. Die Eigentumsverhältnisse der Grundstücke sind durchaus von Interesse, da es eben nicht so ist, dass die alle der Stadt gehören. So sind fast alle Flächen südlich der Großen Meißner Straße nicht Eigentum der Stadt Dresden, ebenso nicht die Innenhöfe der Flügelbauten. Letztere gehören vermutlich Vonovia, was aber letztlich egal ist, auf jeden Fall kommen hier privatwirtschaftliche Interessen ins Spiel. Wenn man sich alte Stadtpläne und die darauf basierenden Visualisierungen ansieht, dann war das Gebiet dicht bebaut mit engen Gassen. Beispielhaft nenne ich mal die Heinrichstraße/Rähnitzgasse. Sorry, aber die Kreuzung hat für mich ungefähr ähnlich viel Lebenqualität wie das überbaute Wiener Loch. Und bei Letzterem kann man im Sommer auch unmittelbar erleben, was Klimaveränderungen mit sich bringen. Was die Innenhöfe der Flügelbauten betrifft, so geht es mir darum nicht, sondern um den Neustädter Markt an sich und dessen Bebauung in Richtung Elbe. Und genau da sollte man sehr überlegen, ob man Fakten schafft (durch eine Wiederherstellung der historischen Bebauung von vor 80 Jahren?!) oder die bis heute wohl einmalige historische Chance nutzt, diese Flächen neu zu gestalten. Und nein, es geht nicht um das Beibehalten der heutigen Situation. Weder den Biergarten, die verschiedenen Parkplätze oder die mehrspurige Straße halte ich in heutiger Form für sinnvoll.
Zur Beurteilung für die „einst herrliche und hochqualitative Platz- und Stadtraumanlage“ empfehle ich an der Stelle die Deutsche Fotothek. Mir persönlich gefällt da die Vorstellung einer wenigstens stellenweise grünen Innenstadt, gern auch mal nur mit Solitärbauten, deutlich besser. Es geht mir nicht darum, die bestehenden Gebäude abzureissen, sondern genauer zu überlegen, wie weit man eine Verdichtung innerstädtisch vorantreibt.
Die Folgen des 2. Weltkrieges und der allgegenwärtige Mangel in der DDR haben uns die Chance gegeben, bis heute Teile der Stadt neu zu gestalten. Dies dann darauf zu beschränken, den Stand vor 80 Jahren wiederherzustellen, halte ich für nicht sinnvoll. Wenn ich auf einen Stadtplan von vor 1945 schaue, dann sehe ich da nicht eine Stadt, die nach heutigen Vorstellungen (und Notwendigkeiten) die größtmögliche Lebensqualität für ihre Bewohner bietet. Vielmehr war es eine Stadt, die über Jahrhunderte entstanden ist und in vielfacher Hinsicht alles andere als ideal war. Warum also diesen Stand wiederherstellen und nicht, unter Berücksichtigung der heutigen Bebauung, ein zeitgemäßes neues Bild schaffen? Projekte wie Stella oder Hundertwasser hätten Dresden gut getan, vielleicht findet sich ja etwas in der Art für das Areal zwischen Blockhaus und Ministerium?
@Amtsmann Horst
Wer über ein Denkmalgeschütztes Gebäude/-Platz-Ensemble als hässliche Kulissen-Schrankwände der banalsten Plattenzeilen verunglimpft handelt für mich vielmehr populistisch als jemand, der Zeitgenössische Architektur mit einer Fernsehkulisse (=Disneyland) gegenüberstellt. DDR-Architektur unter Schutz zu stellen ist so absolut gar nicht populär. Verschreit der Volksmund diese doch viel zu vorschnell als hässlich. Dass sie auch einen politischen Bezug in ihre Zeit hatten möchte ich gar nicht infrage stellen. Genau das macht sie ja so spannend. Ich habe in den letzten Jahren den Erhalt dieser Architektur sehr zu schätzen gelernt. Wäre es doch sonst so, als würden wir diesen Teil unserer Vergangenheit völlig leugnen. DDR-Platten gehören genauso zu Dresden, wie Barocke Bauwerke. Was wir in diesen Entwürfen sehen sind nur keine. Das hat Stefan E. Sehr gut herausgestellt.
…sollen die Plattenbauten an der Hauptstraße für den Entwurf weichen, oder geht es hier darum freie Flächen neu nach altem Vorbild zu fassen, so dass durch Neubauten der Platz gefasst wird, ohne Abriss der z.T. gut überarbeiteten WBS70…?
(Sorry, hatte mich bis jetzt nicht in Pläne dazu reingelesen..)
@Amtsmann Horst: Dein Name und dann gegen eine vermeintliche „Beamtenstadt“ wettern – genau mein Humor. Dass der Neustädter Markt ein Ort der Lebendigkeit sein soll, kann auch nur jemand behaupten, der da offenbar noch nie live vor Ort war. Da schieben allenfalls nen paar besserbetuchte Renter*innen (Kurt ja nun nicht mehr) nen Rollator rum. Sollen sie ruhig, aber das muss jetzt nicht mit irgendwelchen Pseudoargumenten (Dysfunktionalität – hahaha…) auf jede freie Fläche ausgedehnt werden. Wenn hier was fehlt, dann ein amtliche Pumptrack. Und im Übrigen gilt: Wer krank als „Analyse“kategorie in politischen Fragen nutzt, hatt ja wohl nicht alle Latten am Zaun.
@Lars:
Nach dem Stadtratsbeschluss soll die südliche Straßenseite der Großen Meißner Straße kleinteilig bebaut werden. Eine Bebauung des Neustädter Marktes rund um den Goldenen Reiter, wurde mit dem Beschluss erst einmal zurück gestellt.
Die Platte bleibt. Möglicherweise gibt es einen kleinen Durchbruch.
Die eigentliche Intuition der Gegner der gesamten Neufassung, oder besser Wiederherstellung der Neustädter Elbseite vom Carolaplatz bis zum Palaiplatz konnte ich bei der Präsentation der Wettbewerbsmodelle miterleben.
Da beschwerten sich die derzeitigen Anwohner lautstark :“Die wollen uns unsere Parkplätze wegnehmen“, weil im Bereich des Parkplatz Sarrasanistraße ein Haus geplant war. Offensichtlich fühlen sich manche auf Plätzen wohl, die wie in der Stalinära als Aufmarschgebiet nutzbar sind.
Auch die Ablehnung der Bebauung der rechts und links des eigentlichen Neustädter Marktes kommt daher, denn dann wäre ja plötzlich ein Haus vor meiner temporären Mietwohnung.
Und natürlich sind die Plattenbauten nur Potemkinsche Dörfer, das stellt man spätestens fest, wenn man sich den brachenähnlichen Rieseninnenhof zwischen Hauptstraße und Albertstraße anschaut. Da ist Lebensqualität Null. Aber selbst diese Trostlosigkeit treibt die Bewohner nicht auf die Stühle um die Betonbrunnen vor die Häuser. Die derzeitige Aufenhaltsqualität wird sich auch mit bisschen Wasser aus drn Brunnen nicht bessern.
Übrigens gehören die Hauser im westlichen Bereich des Platzen (ab Rähnitzgasse bis Palaisplatz) der Bundesrepublik Deutschland. Und die hat keinerlei Interesse an Sanierierung ihrer schlechten Bausubstanz (dort kann eine Katze zwischen den Plattenspalten rumturnen).
Wenn das soll erhaltenwert sein soll, dann fällt mir nur das Wort „kulturlos“ ein.
Wer Plattenbauarchitektur sehen will kann nach Gorbitz oder Prohlis fahren. Die Befürworter dieser Architektur können den Reisegruppe gern Rundfahrten durch diese Stadtbezirk anbieten. Im Zentrum haben Plattenbauten keine Berechtigung.
Der Denkmalschutz sollte vielleicht nach Gorbitz oder Prohlis umgesiedelt werden um näher an seiner geliebten Architektur zu sein.
In dem Bürgerbegehren steht, dass die Bundesstraße unter Denkmalschutz gestellt wurde. Mal abgesehen davon, dass die B170 perspektivisch aus der Innenstadt heraus verlegt werden soll, was genau wurde da unter Denkmalschutz gestellt?
Was die Bebauung angeht bin ich hin- und hergerissen. Einerseits finde ich die Weite des Platzes ganz reizvoll, finde aber andererseits die Plattenbauten weder sehens- noch erhaltenswert. Man sollte den Platz viel mehr aus klimatischer Perspektive sehen. Der Neustädter Markt ist bereits jetzt ein Bereich mittlerer Überwärmung (3 bis 4 Grad) bis hoher Überwärmung (4 bis 5 Grad), siehe https://stadtplan.dresden.de/?permalink=uQgAbl3 . Eine zusätzliche Bebauung dürfte die Situation nicht verbessern. Was mir auch wichtig ist, dass der Elberadweg ordentlich an die Augustusbrücke angebunden ist. Ist das in den Planungen berücksichtigt? Was passiert, wenn das Bürgerbegehren scheitert, wird dann der aktuelle Status mit der vierspurigen Straße zementiert? In dem Fall würde ich evtl. doch mitzeichnen, denn die aktuelle Straße zerschneidet den Neustädter Markt unnötig.
P.S.: Hier kann man sehen welche Flurstücke im Besitz der Stadt Dresden sind: https://stadtplan.dresden.de/?permalink=jRhxcqX
@Andreas: Auch wenn Du es nicht so siehst, ich bin mir sicher, dass man sich seinerzeit viele Gedanken gemacht hat, wie man das Gebiet späteren Straße der Befreiung gestaltet. Und ja, man hat es im Stil der damaligen Zeit gestaltet. Nun war es nach der Wende ja schon sehr wichtig, den Namen der Straße rasch zu tilgen (warum eigentlich?) und heute sollen am Liebsten die Gebäude auch verschwinden oder zumindest der Blick darauf verbaut werden. Vielleicht sollten wir ab und an ein wenig mehr Respekt vor den Menschen und deren Lebensleistung haben, die den Großteil ihres Lebens im vergangenen Jahrhundert verbracht haben. Und wenn es nur der Respekt vor den Bauwerken dieser Zeit ist. Auch wenn es Dir nicht gefällt, auch diese Gebäude repräsentieren die Architektur unserer Stadt.
Eine sinnvolle Neugestaltung des Neustädter Marktes steht und fällt meiner Meinung nach mit einer Neugestaltung der Meißner Strasse. Ohne Reduzierung der Breite um je eine Fahrspur und eine deutliche Reduzierung des Verkehrs dort wird der Platz niemals echte Aufenthaltsqualität und „Urbanität“ entwickeln können, da hilft auch keine Architektur, ob historisch oder nicht – es wäre letztlich nur Kosmetik, die am Grundproblem nichts ändert.
Die ehemalige städtebauliche Nord-Südachse wird massiv durch diese Quasi-Stadtautobahn zertrennt (auch die Autofreiheit der „neuen“ Augustusbrücke hat so keinen echten Sinn), und daran ändert halt auch ein neues Narrenhäusel nichts.
Wer noch ein paar Argumente aus Sicht von Heiko Lieske, Mitstreiter der Neustädter Freiheit, hören mag, kann das hier tun:
https://www.freie-radios.net/113999
(Der Beitrag ist differenzierter als es die mir etwas polemisch geratene Beschreibung vielleicht vermuten läßt ;-)
Klassisches Scheinargument: Die Große Meißner Straße sei unter Schutz gestellt worden, und daher für alle Zeiten so festgeschrieben. Das ist erstens sachlich falsch und zeugt zweitens von völliger Unkenntnis der Abläufe im Umgang mit denkmalgeschützter Substanz. Geschützt ist in erster Linie der Platz bzw. dessen Entwurf aus den 1970er Jahren. Der Entwurf greift über die Straße hinweg bis an die Grünflächen heran (dort, wo heute der Biergarten ist. Es ist also keineswegs explizit die Straße unter Schutz gestellt, sondern vielmehr der gesamte Freiflächenentwurf des Platzes.
Und wer sich schon mal auch nur ansatzweise mit dem Denkmalschutz auseinandergesetzt hat, könnte erfahren haben, dass es darum geht, die historische Substanz so zu bewahren, dass sie Zeugnis von früheren Zeiten ablegt und zugleich behutsam heutigen Bedürfnissen angepasst wird. Der Denkmalschutz verlangt nicht, dass die Bewohner von Gründerzeithäusern Klos auf der halben Treppe nutzen müssen und kein Badezimmer haben dürfen, mal als Analogie. Die Straße kann also durchaus verändert werden.
Die Stadtverwaltung als „Gauner“ zu bezeichnen, wie weiter oben geschehen, legt vor allem Zeugnis über denjenigen ab, der das tut.
Interessant ist auch der Beitrag auf das Neue Dresden zur Hauptstraße (ehem. Straße der Befreiung) und dem Neustädter Markt. Da wird schon recht gut deutlich, dass es nicht völlige Planlosigkeit war, was man da zum 30. Jahrestag der DDR geschaffen hat, sondern sehr wohl durchdacht. Und das unbestrittene Problem der großen Straße löste man mit einem Fußgängertunnel. Der hat dann auch viele Jahre seinen Zweck gut erfüllt, aber wir mussten ihn schnell zukippen, bevor wir einen wirklich Plan B hatten. Interessant ist auch der Titel der Skizze des Landschaftsarchitekten Günter Kretzschmar, der für die Freiraumgestaltung zuständig war, er lautet „Grüne Räume in der Stadt“. Unsere Antwort darauf lautet, mehr als 40 Jahre später, Wiederherstellung der historischen Struktur von vor 80 Jahren? Sah dann ungefähr so aus. OK, wir malen die Häuser schön bunt an (waren die meisten früher übrigens nicht, die waren dem industriellen Zeitalter farblich angepasst), aber Platz für grüne Räume bleibt da wenig. Wer es nicht glaubt, kann sich ja gern den Neumarkt und Umgebung als Luftbild anschauen. Nicht erst in 40 Jahren wird man uns da wohl zurecht fragen, ob und was wir uns dabei gedacht haben …
Sehe es genauso wie Stefan E. Der offene Charakter sollte erhalten bleiben. Wobei das Narrenhäusel aus dem Entwurf find ich super. Und wer sich hier über stalinistische Architektur aufregt (die gab es in den 70ern gar nicht mehr), der darf gerne wieder in eine Stadt der Adenauer und -später Arä ziehen, dort sieht man, dass sich überhaupt keine Gedanken gemacht wurden. Und was soll das, Grünflächen/ Parks neben dem jap. Palais und am Hotel Bellevue zuzubauen? Viele Gäste in Dresden freuen sich über die weiten offenen Straßen oder Fußgängerzonen, die natürlich nicht historisch sind, aber durchaus gefallen. Das die Hauptstraße , Albertplatz und Neustädter Markt in den letzten 10-15 Jahren derart verkommen sind, da nichts an der Bausubstanz und deren Erhaltung getan wurde, insbesondere nach Übergang vieler Häuser zu einem Bochumer Konzern, hat ja nix mit der grundsätzlichen Planung und Architektur zu tun. Heute bin ich froh, dass es in den Platten, schön saniert, in bester Stadtlage (nicht Prohlis oder Gorbitz) noch bezahlbaren Wohnraum gibt. Noch mehr Wohnungen für 15-16€ der qm brauchen wir nicht.
@Schutzverband pro Brache dennoch werden die alten plattenbauten nicht mal ansatzweise so lange halten wie ältere historische Gebäude, in spätestens 50 bis 70 Jahren werden diese Gebäude abgerissen werden müssen da die Bausubstanz dann nichts anderes mehr zulässt. Ich verstehe deinen Punkt sehr gut das man die Vergangenheit dadurch vieleicht zu schnell vergisst aber man sollte nicht immer nur in der Vergangenheit leben sondern auch mal in die Zukunkft blicken und vorallem was Dresden angeht wollen wir glaube ich alle das Dresden lebenswert und immer schöner wird. Deshalb finde ich den Entwurf zur Neugestaltung auch so schön da ich denke das dieser platz durch diese neuen Gebäude viel harmonischer wird als zuvor.