Die grüne Tinte aus dem Betrieb führte letztendlich zur Aufklärung. Es fand eine Wohnungsdurchsuchung statt und Frieda Lehmann wurde am 27. Dezember verhaftet. Einen Tag später veröffentlichte die Presse eine Suchmeldung über Käthe Stiehler und ihren siebenjährigen Sohn. Die Lehmann log das Blaue vom Himmel, sprach von einem Mittäter, widerrief ihre Aussage und sagte zum wiederholten Male die „vollkommene Wahrheit.“ Nun meldeten sich mehrere Zeugen und das Lügengerüst der Lehmann fiel in sich zusammen. Es folgte ein Verhör nach dem anderen und der furchtbare Doppelmord wurde mittels erdrückendem Beweismaterial dargelegt.
Am 3. Januar 1947 stand in den Zeitungen: „Durch die erstaunliche Leistung unserer neuen Kriminalpolizei ist ein grausames Verbrechen aufgeklärt worden.“ Sofort folgte die Anklage und bereits Mitte Januar fand der Prozess im großen Saal des Hygienemuseums statt, da der eigentliche Gerichtsort am Münchner Platz nicht genügend Plätze verfügte und das Interesse am Doppelmord riesiges Interesse hervorrief.
Ungeklärt blieb während des Prozesses, ob Frieda Lehmann einen Mordgehilfen hatte und ob das Fleisch selbst gegessen, verschenkt oder verkauft wurde. Vermutlich landeten Leichenteile in manchem Kochtopf. Eine Kriminalpsychologin betonte, dass Frieda Lehmann sich durch die Fleischverteilung „aufgewertet gefühlt haben könnte“.
Ungeklärt blieb auch der Mord an einer Frau ein halbes Jahr zuvor. Die Nachbarin hielt sich in ihrer Zeugenaussage sehr zurück. Sie habe Würste und Fleisch von Frau Lehmann geschenkt bekommen, insgesamt fünf Pfund und nichts von den Grausamkeiten gewusst. Im Prozessprotokoll wurde vermerkt, dass das Fleisch der Toten wahrscheinlich auf dem Markt verkauft wurde. Nicht nur bei den Verhören, auch während des Prozesses gab es Widersprüche, Unwahrheiten, Falschaussagen aus dem Mund der Doppelmörderin.
Das Gericht forderte zur Erleichterung ihres Gewissens die Wahrheit, doch die Angeklagte blieb kaltherzig, verzichtete auf Rechtsmittel. Die Prozessbeobachter waren über die Tat schockiert und es gab für sie nur das damals übliche Todesurteil. Das Schwert der Justitia schlug zu: Frieda Lehmann, im dicken Wintermantel und mit Wollmütze bekleidet, wurde im kalten Verhandlungssaal des Deutschen Hygienemuseums wegen Mordes in zwei Fällen zum Tode verurteilt.
Der Saal war bis zum letzten Platz besetzt. Die meisten Menschen plädierten damals für die Todesstrafe. Die Mörderin saß nicht lange hinter Schloss und Riegel. Sie starb wenige Tage nach dem Urteilsspruch im Richthof der Hinrichtungsstelle am Münchner Platz in Dresden mittels Fallbeil, ausgeliehen aus dem Kammergerichtsbezirk Berlin.
In Ermangelung eines eigenen Fallbeils und einer Firma, die derartige Beile herstellt, entschieden sich die Dresdner Behörden für die Ausleihe der Guillotine und der kurzzeitigen Überlassung nach Dresden. Die ursprüngliche Absicht, die Mörderin in Berlin hinrichten zu lassen, zerschlug sich, weil die Zustimmung des Alliierten Kontrollrates in Frage stand. Die Dresdner Behörden nutzten die Gelegenheit der Ausleihe, die Guillotine zu vermessen und zu fotografieren. Im Zuchthaus Waldheim wurde später ein eigenes Gerät gefertigt, dass mehrfach genutzt wurde. Ausgeliehen war auch der Scharfrichter Clemens Dobbek. Der Henker stand im Dienst des Berliner Magistrates, solange dieser noch nicht gespalten war. Sein Gehilfe war freischaffend und stand später selbst wegen Raubüberfällen vor Gericht.
Frieda Lehmann war eine der ersten Todeskandidatinnen mit krimineller Vergangenheit im Sachsen der Nachkriegszeit. Ihr Skelett wurde dem Deutschen Hygienemuseum, 1930 eingeweiht als „Volksbildungsstätte für Gesundheitspflege“, übergeben.
Erst 1953 wurde in Dresden wieder eine Frau mit der „Fallschwertmaschine“ hingerichtet. Diesmal aber nicht im Richthof des Landgerichtes, sondern in einem abgeschirmten Bereich der Haftanstalt. Es war Erna Dorn, die unter verschiedenen Namen gelebt hatte. Ihre wahre Lebensgeschichte und die DDR-Biografie blieben rätselhaft. Sie soll angeblich Aufseherin im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, Spionin und Rädelsführerin am 17. Juni 1953 gewesen sein. Die Angeklagte wurde zum Tode verurteilt.
Von 1946 bis 1956 wurden insgesamt 81 Hinrichtungen am Münchner Platz vollstreckt. Etwa 50 Prozent der Vollstreckungen betrafen politische Gefangene.
Historische Kriminalfälle in Sachsen
- Das Buch „Historische Kriminalfälle aus Sachsen“ von Dietmar Sehn ist im Suttonverlag erschienen, ISBN: 9783963033001.
Dokumentarfilm über den Kriminalfall
- In der ZDF-Mediathek ist ein Dokumentarfilm über Kriminalfälle der Nachkriegszeit zu sehen. Der Dresdner Fall beginnt ab Minute 26.20.
Und in Vollmondnächten kann man immer noch dem Geist von Frieda Lehmann im Haus der Talstraße Nr. 9 in der Neustadt begegnen…
Ich würde ja wegziehen.
Der Geist weht doch eher durch die Gänge des Hygienemuseums….
Sie lebte wohl im „2. Hinterhaus, l.“ – ein Gebäude, das nicht mehr existiert.