Erst kürzlich hat die Stadtverwaltung ihr Konzept zur Beseitigung von Graffiti im Innenstadtbereich vorgestellt. Andere Kunstwerke werden übermalt oder zerstört. Doch manche, dieser Sprühereien halten eine Ewigkeit. Bekanntestes Beispiel ist sicher der Wahlaufruf der SPD „Wählt Liste 1“ von 1932 an der Pulsnitzer Straße.
Aber auch ein unpolitisches Motiv in der nahen Holzhofgasse hält sich seit Jahrzehnten – ein Storch an einer Säule. Neustadt-Geflüster-Leser Torsten (Name geändert), der dieser Tage zu einer Silberhochzeit eingeladen ist, berichtet. „Beim Radeln in der Lausitz habe ich gesehen, dass es dort die Tradition, anlässlich einer Hochzeit Störche auf die Straße zu malen immer noch gibt. Daher habe ich mich erinnert, dass ich von ziemlich genau 25 Jahren das letzte Mal selbst Störche auf Wände und Straßen gepinselt habe.“
Normalerweise werden solche Störche mit geleimter, also wasserlöslicher Farbe auf den Fußweg zwischen Standesamt oder Kirche und dem Festlokal aufgebracht. Und meist ist der Storch dann schon nach dem dritten Regen verschwunden, noch bevor die Braut schwanger geworden ist. Nicht so in der Holzhofgasse vor einem Vierteljahrhundert. Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen hat Torsten weiße Wandfarbe verwendet und der Storch blieb dauerhaft an der Mauer.
„Der mit den Störchen verbundene Wunsch um Kindersegen ist im konkreten Fall in Erfüllung gegangen – zwei junge Erwachsene studieren inzwischen in Hamburg“, erzählt Torsten. Der Weg der Brautleute führte damals von der Martin-Luther-Kirche zum Hochzeitslokal Drachenschänke, die es inzwischen zumindest als Gasthaus nicht mehr gibt.
Anlässlich des Jubiläums ist Torsten in der Holzhofgasse mal wieder vorbeigeradelt – und siehe da, der Storch ist noch da. Nur geringfügig mit schwarzem Stift „ergänzt“. Nun hat er Flügel, ein Auge und am Bauch erste Röllchen. Mal sehen, wie der Adebar dann zur Goldenen Hochzeit aussieht.
Ich denke, er heißt Thorsten….
Wir Silberhochzeiter können die Geschichte gern bestätigen – tatsächlich haben drei Störche die weite Reise entlang der Elbe nach Hamburg angetreten und sind pünktlich zur Feier vor unserem heutigen Domizil gelandet.
PS: der Graffiti-Künstler hieß definitiv nicht Torsten (weder mit noch ohne h) ;)