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Wie die Bahn Dresdner Brücken putzt

Marco Schulze ist von dem Gerät begeistert. Kein Dreck, kein Stauben, der Sandstein wird geschont und er braucht noch nicht einmal eine Schutzmaske aufsetzen. Schulze ist Mitarbeiter der DB Services, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn und Spezialist fürs Saubermachen. Normalerweise putzt das Unternehmen Züge und Bahnhöfe, bewirbt sich aber zunehmend auch um andere Aufträge. Für vorerst ein Jahr ist nun die DB Services für Graffiti-Entfernung im Stadtgebiet zuständig.

Marco Schulze entfernt einen Teil der Graffiti.
Marco Schulze entfernt einen Teil der Graffiti.

Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU), der in wenigen Wochen in dem Amt wiedergewählt werden möchte, stellte heute das „Graffitikonzept der Landeshauptstadt Dresden“ vor. Dem vorausgegangen war ein Stadtratsbeschluss, der forderte, dass Graffiti an öffentlichen Flächen schneller beseitigt werden sollen. Der Rat hat nun in diesem Jahr Mittel in Höhe von 150.000 Euro zur Verfügung gestellt und die Stadtverwaltung beauftragt, illegale Graffiti an städtischen Objekten im 26er-Ring und an den Brücken im Stadtzentrum nachhaltig zu entfernen.

Das Gerät strahlt mit hohem Druck gegen die Wand, die dabei abblätternden Farbpartikel werden direkt aufgesaugt.
Das Gerät strahlt mit hohem Druck gegen die Wand, die dabei abblätternden Farbpartikel werden direkt aufgesaugt.

Sittel: Nicht auf Sandstein

Der für Ordnung und Sicherheit zuständige Bürgermeister Detlef Sittel sagt: „Graffiti ist nicht gleich Graffiti“. Eine moderne Großstadt lebe auch von Streetart, aber dies müsse ja nicht an einer solchen Sandsteinbrücke sein. Die kleine Nebenbrücke war 2017 rekonstruiert worden.

„Sandstein ist ein anspruchsvoller Untergrund“, sagt Jens Ehlemann, Bereichsleiter bei DB Services. Wenn sich die Farbe tief in den Sandstein hineinfrisst, ist es sehr schwierig, die wieder herauszubekommen. Klassisches Sandstrahlen schadet dem Sandstein, dabei können Mikrorisse im Material entstehen, dadurch wird es porös. Daher verwenden die Reinigungsprofis ein Granulat aus Nuss-Schalen. Das geht etwas sanfter mit dem Sandstein um.

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Auf ebenen Flächen schaffen die Mitarbeiter rund anderthalb Quadratmeter pro Stunde. Auf groben Untergrund ist die Reinigung schwieriger. Ehlemann zeigt auf ein Stück Sandstein, das seine Mitarbeiter eine dreiviertel Stunde bearbeitet haben. Der Schriftzug ist jetzt nicht weg, nur blasser.

Bereichsleiter Jens Ehlemann von DB Services erläutert die Wirkung der Reinigungsgeräte. Der untere Schriftzug wurde rund eine dreiviertel Stunde bearbeitet.
Bereichsleiter Jens Ehlemann von DB Services erläutert die Wirkung der Reinigungsgeräte. Der untere Schriftzug wurde rund eine dreiviertel Stunde bearbeitet.

Ehlemann, der in Dresden auch für die Reinigung von Bahnhöfen zuständig ist weiß jedoch, gegen Graffiti hilft nur konsequente Entfernung. Dann würden die Sprüher irgendwann die Lust verlieren. Für Sittel ist das jetzt eine Testphase. „Wir wollen die Effektivität überprüfen“, sagt der Bürgermeister.

Hintergrund

Die Polizei hat in Dresden im Jahr 2020 2.142 Straftaten in Zusammenhang mit illegalem Graffiti ermittelt. Johannes Schulz vom Kriminalpräventiven Rat Dresden erläutert, dass dies nur das sogenannte Hellfeld beträfe. Zahlreiche Graffiti würden gar nicht angezeigt und finden damit nicht den Weg in die Statistik. Jedoch verzeichnete die Polizei eine Zunahme gegenüber 2019 um mehr als 20 Prozent.

Die kleine Nebenbrücke der Albertbrücke ist voller Graffiti.
Die kleine Nebenbrücke der Albertbrücke ist voller Graffiti.

Allein der Landeshauptstadt Dresden entstanden im Jahr 2020 Kosten in Höhe von 86.119,04 EUR durch die Entfernung von illegalem Graffiti. Neben den Brücken an der Elbe ist augenscheinlich die Äußere Neustadt betroffen. Gleichzeitig hat sich Graffiti aber auch als Kunstform der Urban Art in der Kunstszene Dresdens etabliert.

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Zahlreiche Graffiti-Projekte werden dabei beispielsweise durch die Stadtbezirksförderung unterstützt. Neben vielen freien Künstlern tragen zahlreiche Initiativen und Vereine dazu bei, Graffiti insbesondere jungen Menschen als legale Ausdrucksform nahezubringen. Aus kriminalpräventiver Perspektive wird dieser Ansatz durch die über das gesamte Stadtgebiet verteilten legalen Sprühflächen (Legal Plains) intensiv unterstützt.

12 Kommentare

  1. Soweit der Sachstand schon seit Jahren, das Thema aber entfaltet sich im Detail:
    1. das Schulze-Verfahren gibts schon länger, aber es schafft nur kleine Flächen. Daher wirds spannend, wie es nun geschafft werden soll …
    2. u100T€ Geld sind für ’ne Großstadt fast wie nix – ergo wurde bisher de facto kaum was gegen Graffity unternommen/finanziert …
    3. 150T€ jetzt für 2022 – immerhin, ok …, aber das halbe Jahr ist rum und dieses Schulze-Verfahren schafft nur wenig Flächenmenge. Was geht sonst so?
    4. das neue „Konzept“ bringt erwartungsgemäß nix Neues, man hat keinen echten Befassungswillen bzw Personal hierfür, also auch keine Strategie. LHD mit dem Material Sandstein ist zugegeben aber auch echt blöd dran mit diesem Problem.
    5. Die DB-Station läßt über DB-Service lediglich die Zugänge und Treppen alle S-Bahn-Stationen reinigen bzw. meist einfachst weißen. Schon knapp daneben zieht sich über Kilometer die übliche Schmier-Schmuddel-und-Müllkippe des DB-Bahnkorridors schön durch die ganze Stadt.
    6. Wo gibts das neue „Konzept“ denn im Wortlaut? Wir wollen uns (gern mit Graffityfan HaJo CDU-Brauns) schlappi lachen …
    7. der „kriminalpräventive Ansatz“ des Entgegenkommens bringt es bisher leider zu immer höheren Vandalismuszahlen, das mag keiner gerne aussprechen …
    8. nochmalige Hot-Spot-Findung (man bräuchte ja nur jetzt schon die Augen zu öffnen) sowie Bestreifung mit Poldi nützt nix! Wo bleibt die KI – z.B. in Form von Wärmebild-Detektoren an Brückenmasten. Die Schmier-Honks legen meist deep in the night los, und nur wenn kein Poldi rumstreift.
    9. es gibt aktuell neue Verfahren auch von (flächigerer) Sandsteinreinigung, das müßte man mal den Verantwortlichen zutragen, zudem könnte es eine Schutzschicht geben ohne die wir in DD sonst kaum vorankämen …
    10. m.E. stammt viel der mißbräuchlichen Schmiermittel (also z.B. auch jene Stifte) aus solchen sehr seltenen Läden wie den Supreme-Shop an der Alaunstraße. Also auch hier der übliche deutsche Kindergarten: Gewinne privatisieren – Schäden sozialisieren! Man gehe mal auf bestimmte Brachflächen, dort liegen abertausende Dosen dieses Shops als Müll in der Natur.
    11. das Thema ist komplex, Punkt 11 hab ich grad vergessen …
    12. wer bis hierhin las, gehört zum besseren Teil der Menschheit.
    13. an alle Schmier-Bubis da draußen: lernt euren Sandstein zu lieben! Amen.

  2. Poah, wer mal erlebt hat, wie langsam, beschwerlich und laut oben dargestellte Methode „funktioniert“ kann (die Begeisterung von) Marco Schulze (s.o.) nicht ernst nehmen. Wie viel schafft man so pro Tag? 2 Quadratmeter? Drei?

    Moment, es steht ja sogar im Artikel: „Auf ebenen Flächen schaffen die Mitarbeiter rund anderthalb Quadratmeter pro Stunden.“ – Gemeint sind wahrscheinlich 3 Mitarbeiter pro vier Stunden. =)

  3. @Torsten: Laut kann ich nicht bestätigen. Da ist es mit Graffitti-Ex lauter. Ob das schneller geht, kann ich nicht beurteilen. Die Geschwindigkeit hängt im wesentlichen vom Untergrund und der Farbe ab. Manche Farbe geht leichter raus. Und umso glatter der Sandstein, umso einfacher geht es ab. Die anderthalb Stunden sind ein Durchschnittswert.

  4. 150.000 € mögen viel klingen, aber selbst eine WEG-Anlage in der Neustadt mit 15 Eingängen hat im Wirtschaftsplan 10.000 € p.a. stehen. Es möge daraus jede selbst die Ernsthaftigkeit des Stadtratbeschlusses ableiten.

  5. Die massenhaften SGD-, Dynamo-, Antifa-Area-, und ähnlichen Tags in unterschiedlichen Farben und Größen als Street-Art zu bezeichnen, ist eine Beleidigung für jeden Graffity-Künstler.

  6. @ Anton: Graffitti-Ex ist meines Wissens keine Methode sondern eine Firma, deren Arbeit mit obigem Gerät ich neulich miterleben durfte. Eine Woche im Hochsommer mit geschlossenen Fenstern im Nachbarhaus und trotzdem dröhnte es wie Sau. Nach einer Woche hatten 2 Pieples 10m² geschafft. Drei Tage später, sah die Fläche aus wie vorher.

  7. Ich finde den Glauben, dass sie Sprayer dir Lust verlieren niedlich. Hier auf der Conradstr. ist es eher ein:“Yeah eine freie Leinwand.“ xD

  8. Update:

    1. Die für Herrn Sittel geweißte linke Wand unter der Unterführung wurde erneut „verschönert“ – es fehlt nur noch die Farbuntersetzung.
    2. Das kleine Mauerstück dort links daneben, welches medienwirksam durch das „Granulatbeschuß- und Absaugverfahren“ „gereinigt“ wurde (siehe viele bunte Bildchen hierzu), zeigt deutlich, daß die ganze Meute NACH dem Pressetermin flüchtete. Man erkennt die wenigen und winzigen Vorführ-Stellen, wo das Schuß-&-Saug-Gerät hantierte, als lediglich minimal aufgehellte, aber sonst fast noch vollwertig an der Mauer prangende, Schmiererei.
    3. Die sich schon zuvor und langezeit stellende Frage, ob es überhaupt mal irgendwo eine echt gereinigte Fläche zu bewundern gibt, bleibt bis auf weiteres offen.

  9. Nachtrag: Wie die Bahn dresdner Bahnstationen „putzt“:

    Beispiel HP Freiberger Straße am WTC:
    Fotolink (bitte gern einpflegen) https://abload.de/img/p1010258d3jjc.jpg

    Lediglich die direkten Zugangswege werden geweißt (also Tunnel und Aufgänge).
    Schon unmittelbar daneben, auch zur jeweiligen Stationen gehörend, sieht es Anders aus. Wie hier an der Vertikalen (also an Wänden), gilt das Problem genauso in der Horizontalen: neben dem mitunter gefegten Bahnsteig beginnt die Müllhalde im Gleisschotter sowie vor allem im Gebüsch des Bahndammes bzw. des DB-Abstandsgrüns. Bei einer Maht wird der Müll nur zerhäckselt, er verbleibt im Grunde vor Ort. Nur manche Strecken werden 1 oder 2 mal im ganzen Jahr grob abgelesen.

    Auf den gesamten Bahnkorridor gesehen, ist die Länge der paar Meter an Stationsreinigungen geradezu winzig und fast vernachlässigbar. Den Fahrgästen vorzugaukeln, es sei „sauber“, ist dem Verursacherprinzip sowie der Umwelterfahrung (ergo: -bildung) nicht zuträglich. Amen.

  10. Apropos Albertbrücke und insbesondere beschmierte Treppenanlagen:
    Bislang tat sich rein gar nichts weiter, nachdem die obigen Pressebildchen im Kasten waren. Was ist da los? Alles nur Veräppelung?
    Der Typ mit der Saughaube schafft bekanntlich nur sehr wenig Fläche, aber bislang hat er ja rein gar nichts weitergemacht bzw. -machen dürfen…
    Also Zw.Fazit: super Projekt, weiter so!

  11. Albertbrücken-Kopf: diese Woche gab die „Granulatschußverfahren“-Firma ihr Bestes, einige Schriftzüge wurden leicht aufgehellt, aber im Ganzen geht es mit diesem Verfahren wie erwartet kaum einen Schritt voran.
    Manche Fläche, welche Montag (hintenraus) gereinigt wurde, war am Dienstag früh bereits neu zugeschmiert. Farbe, welche seit Monaten/Jahren am Sandstein reinzog, ist zudem noch schwieriger zu entfernen. Neue aggressivere Farben in Sprays und Stiften ebenso.
    Der Chef der Granulatschuß-Firma wird nun der Verwaltung mitteilen, daß man allein mittels Sandstrahlverfahren, was als Verfahren auch längst angeboten wurde. Die Firma meint entgegen vieler Bedenkenträger in (Denkmal)Ämtern, daß mit Sandstrahl kaum Substanz am Sandsteinquader entstünde, was auch ich uneingeschränkt teile. Wo man es mit massiv dicken Sandsteinblöcken und keinen filigranen Strukturen zu tun hat, ist Sandstrahl der Weg der Empfehlung. Weder wird der Sandstein „Zerstört“, noch zu stark „oberflächlich prosiert“, noch in seiner Substanz bzw. Maßstärke spürbar geschwächt.

    Der Baubürgermeister Kühn sagte desweiteren bei letzter Ratssitzung antwortend auf eine Nachfrage zu „Naddel&Ronny“ an der Carolabrücke, daß man derzeit „verschiedene Verfahren am Sandstein“ vertieft prüfe. Also da wird es wohl hoffentlich mal endlich klarere Entscheidungen für die Zukunft geben. Auch gibt es einen nicht-hydrophoben also atmungsativen Anstrich für Sandsteinoberflächen, allerding sei dieser recht teuer. Nach evtl. großflächiger Sandstrahlung müßte man ja auch die Vorsorge dergestalt mitdenken und auch finanzieren. usw usf…

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