Man beklagt sich ja immer, dass irgendwo viel drauf steht und genau da ist dann nicht besonders viel drin. In diesem Fall ist es genau anders herum. Die Michi legt seit fast zwanzig Jahren mehr Wert auf Inhalt, als auf die zugehörige Verpackung. Dementsprechend ausgelegt ist ihr Laden, das „Laurins“, das hochwertige Waren für günstige Preise anbietet – ohne viel Geld für Werbung auszugeben.
Vor der Jahreswende hat Michaela Otte, die alle Welt nur Michi nennt, beschlossen, es doch noch ein Jahr lang mit dem „Laurins“ zu versuchen. Aber die Lage ist schwierig, wenn nicht gar ernst geworden. Sicherlich kann man über fehlende Werbung für den Laden sprechen, aber man kann auch über Gewohnheiten nachdenken – und wie die Corona-Pandemie unsere Gewohnheiten einzukaufen verändert hat.
Das „Laurins“ und der Zeitgeist
Auch auf den zweiten Blick ist das Geschäftskonzept stichhaltig: Umstandsmode, Damenmode und Kinderbekleidung. Ausschließlich hochwertige Ware für geringe Preise werden hier angeboten. Von diesen Waren wiederum ist alles Second-Hand.
Das Konzept steht also dermaßen fett unter dem aktuell gefeiertem Hashtag „Nachhaltigkeit“, dass die Ladenräume in der Görlitzer Straße 14 eigentlich vor Kunden bersten sollten. Möchte man jedenfalls meinen, wenn man die vielen Kinderwagen und Kleinkinder in der Neustadt bedenkt.
Eine glückliche Kundin, die gerade einen Stapel Pullover für ihr Kind ausgesucht hat, wusste es zu danken: „Hier ist alles nach allem sortiert, nach dem man so sortieren kann“, sagt sie lachend. Dann ist auch noch Zeit für ein Schwätzchen. Während des Gesprächs fließen Tränchen. Denn man möchte zwar wirklich gerne meinen, das Geschäft passt in die Zeit und müsse gut laufen. Aber weit gefehlt.
Michi heizt nur punktuell
So ausgefeilt und durch Nachhaltigkeit beeindruckend das Geschäftskonzept auch sein mag, bereits auf den ersten Blick erkennt man, dass der Laden viel besser laufen könnte. An der Theke wärmt Michi sich nur punktuell: „Entweder hiermit oder damit“, sagt sie und zeigt zunächst einen Heizstrahler und dann eine Wärmeflasche.
Man könnte auch mehr Licht anmachen, um die schönen Kleidungsstücke für Kinder in ein wärmeres Ambiente zu rücken, aber das kostet Geld. Geld, das Michi zur Zeit nicht einnimmt. An guten Tagen wird ein Arbeitstag zu Ehrenamt und die Einnahmen decken die Fixkosten.
Ladenschluss nach beinahe 20 Jahren?
2004 wurde das Geschäft ins Leben gerufen. Damals noch in der Alaunstraße gelegen, zog der Laden zwei Mal um, und befindet sich nun seit 2013 in der Görlitzer Straße 14. Das muss gesagt werden, denn es gibt weder eine Leuchtreklame noch einen Banner über dem Geschäftseingang. Lediglich ein Schild, das an die Hausfassade gelehnt ist, deutet an, dass geöffnet ist.
Sicherlich könnte man das Geschäft besser bewerben. Aber die fehlende Reklame sei nicht der Grund für die Geschäftskrise des „Laurins“: „Mit Corona ging es los und über die Zeit haben die Leute ihre Einkaufsgewohnheiten geändert“, sagt Michi. Der Pandemiebeginn habe Internetshopping zur einzigen Möglichkeit gemacht, dies sei eines der Probleme. Vieles, das früher einen kurzen Gang kostete, aber auch wert war, ist heutzutage für gewöhnlich mit ein paar Klicks eingekauft. Michi ergänzt: „Erschwerend kommt heute dazu, dass nicht nur ich, sondern auch viele meiner Kunden sparen müssen.“
Das „Laurins“ im Teufelskreis
1.250 Euro zahlt Michi monatlich für den Laden, der unterm Strich seit zu vielen Monaten eine eindeutige Minusrechnung aufweist. „Wird wenig bei mir eingekauft, was gerade der Fall ist, kann ich wiederum weniger einkaufen“, sagt Michi und bestätigt den Eindruck, es handle sich im Moment um einen Teufelskreis.
Man kann versuchen den Teufelskreis zu brechen, indem man an seinen Gewohnheiten arbeitet. Das kann für den Laden bedeuten: mehr Werbung, mehr Licht, mehr Wärme. Das kann für die Kunden bedeuten: wieder mal spazieren gehen und – entdecken statt klicken.
„Laurin’s secondhand Mode für Gören & Racker“
- Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag: 11 bis 17 Uhr
- Görlitzer Straße 14, 01099 Dresden
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komisch, dass der Laden nicht läuft. dabei ist die Inhaberin doch sooo nett zu Neukund*innen…
Das Klientel der Leute, die hier wohnen und Kinder bekommen hat sich über die Jahre auch verändert: Die hippen Muttis geben viel Geld für ihre eigenen Klamotten und die der Kinder aus. Schaut euch mal auf einem Spielplatz in der Neustadt um: da wird aus „Nachaltigkeitgründen“ die teure Jacke von Fjällraven aus dem Globetrotter und die Barfußschuhe von Wildling gekauft. Mit Second Hand ist das Kind doch nicht mehr das schönste und man selbst nicht mehr die tolle Mutti die man gerne gibt.
Sehr schönes Konzept und sehr nette Ladenbesitzerin.
Zu meinen, dass die Eltern der Neustadt nicht mehr Second Hand kaufen würde ihnen aber nicht gerecht werden.
Viele, die ich kennen, spenden und holen sich ihre Kinderkleidung im AZ-Conni im KiKla.
Wohne seit ueber 40 Jahren in Dresden und ueber 12 Jahre im Kiez.
Noch nie etwas von dem Laden gehoert…
Vllt doch mal ueber etwas mehr Aufmerksamkeit nachdenken?
Michi, so großartigen Dank für s kämpfen! Ich hoffe die Zeiten ändern sich und die Menschen gehen wieder mehr in die Läden. Denn leider mussten ja schon einige drumherum schließen und das hat mit Sicherheit was mit dem Kaufverhalten der zu tun. Auch wenn ich mit der jetzigen Zeit offen für vieles lebe und trotzdem ist ein liebevoller und dazu so schöner Laden mit Michi nicht mit dem Internet zu ersetzen. Die kostbare Zeit im Laden und hier und da auf dem Weg dahin ein Eis oder Kaffee gegenüber im Tiki genießen, dazu noch ein schönes Geschenk im Tranquillo, Morgenland….. zu besorgen und ein Besuch im Panama, Spielplatz oder einem Verein. Alles lässt sich doch heutzutage wunderbar verbinden und lädt ein. Ich möchte nichts missen und hoffe auf neue liebe Kundschaft!
Ich denke an der Außenwerbung muss wirklich etwas getan werden. Wir wohnen seit 5 Jahren in der Böhmischen Str., meine Tochter ist jetzt fast zwei und ich bin durch alle Straßen der Neustadt dutzende Male gelaufen und dachte ich kenne alle Kinderläden… erst letzten Sommer habe ich durch Zufall 2 Bodies auf Bügeln in einem Fenster hängen gesehen und mich gewundert was das soll. Da stellte sich heraus, dass es dieser Laden war und keine Wohnung.
Was Second Hand angeht nutzen wir viel von der älteren Cousine, aber auch AZ Conni und viel vinted/Kleinanzeigen…weil das auch super abends geht. Ich denke aber das Konzept ist super, man muss es nur besser präsentieren!
Ich möchte den Laden gern besuchen, aber die Öffnungszeiten sind einfach nicht schaffbar, wenn man arbeiten geht. Und wenn ich es mal geschafft hatte vorbei zu schauen, dann war spontan zu. Wirklich schade. Ich drücke die Daumen, dass es aufwärts geht.