1895 eröffnete im Hinterhof der Dresdner Louisenstraße 48 das Germania-Bad seine Pforten.
Zwölf gusseiserne Säulen und eine Galerie rahmten das 16 mal 8 Meter große Wasserbecken ein, der Eintrittspreis betrug 30 Pfennige. Das Bad stand seinerzeit abwechselnd für Damen und Herren zur Verfügung. Neben dem Schwimmvergnügen wurden 22 Wannenbäder für die Reinigung genutzt und beliebte Aufnahme fanden die Russischen Dampfbäder sowie die Kräuterbäder.
Der Inhaber Georg Hofmann verkaufte das Bad bereits drei Jahre später für 380.000 Reichsmark. Anfang der 1920er Jahre machte ein Gerücht die Runde. Das Bad sollte einem Fabrikneubau weichen. Die Besucher protestierten und die Stadträte votierten für die Erhaltung des Bades und kauften die Immobilie. Die Inflation setzte den Preis hoch und so stieg der Eintrittspreis gewaltig, ein Wannenbad kostete bald 250 Milliarden Mark.
Ab 1949 „Nordbad“
1949 erhielt das Bad den Namen „Nordbad“ und wieder strömten die Dresdner in den alten, im Krieg unzerstörten Badetempel. Es wurden etwa 25.000 Besucher im Monat registriert. Tausende Kinder erhielten in den ehrwürdigen Mauern Schwimmunterricht. Ich kann mich gut daran
erinnern, denn mir fiel das Schwimmen nicht so leicht. Die Bademeisterin hatte meine Ängstlichkeit bemerkt und versuchte geduldig mit einer Stange mich an das Schwimmen zu gewöhnen.
Schließlich sprang ich sogar vom Beckenrand!
Doch später, als wir vom Drei-Meter-Sprungbrett, unsere Künste unter Beweis stellen sollten, drückte ich mich eleganterweise. Einer nach dem anderen sprang, doch ich blieb in meinem Versteck. Danach fragte ein Klassenkamerad: „Bist du eigentlich gesprungen?“ – „Natürlich!“, log ich. Der Freund griente mir ins Gesicht: „Du lügst!“ Der Sportlehrer, der jeden mit der Trillerpfeife zum Springen aufforderte, musste mein Fernbleiben gewiss bemerkt haben, doch er verlor darüber kein Wort.
Später war ich wagemutiger geworden und besuchte öfter dass Bad, mein Gehweg von der Inneren zur Äußeren Neustadt betrug nur eine Viertelstunde. 1974 wurde die Schwimmhalle baupolizeilich gesperrt, die Wannenbäder 1982. Später, bis nach der Wende gab es im zweiten Hinterhaus der Louisenstraße 48 Wannenbäder und Duschen (Erlebnisbericht im Neustadt-Geflüster vom 22. März 2014). Wieder war die Rede vom Abriss des versteckten Bades und einem Neubau an anderer Stelle.
Nach der Wende war es vor allem die IG Äußere Neustadt, die sich um die Sanierung des Bades bemühte. Von 1993 bis 1997 wurde das Bad unter Leitung der Stesad für rund 7,5 Millionen Euro saniert. Das Geld reichte sogar für einen höhenverstellbaren Hubboden, um damit Wassertiefen zwischen 30 und 190 Zentimetern einzustellen.
Jetzt mit Sauna
Mit Neugierde schaute auch ich in das neue Bad. Erst da wurde mir durch Saunabesuche die Schönheit des Bades bewusst. Der hundertjährige Badetempel erstrahlte in alter Nostalgie. Wir Kinder hetzten ehemals fröhlich durch das Bad ohne die Architektur zu bewundern.
Die Turbulenzen um das Bad gingen indes weiter. Schließlich übernahm die Bäder GmbH, eine nachgeordnete Einrichtung der Stadt Dresden übernahm den Betrieb des Bades.
Sanierung bis zum Frühjahr
Aktuell wird das Nordbad erneut saniert, die Eröffnung ist für das Frühjahr 2023 geplant. Danach steht das älteste historische Stadtbad Dresdens hoffentlich mit den Saunen, Becken und den üblichen Kursen, wie Senioren-, Schwangeren-, oder Babyschwimmen wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung. Allerdings kostet der Badespaß dann nicht mehr 30 Pfennige wie zur Ersteröffnung.
Autor Dietmar Sehn
- Der Autor dieser Zeilen ist 1944 geboren und wuchs in der Inneren Dresdner Neustadt auf. In unregelmäßigen Abständen bereichern seine Texte das Neustadt-Geflüster. Er hat mehrere Dresden-Bücher geschrieben. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „ Historische Kriminalfälle aus Sachsen“ und ist im Suttonverlag erschienen, ISBN: 9783963033001.