Bücher und Kostüme haben gemeinsam, dass man ihnen eine Geschichte ablesen kann, noch bevor man hineinschlüpft oder darin eintaucht. Auch nach 18 Jahren hört Andreas Miersch seinen Kostümteilen gerne zu: „Meine Schokobraut war schon zu Besuch in London“, beschreibt er schmunzelnd die Lebensetappe eines seiner berühmten Kleider.
Von ausschweifenden Hochzeiten munkelt manches Barock-Teil und von lustvollen Zoom-Partys während Corona singt so manches andere Kostüm noch immer sein Liedchen: „Ich habe so gut wie jedes Teil im Kopf. Mein Fundus ist sortiert wie eine Bibliothek.“
Kreative Engel
Begonnen hat Andreas Miersch mit einem einzigen Kleiderständer und ein paar selbstgemachten Hüten, erinnert er sich an die Zeit nach seinem Studium der Produktgestaltung an der Dresdner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW): „Von Mal zu Mal wurden es mehr Aufträge, mehr Ideen und der Fundus wurde größer.“ Das Geschäft hat er dann mit seiner langjährigen Kollegin Kira Engelhardt aufgebaut, die auch als Namensgeberin fungierte.
Dreimal ist er bereits im Hecht-Viertel umgezogen. Die Räume in der Hechtstraße 27 und danach in der 28 waren irgendwann zu eng. Jetzt kann der Kostümbildner zum Verleih, wie Andreas sich selbst gerne nennt, eigentlich jede Motto-Party ausstatten oder hat mit Sicherheit ein Kostümteil im Petto, das niemand sich hätte ausmalen können.
Eines der Highlights in seinem Fundus, ist auch die Schatztruhe, in der man einfachen Glasschmuck genauso findet wie „authentisches Zeug, nach dem man im Internet lange suchen wird“.
An Feiertagen besser mit Termin
Die Besucherzahl variiert schon immer, aber an keinem Tag ist wenig los. Jährliche Ausnahmetage sind natürlich der Karneval oder Halloween. Da stehen die Kunden in einer Warteschlange, die auf der anderen Straßenseite weitergeht, berichtet Andreas Miersch: „Wenn Feiertage anstehen, ist es besser einen Termin zu haben. Da kommen schon mal an die 250 Kunden.“
Seine Kundschaft reicht von einmaligen Besuchern, über Ausstattern des Staatsschauspiels und der Oper, bis hin zu treuen Kunden, die von Beginn an dabei sind. Vorausgesetzt die „Kreativen Engel“ haben geöffnet, denn das passiert im Moment nur drei Mal die Woche.
Andreas findet das selbst schade, aber er allein kann all die Arbeit nicht stemmen und braucht zwei Schließtage, um nach- oder vor zu arbeiten. Eine weitere Arbeitskraft zu organisieren, ist ihm wichtig, aber er möchte nichts übereilen. Denn auf der einen Seite geht es sicherlich ums Zupacken, Reinigen, Reparieren, Bügeln und Verstauen. Das geht auf die Knochen. Auf der anderen Seite muss es jemand sein, der auch mit den Kunden gut umgehen kann, der eigene Phantasien mitbringt, aber auch an ganz spezifische Träume anknüpfen kann.
Krisen & Nachhaltigkeit
Corona wurde hier gut überstanden. Andreas Miersch wusste frühzeitig die staatlichen Hilfen zu beantragen und erhielt sie auch fristgetrecht. Auch die anderen Krisen wie Inflation oder Energiewende sollen nichts an der Arbeit im „Kreativen Engel“ ändern. Es bleiben dieselben Preise wie noch wie vor zehn Jahren: „Weil die so in meinem Kopf drin sind“, sagt Andreas schmunzelnd.
Ihm liegt wirklich etwas jedem einzelnen Stück seiner Kollektion. Wenn er doch einmal die Ruhe verliert, dann aus völlig verständlichen Gründen: Gäste hängen etwas an einen anderen Ort zurück und zerstören so das ausgeklügelte Ordnungssystem. Andreas muss dann so etwas ertragen wie weiße Barockunterhemden zwischen modernen Froschkostümen: „Da hat einer mal wieder die Lust verloren und ich habe die Arbeit“, beklagt sich der Kostümbildner zum Verleih lachend, aber er verliert die Lust natürlich nicht.
Kostümverleih Kreative Engel
- www.kreative-engel.de
- Montag, Donnerst und Freitag 10 bis 18 Uhr
- Rudolf-Leonhard-Straße 21, 01097 Dresden