Alle seine Skulpturen folgen einem Rhythmus. Daher gibt die Puppe bei Carsten Bürger auch den Ton an. Aber erst, nachdem er dem Material seinen Gestaltungswillen eingeschnitzt hat.
Man darf Bürgers Arbeit wahrscheinlich in drei Schritte unterteilen. Hat der Bildhauer eine Idee, holt er sich das Material und fängt an zu arbeiten. Er gestaltet nach seinen Vorstellungen bis zu einem bestimmten Moment. Auf diesen Moment wartet er arbeitend, forciert ihn geradezu: „Wenn die Puppen beginnen zurückzublicken“.
Das ist der Moment, an dem Carsten Bürger beginnt dienlich zu arbeiten.
Und das erinnert an einen Text von Heinrich von Kleist. In „Über das Marionettentheater“ (1810) geht es auch um die Frage wie Leben in die Marionetten gelangt. Bei Carsten Bürger beginnt das Leben der Puppen bereits, bevor ein Puppenspieler sie in die Hände bekommt oder bevor seine Skulpturen in einem Raum stehen, der für sie vorgesehen war.
Freispiel in Spanien und Werkstatt in Dresden
Der gebürtige Tharandter arbeitete zunächst restauratorisch bei einem Meister in Halle. Die handwerkliche Fertigkeit vervollkommnete er mit dem Studium des „Lern- und Spielmitteldesigns“ an der örtlichen Hochschule für Kunst und Design, der renommierten Burg Giebichenstein. Schließlich begann er als freier Bildhauer zu arbeiten.
Dazwischen liegt ein Jahr Spanienaufenthalt. Rückblickend nennt Bürger das „Freispiel“. Andere nennen es „Wanderjahr“. Eine wichtige Zeit für jeden Suchenden (den Begriff „Künstler“ verwendet der sympathische Carsten Bürger nicht), der die Bildhauer ausgehend von eigenen Phantasien erlernt hat und nun mit dem Blick eines Bildhauers zurück in die Welt schaut.
Eine Arbeit als restauratorisch arbeitender Bildhauer im Grünen Gewölbe führte ihn 2003 nach Dresden. Hier hat er seit 2013 seine Werkstatt („Atelier“ sagt Bürger auch nicht) im Industriegebiet. Mindestens eine seiner „Puppen“ hat wohl fast jeder schon einmal gesehen. Über dem Eingang der Neustädter Bibliothek thront seit nunmehr acht Jahren Till Eulenspiegel.
Von der alten Schule sein – was heißt das?
Bürgers künstlerische Arbeit findet ihren „Ausgangspunkt in der figürlichen Darstellung von Mensch und Tier“, sagt er und fügt an, dass sein Hauptanliegen im „Nachspüren ihrer Wesenhaftigkeit im Zusammenwirken mit der glaubhaften Darstellung ihrer Körperlichkeit“ besteht. Dabei möchte Bürger sich nicht von Traditionen verabschieden. Weder von den soliden handwerklichen Ausführung noch von den kulturell vermittelten Inhalten. Er schildert ein Beispiel:
Angenommen jemand würde auf die Idee kommen, sich den Wagenlenker aus Dresden als Skulptur bei Bürger zu bestellen. Dann würde Bürger sicher einen Blick auf den „Wagenlenker von Delphi“ werfen und sich fragen, was zweitausend Jahre später davon noch wahr ist – und wichtig als Wahrheit für uns heute. Dabei kann der Rhythmus der Figur vielleicht radikal verschieden sein, aber der Inhalt muss in die heutige Zeit übertragen werden.
Bürger nimmt genauso an Bildhauersymposien teil, in denen er innerhalb von zwei Wochen gigantische Steinfiguren produziert wie er in die Arbeit versunken stundenlang über einem Stück Holz verbringt.
Immer auf der Suche nach dem Moment, an dem seine Skultpruren beginnen zurückzuschauen.
Carsten Bürger
- Atelier: An der Schleife 4, 01099 Dresden
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