Mächtig ragt das Gebäude an der Archivstraße gen Himmel. Schwarzer Sandstein, spiegelnde Scheiben, angedeutete griechische Säulen. Die Erbauer des Hauses haben ihm vor mehr als 100 Jahren eine mächtige Ausstrahlung mitgegeben. Als Besucher fühle ich mich klein. Das Gefühl weicht auch nicht beim Betreten, schier endlos hoch scheint das Atrium, das gläserne Dach gibt den Blick zum Himmel frei.
Ich bin im Archiv – also genauer im Hauptstaatsarchiv an der Archivstraße. Am kommenden Sonnabend, 5. März, ist bundesweit der „Tag der Archive“ und unter anderem das Hauptstaatsarchiv öffnet sich für Besucher*innen. In diesem Jahr pandemiebedingt digital.
Was wird eigentlich im Haupstaatsarchiv gelagert?
Professor Peter Wiegand öffnet die Tür lächelt freundlich und hat unterm Arm – eine Akte natürlich. Er führt mich in den altehrwürdigen Lesesaal. Der Raum erinnert mich an die alte Landesbibliothek, die sich einst oberhalb der Stauffenbergallee befand. „Mit einer Bibliothek werden wir gern verwechselt“, sagt Wiegand. Aber die Aufgabe eines Archivs sei eine andere.
„Wir lagern und sichern die Akten des Staates“, sagt er. Das reicht von Ministerien über den Landtag bis zu Behörden und der Justiz. „Wenn im Parlament zum Beispiel ein Gesetz diskutiert wird, entsteht daraus eine Akte – und nach einer Weile wird die geschlossen“, erklärt Wiegand. Die Behörden sind dann verpflichtet, nach einer gewissen Zeit, meist zwischen zehn und 20 Jahren, diese Akten dem Staatsarchiv zu übergeben und dann wird aussortiert. „Rund ein Prozent der Akten heben wir auf, der Rest wird vernichtet“, sagt Abteilungsleiter im Sächsischen Staatsarchiv.
Die Auswahl übernehmen die Archivar*innen, sie sortieren nach gesellschaftlicher und politischer Relevanz. 30 Mitarbeitende gibt es allein hier in Dresden, in ganz Sachsen sind es 120. Aktuell geht es hauptsächlich um Papier-Dokumente, die werden in kleinen Pappkartons gelagert und katalogisiert. Seit 2013 gibt es das elektronische Staatsarchiv. „Das Papier wird künftig weniger, da die Behörden nun auf die elektronische Akte umstellen, dann werden wird digital archieren“, sagt Wiegand.
Dann führt er mich in den Keller. Hier ist es angenehm kühl. „18 Grad, beste Lagertemperatur“, sagt er und zeigt auf meterhohe und meterlange Regale. Wir sind jetzt im neuen Anbau an der Ecke zur Erich-Ponto-Straße. Auf neun Etagen werden hier Akten gelagert. Es ist noch Platz für weitere 15 Jahre Akten.
Wiegand dreht an einem Kurbelkreuz, das Regal bewegt sich. Er greift eine Kiste heraus. „Das hier sind zum Beispiel Akten, die das Ministerium für Staatssicherheit aus dem NS-Archiv gesichert hatte“, sagt er. Insgesamt befinden sich in den Magazinen des Archivs mehr als 100.000 Regalmeter Akten und Amtsbücher. So drücken die Archivare die Menge aus. Für einen Regalmeter sind zehn solcher Kartons überneinander gestapelt. Das elektronische Archivgut ist mit etwas mehr als 2,5 Terrabyte noch vergleichsweise klein.
„Unser ältestes Dokument ist schon älter als Dresden“, sagt er. Das ist ein Schreiben des Domkapitels Meißen und stammt aus dem Jahr 948 – natürlich ist auch die urkundliche Ersterwähnung Dresdens vom 31. März 1206 archiviert. Passend wurde mit dem Neubau zur Archiverweiterung ziemlich genau 800 Jahre später begonnen.
Warum wird archiviert?
Mit dem Archiv soll staatliches Handeln transparent werden. Immerhin kann man, wenn auch mit einigen Jahren Verzögerung dann nachlesen, wie es zu welcher Entscheidung gekommen ist. Außerdem soll das Staatsarchiv private Rechte sichern. „Darüber hinaus bieten wir die Grundlage für die historische Forschung“, sagt Wiegand, der selbst Geschichte studiert hat. „Jedermann hat das Recht, das Archiv zu benutzen“, sagt er. Das ist im Archivgesetz geregelt.
Hauptsächlich würden Historiker*innen und Heimatkundler*innen das Archiv nutzen. Aber manchmal kommen auch Privatpersonen, um in der Familien-Vergangenheit zu recherchieren. Immerhin zähle das Staatsarchiv zu den meistbesuchten Archiven in Deutschland und unterstützt zahlreiche museale Sonderausstellungen im In- und Ausland mit Leihgaben.
Eine Übersicht über die Bestände des Archivs bietet das Online-Informationssystem SAX.Archiv (www.archiv.sachsen.de). Dort können aktuell ca. 71 Prozent des elektronisch erfassten Archivguts (ca. 4 Millionen Archivalien, davon im Hauptstaatarchiv ca. 1,50 Millionen) online recherchiert werden. Etwa sechs Prozent des Papierbestands sind bereits digitalisiert.
Sächsisches Staatsarchiv präsentiert sich zum »Tag der Archive« am 5. März 2022
Gerne hätte Wiegand auch am kommenden Sonnabend wieder die Türen für Besucher*innen geöffnet. „2020, wenige Tage vor dem ersten Lockdown hatten wir geöffnet und rund 400 Leute haben sich das Haus angesehen“, sagt er. In diesem Jahr öffnen die teilnehmenden Archive digital ihre Pforten und laden unter dem Thema »Fakten, Geschichten, Kurioses« zu einer spannenden Entdeckungstour durch die Welt der historischen Quellen ein.
Diese Online-Termine werden über den Webkonferenzdienst Webex realisiert. Interessierte haben die Möglichkeit, mittels Link über die Website des Staatsarchivs teilzunehmen. Zum Angebot gehören virtuelle Hausführungen, Recherchetipps, Hinweise zur Familienforschung, die Einführung in die Arbeit mit archivalischen Quellen, wie Karten, Urkunden und Gerichtsbücher, und vieles mehr. Archivarinnen und Archivare des Staatsarchivs stehen außerdem für Fragen zur Verfügung.
- Anmeldung und weitere Infos unter archiv.sachsen.de
2,5 GB für das bisherige elektronische Archiv ist ja aus IT-Augen praktisch nichts. Kann jemand sagen, wie viele Akten das sind und ob das dann als Text oder Bilddatei gespeichert wird?
Bei reinem ASCII Text in sw bei 80 Zeichen pro Zeile und 60 Zeilen pro Seite wären das 5kB pro Seite. Ca. 500.000 Seiten wären dann 2,5GB.
Laut Statistik des Archivs befinden sich im Hauptstaatsarchiv: 611 Archivinformationspakete, die eine Datenmenge von 2.527 GB betragen. Ich bitte um Entschuldigung. Die usrsprüngliche Angabe von 2,5 GB ist falsch. Ich hab den Punkt für ein Komma gehalten. Es sind natürlich 2,5 TB. Meines Erachtens für ein solches Archiv immer noch wenig. Zumal es sich eben nicht nur um reinen Text handelt.