Im Dresdner Bürgermeisterstreit, aktuell sind nur zwei von bisher sieben Fachbürgermeister*innen im Amt, zeichnet sich eine mögliche Lösung ab. Zur Schlichtung des Konflikts wurde ein Moderationsteam eingesetzt. Bestehend aus den ehemaligen Bundespolitikern Gunda Röstel (Grüne) und Thomas de Maizière (CDU). Heute wurde nun die Empfehlung des Moderationsteams vorgestellt.
Die Bürgermeisterriege wird um eine Position gekürzt. Die Aufgaben des Finanzbürgermeisters (bisher Peter Lahmes, SPD) werden weitestgehend von OB Dirk Hilbert übernommen. Die anderen Bürgermeisterämter teilen sich CDU, Grüne und Linke auf. Dafür müsste die Hauptsatzung der Stadt geändert werden, das ginge mittels einfacher Mehrheit im Stadtrat.
Grundsätzlich gäbe es bei dieser vorgeschlagenen Aufteilung auch für jeden Geschäftsbereich einen Bürgermeisterkandidaten. Theoretisch könnte der Stadtrat alle vier ausstehenden Kandidaten bereits am 26. Januar wählen.
Übersicht Geschäftsbereiche inklusive möglicher Kandidat*innen
Einzelerläuterungen des Moderationsteams
a) Der Oberbürgermeister führt an der Spitze der Stadtverwaltung die Geschäfte. Er übernimmt zudem den Geschäftsbereich 1 und damit die Verantwortung für Finanzen und Kommunalwirtschaft. Mit dieser Aufgabe sind ihm unmittelbar die Stadtkämmerei, das Steuer- und Stadtkassenamt sowie die Stadtbezirksämter und Ortschaften unterstellt. Typische eigene Amtsbereiche, wie Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Rechnungsprüfungsamt, Bürgermeisteramt werden ebenso dem Geschäftsbereich 1 zugeordnet. Die Beauftragten- sowie Mitarbeitervertretungen bilden im Organigramm über alle Bereiche hinweg die unmittelbare, der Verantwortung des Oberbürgermeisters unterstehende Ebene ab.
b) Der schon heute personell besetzte Geschäftsbereich 2 mit Bildung und Jugend wird durch den Sport erweitert. Das Amt für Schulen, Jugendamt, Amt für Kindertagesbetreuung sowie die Eigenbetriebe Kindertageseinrichtungen und Sportstätten untersetzen dies.
c) Der Geschäftsbereich 3 umfasst Wirtschaft, Digitales, Personal und Sicherheit. Letzteres wird in besonderer Weise durch die Führung des Brand- und Katastrophenschutzamtes deutlich. Aber auch Haupt- und Personalamt, Amt für Wirtschaftsförderung, Bürgeramt mit den Ausländerbehörden und zentrales Vergabebüro untersetzen dieses Spektrum. Auch im Eigeninteresse der Stadtverwaltung selbst soll dabei der Fachkräftegenerierung und -entwicklung in bereichsübergreifender Zusammenarbeit (siehe dazu Punkt d) hohe Bedeutung beigemessen werden. Nicht zuletzt wird über die Zuordnung des Eigenbetriebes IT-Dienstleistung deutlich, dass die begonnene Digitalisierungsstrategie der Landeshauptstadt als Schwerpunktthema mit Nachdruck Fortsetzung finden muss.
d) Der Geschäftsbereich 4 wird neben Kultur und Tourismus um Wissenschaft erweitert. Neben dem Amt für Kultur und Denkmalschutz, den Museen der Landeshauptstadt, dem Stadtarchiv, den städtischen Bibliotheken und dem Eigenbetrieb Heinrich-Schütz-Konservatorium wird eine Stabstelle für Wissenschaft und Fachkräftekoordination eingerichtet., Im Kern geht es hierbei um die Koordination einer Zusammenarbeit insbesondere mit den örtlich ansässigen Wissenschaftsinstitutionen zugunsten einer systematischen und bereichsübergreifenden Steuerung und Verbesserung der Fachkräfteverfügbarkeit für Unternehmen ebenso wie für Verwaltung oder andere wichtige Institutionen in Dresden.
e) Der Geschäftsbereich 5 Arbeit, Gesundheit, Soziales und Wohnen bleibt mit dem Jobcenter Dresden, dem Sozialamt, dem Amt für Gesundheit und Prävention, sowie dem Eigenbetrieb Städtisches Klinikum Dresden weitgehend in der bisherigen Ausrichtung bestehen. Ergänzt wird im Kontext der Gesundheits- und Präventionstätigkeit das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt.
f) Im Geschäftsbereich 6 Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Liegenschaften bleiben die Zuordnungen aus Bauaufsichtsamt, Amt für Stadtplanung und Mobilität, Straßen- und Tiefbauamt, Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung sowie Amt für Geodaten und Kataster in der bisherigen Form erhalten.
g) Der Geschäftsbereich 7 umfasst neu Umwelt- und Klima, Recht und Ordnung. Insbesondere durch die Arbeit des Umweltamtes, des Amtes für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, des Regiebetriebes zentrale technische Dienstleistungen wird die Klimaschutzstrategie sowie die Bewältigung notwendiger Klimawandelanpassungen der Landeshauptstadt als Querschnittsaufgabe weiter vorangebracht. Die Zuordnung des Rechts- und Ordnungsamtes selbst untersetzt die zweite zentrale Schwerpunktsetzung in diesem Bereich. Gleichermaßen bleiben, wie bisher, auch Eigenbetrieb Stadtentwässerung und Eigenbetrieb Friedhofs- und Bestattungswesen Teil dieses Bereiches.
Mehrheitsverhältnisse
CDU, Linke und Grüne verfügen im Stadtrat zusammen über 36 Stimmen, hätten also eine hauchdünne Mehrheit. Wenn sich die Fraktionen einig sind und alle an der Sitzung teilnehmen, könnten also in der nächsten Woche endlich Bürgermeister gewählt werden.
Statement FDP
Für die FDP-Fraktion sagt Holger Zastrow: „Der Schlichterspruch im Bürgermeisterstreit bleibt hinter selbstgesteckten Zielen und Anforderungen einer modernen Stadtverwaltung weit zurück“. Die Chance auf einen strukturellen und personellen Neuanfang in der Stadtspitze würde vertan, ebenso die Chance, die längst überfällige Modernisierung der Verwaltung voranzutreiben und die Strukturen auf die Höhe der Zeit zu bringen. Stattdessen erlebe man das Absichern von Posten und Personen. Besonders stellt Zastrow das Zerschlagen des funktionierenden Geschäftsbereichs Ordnung und Sicherheit in Frage. Das ganze Statement.
Statement Grüne
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagt Agnes Scharnetzky: „Unterm Strich liegt uns ein Kompromiss vor. Alle Beigeordnetenpositionen tragen ähnlich große Verantwortung hinsichtlich Personal und Budget. Uns ist bewusst, dass der Kompromiss viel abverlangt. Der Oberbürgermeister muss seine Rolle nutzen, signifikant stärker als bisher strategisch wichtige Entscheidungen für die Stadt zu planen und letztlich auch für deren Umsetzung Sorge zu tragen.“ Das gesamte Statement.
Statement Dissidenten
Für die Dissidenten-Fraktion sagt Martin Schulte-Wissermann: „Im Gegensatz zu den drei großen Fraktionen, die sich mit ihren personellen Vorstellungen vollumfänglich durchsetzen konnten, sind unsere Vorschläge für eine effektive Klimapolitik für Dresden nicht annähernd in dem Hauptsatzungsentwurf berücksichtigt worden.“ Außerdem kritisieren die Dissidenten die Machtzusammenballung beim Oberbürgermeister. Das ganze Statement.
Statement CDU-Fraktion
Für die CDU-Fraktion sagt Peter Krüger: „Am Ende steht ein Kompromiss, der vielleicht keinem so richtig gefällt, der aber endlich den Stillstand und die gegenseitige Blockade beenden kann. Wenn wir es nicht schaffen sollten, auf Basis dieses Vorschlags ein Ergebnis zu erzielen, bin ich überzeugt, dass Dresden auf absehbare Zeit keine Beigeordneten wählen wird.“ Er hofft daher, dass dieses für Dresden unwürdige Kapitel nun am 26. Januar beendet werden kann. Das ganze Statement.
Statement Linke
Für die Linke-Fraktion sagt André Schollbach: „Unser Ziel besteht darin, die Wahl der Beigeordneten in der Stadtratssitzung am 26. Januar 2023 durchzuführen und zu einem positiven Abschluss zu bringen.“ Um dies zu gewährleisten und die Wahlen auf einer verlässlichen Grundlage durchführen zu können, bedürfe es nun der weiteren Verständigung zwischen den Fraktionen und dem Oberbürgermeister.
Statement SPD
Für die SPD-Fraktion sagt Dana Frohwieser: „Dass in der Dresdner Stadtspitze nicht mehr Leistung zählt, sondern die Unterwerfung unter das Machtstreben eines Oberbürgermeisters, hinterlässt mich fassungslos.“ Für die SPD-Fraktion sei immer klar gewesen, dass die Verwaltung keine derartige Machtkonzentration an der Spitze haben dürfe. Das ganze Statement.
Statement OB
Für Oberbürgermeister Dirk Hilbert ist es ein Kompromiss, der von ihm mitgetragen wird: „Der geplante Zuschnitt ist ein Kompromiss, der die sehr unterschiedlichen Interessenlagen versucht abzubilden.“ Jetzt komme es darauf an, dass eine Mehrheit im Stadtrat der Hauptsatzungsänderung und den Kandidatinnen und Kandidaten für die Beigeordneten-Positionen zustimmt. Hilbert erteilt sein Einvernehmen den Bewerberinnen und Bewerbern der drei Fraktionen, die von Moderatoren im Kompromiss vorgeschlagen wurden. Ebenfalls wolle er den Empfehlungen der Moderatoren folgen und die Tagesordnung des Stadtrates entsprechend anpassen.