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Wut und Zärtlichkeit – Sunna Huygen

„Die zersägte Jungfrau“, mutmaßt eine Besucherin in Anbetracht der Kiste mit der Aufschrift „Kreissäge“ im Scheinwerferlicht. Doch es soll das Patriarchat sein, das die Kabarettistin Sunna Huygen auseinandernimmt. Lange schon zielte ihr Kompass wieder nach Dresden und nun endlich ergab sich nach allen Corona-Umleitungen die Gelegenheit – passend zum 8. März.

Sunna Huygen im AZ Conni am 8. März. Foto: Philine
Sunna Huygen im AZ Conni am 8. März. Foto: Philine

Huygen blinzelt sichtlich gerührt in den Saal des AZ Conni, in den noch immer Stühle nachgeholt werden, um alle Interessierten unterzubringen. „Gestern bin ich bei den LINKEN aufgetreten. Da war nicht so viel los“, sagt sie verschmitzt und geht gleich zur Darbietung eines Best Of aus den vergangenen sieben Jahren über. Sie dreht auf einer fantastische Reise Tönnies durch den Fleischwolf und malt mit utopischem Verve aus, was passieren könnte, wenn man heimlich vom Firmenkonto je 10.000 Euro an alle Mitarbeitenden des ausbeuterischen Betriebs verteilen würde, solange die Chefetage „auf Bulette in der Firmenkantine“ weilt.

Kabarett, kein Comedy

Sie taucht in die besagte Kreissägen-Kiste ab, kommt maskiert wieder zum Vorschein und macht hautnah begreiflich, wie wenig Äußerlichkeiten zu trauen und wie wandelbar das Innere des Menschen ist. Eben noch mit Sturmmaske im Warteraum eines TV-Studios sitzend, verschwindet sie jetzt getarnt mit „Erika-Steinbach-Frisur“ hinter einer dramatischen Sonnebrille.

Sunna Huygen in diversen Zuständen. Foto: Philine
Sunna Huygen in diversen Zuständen. Foto: Philine

„Ich mache keine Comedy“, sagt Huygen über ihre Kunst, die sich aus Einflüssen von Straßentheater, Clownerie und Poetry Slam speist. Und so zielen die Inhalte nicht auf Schenkelklopfen ab, sondern wagen sich in rote Bereiche: Welthunger und ungerechte Bezahlung, die Not des Pflegesektors, die Bedrohung durch Alu-Hüte.

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Finde den Systemfehler

Huygen zaubert Lösungen aus der Mütze und schlägt – die Statistiken lege es nahe – eine Aussetzung des Männerwahlrechts zur Rettung der Demokratie vor, um gleich darauf einzuräumen, wie wohltuend solche populistischen Exkurse täten: immun gegen Argumente und von unerschütterlicher Selbstgerechtigkeit wattiert. „Arschlöcher sind meine Inspiration“, sagt Huygen schulterzuckend und wenngleich ihre Themen teilweise zynisch sind, sie selbst ist es nicht. Mit menschlicher Größe verzichtet sie darauf, sich an Individuen abzuarbeiten, sondern findet mit unbeirrbarer Spürnase den Systemfehler.

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„Wir leiden an einer patriarchalen Belastungsstörung“, attestiert sie. „Weiblich sozialisiert und gleichzeitig Feminist*in zu sein, das ist in unserer Gesellschaft eine sogenannte Loose-loose-Situation.“ Sunna Huygen geht von sich selber aus, sie deckt auf und stellt zur Debatte: Eigene Verletzungen, unbewusste Rassismen, Dilemmata. „Feminismus muss antifaschistisch sein.“ Sie hebt die Faust ins Scheinwerferlicht.

Lieber gemeinsam

Poetisch besingt sie die Melancholie des Idealismus, die Schmerzen der Zuversicht, den Glauben an Widerstand und Protest. Sunna Huygen ist eine Trommel: Ihr dünnes Fell klingt, wenn sie angeschlagen ist. „Manche Nummern würde ich heute nicht mehr machen“, schaut sie zurück. Sie spielt sie dennoch, obwohl sie weh tun. Weil sie wahr sind und den Spiegel vorhalten, weil sie verstummen lassen. „Bevor ich mich alleine zuhause über Dinge ärgere, lache und weine ich lieber gemeinsam mit euch auf der Bühne.“

Kreissäge als Mottenkiste.
Kreissäge als Mottenkiste.

Witz und Sprache sind nicht loszulösen von ihrer Person, funktionieren nur als Gesamtdarbietung. Huygen ist eine Spartenkünstlerin, die sich von Mund zu Mund weiterempfehlen lässt. Das Publikum ist ihr Resonanzkörper. „Manchmal merke ich, dass etwas nicht stimmt, wenn die Leute an komischen Stellen lachen.“ Mit entwaffnender Betroffenheit zeigt Huygen die scharfen Kanten des binären Geschlechtersystems auf und detektiert Realsatire wie diese: „Männer, die zum 8. März auf Podien stehen, um darüber zu sprechen, dass Männer viel zu häufig auf Podien stehen, um über Frauen zu sprechen.“

Aus besonderem Holz

Sie sei froh, endlich wieder auf der Bühne zu stehen, erzählt sie. Durch die Pandemie habe sie sich verstärkt auf ihren Lehrberuf verlagert: Tischlerin. Am Merchandise-Stand neben der Eingangstür liegen deshalb neben selbstgedruckten Postkarten Notizhefte, gebunden in poliertes Holz. In Arbeit sei auch wieder ihr hölzerner Jahreskalender. Doch erst einmal sehe sie ab Mitte Mai ihrem neuen Programm entgegen: Ozeanzeit.

Das kündigt sie auch auf der Bühne an und schließt: „Es ist wahrscheinlich auch eine Generationenfrage, ob wir heute den Frauentag oder den feministischen Kampftag feiern. Wichtig ist, dass wir ihn gemeinsam feiern.“ Sunna Huygen winkt und lächelt. Sie ist aus einem besonderen Holz geschnitzt: einem weichen.

Sunna Huygen – Politik und Poesie