Zwischen Edelgeschäften, Biergärten und Tattoostudios steht auf der Rähnitzgasse das Kunsthaus Dresden mit seiner barocken Architektur seit 30 Jahren für die Verbindung aus Geschichte und zeitgenössischer Kunst ein. Passend dazu eröffnet diese Woche dort eine neue Ausstellung.
Zerstörung, poetisch ausgedrückt
„While the dust quickly falls“ ist das Werk der Künstlerin Fatma Bucak überschrieben, das sich mit politischer Gewalt im Mittelmeerraum und deren Einfluss auf die Umwelt auseinandersetzt. Bereits der Klimawandel bedroht viele Lebensräume – Konflikte und Kriege beschleunigen die Zerstörung enorm, lassen den Staub noch schneller fallen.
Auf Recherchen in verschiedenen Gebieten, unter anderem in der Türkei, Bagdad und Damaskus, trug die Künstlerin nicht nur Anregungen, sondern auch Materialen zusammen. So entstand beispielsweise ein Mosaik aus Rückständen der Waldbrände, die letztes Jahr in Ostanatolien mehr als 100 000 Hektar Land zerstörten.
Ein anderes Denkmal der Waldbrände in der Türkei, für die Hitze und Dürre, aber auch die Zerstörung des Bodens durch gewaltsame Konflikte zwischen der Regierung und der Kurdischen Arbeiterpartei Verantwortung tragen, ist ein raumfüllender Berg aus Asche. Aus seinem Inneren sind Klänge zu hören: Aufnahmen aus dem verbrannten Boden, aus der Stille. Die Frage, die sie stellen, ist die nach dem Danach.
Heilung und Verwandlung
Überhaupt beschäftigt sich Fatma Bucak viel mit der Suche nach Heilung, für Mensch und Kultur. Mit Verwandlung. Das Mosaik aus Brandresten zeigt einen Baum, der sich auf diese Weise aus seiner eigenen Asche zusammensetzt. Der typografische Druck, der gleich nebenan ausgestellt ist, besteht ebenfalls aus Asche, nämlich der aus kurdischen Büchern, deren Verbrennung auch das Verschwinden der unterdrückten Sprache, der Kultur selbst symbolisiert.
Neben Mosaik, Asche und Druck zeigt die Ausstellung weitere Installationen mit Video, Ton und Siebdrucken, Bronzeskulpturen und lebendige Pflanzen. Eine beeindruckende inhaltliche und ästhetische Vielfalt, für die die aus der Türkei stammende und in Turin und London lebende Künstlerin internationale Anerkennung erfährt.
Bereits 2020 hatte Fatma im Rahmen eines Stipendiums von der Stiftung Kunst und Musik für Dresden mit dem Kunsthaus zusammengearbeitet. Seitdem wurde sie unter anderem vom italienischen Ministerium für Kuturerbe, Aktivitäten und Tourismus gefördert; ihre Werke werden in die ständige Sammlung des Museums für zeitgenössische Kunst in Bologna aufgenommen.
Nun aber sind sie erst einmal zu Gast in der Neustadt. Kuratiert wird die Ausstellung von Kari Conte, die teilweise in Istanbul lebt und somit nicht nur beruflich ins Thema involviert ist. Dieses Wochenende wird sie anlässlich der Eröffnung Führungen geben. Außerdem finden Performances statt, der Eintritt ist frei. Bis Anfang Oktober gibt es dann noch die Gelegenheit, Fatma Bucaks Werke im Kunsthaus zu besuchen.
While the dust quickly falls
- Ausstellung von Fatma Bucak
- im Kunsthaus Dresden, Rähnitzgasse 8
- 10. Juni – 2. Oktober 2022
- Eröffnung: Freitag, 10. Juni, 18 Uhr mit Martina de Maizière (Vorstandsvorsitzende Stiftung Kunst und Musik für Dresden), Fatma Bucak (Künstlerin) und Kari Conte (Kuratorin, New York / Istanbul) sowie Kerstin Flasche (Kuratorin Kunsthaus Dresden) und Christiane Mennicke-Schwarz (Kunsthaus Dresden)
- Eröffnungswochenende 11. & 12. Juni 11 – 19 Uhr, Kuratorinnenführungen jeweils 14 Uhr
- Zur Eröffnung und zum Eröffnungswochenende finden Performances statt. Der Eintritt ist frei! Die Bar mit regionalen Getränken ist geöffnet.