Wie die Stadtverwaltung heute mitteilt, hat sie der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e. V. (GHND) bereits im Juli gesagt, dass: „die vorgeschlagenen Fragestellungen als unzulässig anzusehen sind“. Die GHND hatte einen Bürgerentscheid zur Gestaltung des Platzes rund um den Goldenen Reiter angestrebt.
Mit der Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass vom Königsufer/Elbseite ausgehend die 2019 unter breiter Bürgerbeteiligung entstandenen Wettbewerbsergebnisse (Stadtratsbeschluss V3266/19) verwirklicht werden, die sich am schönen städtebaulichen Zustand vor der Zerstörung orientieren?“ hat die Gesellschaft seit Mitte Februar Unterschriften für ein Bürgerbegehren gefragt. Dafür hatte die Gesellschaft auch umfangreich plakatiert.
Gestern nun hat die Linke eine Anfrage von André Schollbach und die Antwort der Stadtverwaltung dazu veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: „Die abschließende Zulässigkeitsprüfung erfolgt erst in Vorbereitung der Beschlussvorlage für den Stadtrat.“ Eine erste Vorprüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei jedoch bereits erfolgt. Diese ergab, dass das Bürgerbegehren nicht den Vorgaben der §§ 24, 25 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO) entspreche und deshalb unzulässig sein dürfte.
Kritik von der Linken an Stadtverwaltung
Linken-Stadtrat Tilo Wirtz, Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften erklärte dazu: „Während man über die Fehler bei der Aufstellung des OB-Kandidaten Hilbert großzügig und nachsichtig hinweggesehen hat, nimmt man es nun offenbar recht genau. Das wirkt befremdlich.“ Der „Noch-Oberbürgermeister“ versuche das Bürgerbegehren auf das tote Gleis zu leiten, so Wirtz und stellt fest: „Der Stadtrat raufte sich zusammen und einigte sich, während die Verwaltung zerstritten scheint. Jedes Amt zerrt in eine andere Richtung.“
In der Sächsischen Zeitung zeigt sich die GHND entsetzt, man habe im Vorfeld des Bürgerbegehrens dem Bürger- und dem Rechtsamt der Stadt verschiedene Fragestellungen vorgelegt. Daraufhin habe es Hinweise gegeben, die dann eingearbeitet wurden, so der Vorstandsvorsitzende der GHND, Tosten Kulke. Eine Anfrage vom Neustadt-Geflüster blieb bislang unbeantwortet.
Die Pressemitteilung der Stadtverwaltung nimmt offenbar auch Bezug auf diesen Artikel. Wörtlich heißt es: „Bereits im Vorfeld der offiziellen Anzeige bei der Stadtverwaltung gab es eine umfangreiche Kommunikation zwischen Vertretern des Vereins und Mitarbeitern der Stadt, unter anderem des Bürgeramtes und des Rechtsamtes. Die Bediensteten der Stadtverwaltung erörterten dabei ihre Bedenken zur Zulässigkeit ausgiebig mit Vertretern des Vereins.“
Dabei hatte das Bürgeramt unter anderem mitgeteilt, dass die „…vorgeschlagenen Fragestellungen als unzulässig anzusehen sind, da sie den formalen Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 SächsGemO nicht entsprechen und ein Bürgerentscheid, der Einzelheiten einer bauplanungsrechtlichen Abwägungsentscheidung vorwegnehmen soll, mit § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SächsGemO unvereinbar wäre. […]“. Außerdem habe man die Vertreter des Vereins seit 2021 mehrfach darauf hingewiesen, dass das Rechtsamt nur die Stadtverwaltung intern berät und keine Rechtsberatung gegenüber Externen leistet.
Stadtrat muss entscheiden
Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet letztlich der Stadtrat. Dies ist erst möglich, wenn die GHND mindestens 27.000 gültige Unterschriften vorlegt. Das Ziel scheint offenbar noch nicht erreicht, denn Mitte April hatte die Gesellschaft die Sammlung der Unterschriften verlängert. Ursprünglich war der Plan, den auf das Bürgerbegehren folgenden Entscheid parallel zur Oberbürgermeister-Wahl durchzuführen.
Die Fragestellung der GHND ist etwas verwirrend. „Sind Sie dafür, dass vom Königsufer/Elbseite ausgehend die 2019 unter breiter Bürgerbeteiligung entstandenen Wettbewerbsergebnisse (Stadtratsbeschluss V3266/19) verwirklicht werden, (…)? Plakatiert wurde dabei unter anderem mit einer Visualisierung, die eine Bebauung des Platzes um den Goldenen Reiter herum vorsieht (auf der Seite der GHND als PDF).
Tatsächlich sah der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs eine Bebauung vor (Entwurf als PDF). Der Stadtrat hatte aber die Bebauung des Platzes erst einmal zurückgestellt (Punkt des Stadtratsbeschlusses – hier als PDF). Auch die Gestaltung der anderen Straßenseite stellte sich der Stadtrat anders vor, als in dem Siegerentwurf. Unklar ist nun, ob mit dem Bürgerbegehren auf den Stadtratsbeschluss oder den Siegerentwurf abgezielt werden soll.
Kritik von der Initiative Neustädter Freiheit
Zum Zeitpunkt des Beginns der Unterschriftensammlung kritisierte die Initiative Neustädter Freiheit, die unter anderem eine Tagung zum Thema durchgeführt hat, die GHND. So würde die Gesellschaft mit ihrer Darstellung in die Irre führen.
Heute sagte die Sprecherin der Initiative, Erika Schmidt, auf Nachfrage: „Das Instrument ‚Bürgerbegehren‘ halten wir für unbedingt wünschenswert. Die korrekte Anwendung des Instruments ist aber unabdingbar!“ Man erwarte von der Stadtverwaltung der Spitze, dass die rechtskonforme Durchführung von Bürgerbegehren in jedem Einzelfall geprüft werde.
Die Initiative engagiert sich gegen eine zunehmende bauliche Verdichtung der Innenstadt, unter anderem wegen der stadtklimatischen Situation.