In der Nacht von Mittwoch, 10. Mai auf Donnerstag, 11. Mai, ist die temporäre Kunstinstallation „Dieses Gebilde ist fragil“ von Svea Duwe am Sowjetischen Ehrenmal auf dem Olbrichtplatz von Unbekannten entwendet worden. Darüber informierte das Kunsthaus Dresden am Donnerstag.
Das Kunstwerk sollte eigentlich bis zum 4. Juni zu sehen sein. Ziel war es, vor der anstehenden Sanierung auf die notwendige historische Kontextualisierung aufmerksam zu machen und damit an die erinnerungskulturellen Bemühungen „Unbequeme Denkmäler“ des Amtes für Kultur und Denkmalschutz anzuknüpfen. Die Kunstinstallation soll zeitnah wiederhergestellt werden.
Kulturbürgermeisterin bedauert Intoleranz
Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) sagt: „Wir bedauern die Intoleranz der dafür Verantwortlichen.“ Das Kunstwerk sei ein streitbarer Beitrag, ein temporäres Denkzeichen und Anregung zum Diskurs. Die Entfernung offenbare die Verweigerung jeglicher Auseinandersetzung. „Allerdings zeigt sich auf eindrucksvolle Weise auch das Potenzial der Kunst, produktive Störung und Anregung zur Reflexion des eigenen Weltbildes zu sein und vorhandene Sehgewohnheiten zu hinterfragen“, so die Bürgermeisterin.
Dem Kunstwerk von Svea Duwe gehe es nicht darum, die große Leistung der Roten Armee bei der Befreiung Dresdens vom Nationalsozialismus zu schmälern oder gar zu diskreditieren, sondern die Motive der mit dem Ehrenmal verbundenen Identifikation im Licht der heutigen Verhältnisse kritisch zu hinterfragen. Wer sich der Auseinandersetzung damit verweigere, verstehe die Zeichen der Zeit nicht.
Die Künstlerin Svea Duwe ergänzt: „Die Demontage der Schilder verweist einmal mehr auf die widerstreitenden Interessen, die mit dem Sowjetischen Ehrenmal verbunden sind.“ Denn ebenso wie sie „über Nacht“ verschwanden, wurden sie auch gleich am nächsten Morgen von Passanten vermisst, welche die Intervention begrüßen.
Das Sowjetische Ehrenmal steht unter Denkmalschutz und soll 2024 durch das Amt für Stadtgrün der Landeshauptstadt Dresden saniert werden. Der Dresdner Stadtrat hatte im Dezember 2022 die notwendigen finanziellen Mittel bewilligt.
Nachtrag 12. Mai
Wie die Dresdner Polizei heute meldet, sind die Teile der Kunstinstallation zwischen Mittwoch, 10. Mai, 14 Uhr und Donnerstag 11. Mai 10.40 Uhr gestohlen worden. Dabei wurden drei Kunststoffverbundschilder demontiert und entwendet, von denen jedes eine Breite von etwa 1,90 Meter hat. Die Schilder trugen mehrsprachige Aufschriften und waren Teil einer Installation am Sowjetischen Ehrenmal. Ihr Wert wurde mit rund 360 Euro angegeben. Der Staatsschutz der Dresdner Polizei ermittelt.
grafil ?
Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.
Was zur Hölle vergreift Ihr euch an einem Mahnmal das der Erinnerung der Unterwerfung des Nationalsozialismus durch die Rote Armee gewidmet ist? In anderen Ländern sind diese Dokumente der Zeitgeschichte abgerissen worden, da dachtet Iht, lasst auch mal was machen oder was? Eure Geschichtsvergessenheit wiedert mich an.
An die ‚Täter‘, gut gemacht.
Ich glaube nicht, dass die Entwendung durch so reflektierte Gedanken zustande kam. Vermutlich wollte jemand einfach ein witziges Schild im WG Flur aufhängen…
…das steigert im Nebeneffekt auch den Wert und die Brisanz der künstlerischen Intervention (die neuen Schilder werden doch sicherlich nicht umsonst im Rahmen einer Gewährleistungsregelung nachgeliefert.. ;-)
Ich finde die Kunstaktion gut und hoffe, dass sie bald wiederhergestellt wird.
@Peter, ja Dresden wird auch was machen. Aber nicht abreißen, sondern sanieren. Die Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Roten Armee ist ohne Zweifel eine Erlösung gewesen. Hier geht es um Menschen verschiedener Ethnien die dafür ihr Leben gelassen haben. Auch z. B. Ukrainer:innen. Das sollte auch in unsere Erinnerungskultur einfließen und nicht nur die zweifelsfreie Heroisierung einer Nation oder Geschichte. So sollte eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit unseren Denkmälern stattfinden. Alles andere ist Geschichtsvergessenheit. Die Schilder sollen bis Anfang Juni dort sein. Danach kommen sie wieder ab. Die Täter tun sich selbst keinen Gefallen damit.
@ Peter
Erstens wird das Ehrenmal saniert und niemand „vergreift“ sich daran. Die Fragilität hat auch mit dem derzeitigen Zustand zu tun und die Künstlerin nutzte diesen für eine sehr vorsichtige und sensible Doppeldeutigkeit. Wie schön!
Zweitens ist die „Geschichtsvergessenheit“ meist bei denjenigen zu finden, die bei allem Heldenmut und allen Opfern vor allem auf sowjetischer Seite – aber längst nicht nur dort – sehr gern übersehen, daß 1945 ein böses Monster ein anderes böses Monster besiegte. Keine drei Wochen nach dem Überfall Nazideutschlands auf Polen im September 1939 zum Beispiel marschierte nämlich leider auch die heldenhafte Rote Armee auf der anderen Seite in das Land ein und der NKWD enthauptete u. a. in Katyn gleich mal die gesamte polnische Intelligenz und das Offizierskorps (insgesamt ca. 22.000 Tote). Sogar deutsche Kommunisten, die vor Hitlers Terror nach Moskau flüchteten, wurden dort während der großen „Säuberung“ in der 30ern von Stalins Schergen getötet. Die stalinistische Sowjetunion stand dem Hitlerregime in Deutschland in nichts nach. Auch wenn wir das in Ostdeutschland gern anders hätten.
Insofern ist der heutige Platz des Ehrenmals sehr gut gewählt und es wird nicht abgerissen wie anderswo. Denn die vielen einfachen Soldaten opferten eben ihr Leben.
Und drittens: anwidern wird ohne „e“ hinterm „i“ geschrieben ;-)
Schönes Wochenende – am besten mit einem Geschichtsbuch!
Vier Seiten, aber nur 3 Sprachen?
Was stand denn auf der 4. Seite?
Die vierte, die nördliche, Seite war frei geblieben.
Kunstfreiheit hin oder her. Das Bauwerk ist ein Kulturdenkmal.
Das haben Fachleute entschieden. Damit steht es unter dem Schutz
des sächsischen Denkmalschutzgesetzes.
Wenn eine städtische Institution glaubt, mit dem Rückenwind der
aktuellen öffentlichen Meinung das Denkmal ohne die erforderliche
denkmalschutzrechtliche Genehmigung verändern zu dürfen, ist es
nachrangig, ob das nun richtig oder falsch kontextualisiert wurde,
behutsam oder provokativ. Die Stadt hätte die Schilder selbst abbauen
müssen, wenn das Gesetz ernst genommen würde!
Die Tafeln wurden übrigens am 09. Mai abgeschraubt und inkl. der
Befestigungsmittel sehr akkurat neben der Kontextualisierung
abgelegt. Vandalismus – wie von Frau Christiane Mennicke-Schwarz
heute im MDR-Radio kolportiert – war das nicht! Gestohlen wurden
die sehr schicken Tafeln – meine persönliche Vermutung – durch
andere, auf jeden Fall erst einen Tag später!
Um nicht falsch verstanden zu werden, man oder frau oder auch die
Städtische Galerie können gegen den russischen Angriffskrieg
protestieren und provozieren, vielleicht auch an einem doch stark
militaristischen Denkmal, aber bitte nicht unter Aufgabe der Werte, die uns doch wichtig sein sollten, oder?!
Hallo Anton,
kannst du mal beim Amt f. Stadtgrün fragen, was es mit dem neuen (Gedenk?)Stein am Park des Palaisplatzes auf sich hat?
Dort stand mal eine Eulenstele, welche aber aus weichem Material und sukzessive vandaliert war. Die Bodenplatte scheint es noch zu geben.
Der neue angeschrägte Stein ist deutlich größer und vermutlich massiv.
Er wurde für eine Anti-Selensiki- sowie folgender Anti-Rußland-Schmiererei zweckentfremdet.
Was soll aber dieser Stein ausdrücken, kommt da noch was dran – ne neue Eule vielleicht?
https://abload.de/img/woeulemalstand3ddpa.jpg
@Stephan
Das Denkmal ist den sowjetischen Soldaten gewidmet von denen Millionen (!), sowohl weibliche als auch, logischerweise zahlenmäßig überwiegend, männliche ihr Leben geben mussten um den menschenverachtenden Nationalsozialismus zu besiegen. Die UkrainerInnen sind keine homogene Masse an Menschen, es gab zum Beispiel auch SS Mannschaften die aus den besetzten Gebieten rekrutiert wurden. Ihr Geschichtswissen sollte definitiv weiter ausgebaut werden, lesen Sie noch ein paar Bücher oder aber besser, um Einseitigkeit zu unterbinden, gehen Sie in ein kuratiertes Museum.
Wenn Geschichte sich dreht, werden Dinge sichtbar, die man vorher nicht wahrgenommen hat. Ein ähnliches Denkmal steht in einem Vorort von Kiew. Ein Foto davon ist heute auf dem Titel des gerade erschienenen Buchs FOTOS FÜR DIE PRESSEFREIHEIT zu sehen. Der Kontext ist nicht so scheinbar friedlich wie in Dresden, denn vor dem Denkmal liegen die Leichen einer Mutter und ihrer Kinder – von einer russischen Mörsergranate auf der Flucht aus der Hölle des russischen Angriffskriegs getötet.
https://shop.reporter-ohne-grenzen.de/detail/d/Fotos-fur-die-Pressefreiheit-2023/0
Es bleibt trotzdem ein legitimes Gedenken an die gefallenen Sowjetsoldaten bestehen, weil sie ihr Land gegen den deutschen Angriffskrieg verteidigt haben.
Wir sollten uns aber hüten, daraus eine Entschuldigung für die heutigen Kriegsgreuel der russischen Armee abzuleiten, denn heute führt die russische Armee einen Angriffskrieg wie damals die deutsche Wehrmacht. Ein Feldzug der verbrannten Erde! Das heutige Russland ist nicht die Sowjetunion von damals. Bitte alles mehr in die konkret historische Situation einordnen. Hilft meistens.
@Peter
Vielen Dank für den Tipp, das werde ich tun.
Und ich betone nochmal, daß es gut ist, mit diesem Ehrenmal der Millionen Toten – Russen, Ukrainer, Kasachen, Georgier… – zu gedenken, die im Kampf zwischen zwei menschenverachtenden Monstersystemen ihr Leben ließen. Es wird ja auch saniert und eben nicht weggerissen.
Aber nicht erst seit dem 24. 2. 2022 ist es trotzdem wichtig, Dinge zu hinterfragen. Wie kam es zum Beispiel dazu, daß ein selbst abgrundtief böses Terrorregime wie der Stalinismus, etwas so Gutes getan hat – Nazideutschland mit zu besiegen.
Und ob „die Ukrainer“ sich selbst als „homogene Masse“ sehen oder nicht und von wem sie heutzutage regiert oder beherrscht werden wollen, obliegt ihnen vor allem selbst.
Daß schon wieder auch abertausende russische Soldaten sterben müssen für einen Mann im Kreml, ist allemal erschütternd.
@peter ist ein richtiger wüterich, worum geht es ihm eigentlich wirklich?
@Peter
Ihr letzter Post wirkt auf mich verstörend. Sie weisen auf die Absicht des Denkmals hin, dass es die gefallenen Sowjetsoldaten ehren sollte und biegen dann auf ukrainische SS-Kollaborateure ab, die aus einer „nicht homogenen Masse der Ukraine“ hervorgegangen seien. Wenn Sie dann noch anderen Diskutanten Geschichtsunterricht erteilen wollen, wird es absurd.
Vielleicht haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, das zur Zeit des 2. Weltkrieges die Ukraine eine Sowjetrepublik der UdSSR war, in der durch die blutigen Hände der deutschen Wehrmacht und der SS auch Millionen ukrainische Sowjetsoldaten ihr Leben verloren haben. Michail Gorbatschow bezifferte die Opfer der Sowjetunion mit über 27 Millionen Menschenleben, davon 5,1 Millionen Ukrainer:innen – darunter 1,5 Millionen Juden.
Was wollten Sie uns mit ihrem Move auf die SS-Kollaborateure sagen?
Sie bespielen damit das Kreml-Narrativ, mit dem der heutige Angriffskrieg Russlands gerechtfertigt werden soll. Außerdem lenkt es von der Verantwortung des deutschen Hitlerfaschismus ab. Kommen Sie im Heute an. Von einem Land aus, wo es nach einer eigenen unrühmlichen Geschichte in Sachsen Aufmärsche des Dritten Wegs, die SSS (Skinheads Sächsische Schweiz) gibt, im Bundestag Fliegenschiss-Vergleiche und bundesweit Höcke-Reden gibt, sollte es mit solchen Bemerkungen gegenüber anderen Nationen mehr Demut geben.
Außerdem haben Sie bei den Wurzeln des Übels noch den Hitler- und SS-Kult auf russischer Seite vergessen. Der Kampfname „Wagner“ des Gründers der russischen Söldner-Armee Utkin ist von seiner Hitler-Verehrung angeleitet und er hat sich die Insignien wie SS-Runen und Hakenkreuz gleich auf die Brust tätowieren lassen. Unter dem Befehlshaber Progoschin und ausgerüstet vom russischen Staat morden die Söldner nicht nur in der Ukraine.
@ KayGarfeld „Was wollten Sie uns mit ihrem Move auf die SS-Kollaborateure sagen?“
– Ich kann mir vorstellen, dass Peter auf die OUN, die Organisation Ukrainischer Nationalisten abhebt. Hab in dem Artikel gelernt, dass die CIA & SIS mit Hilfe dieser Organisation in den 50ern Fallschirmspringer in der SU absetzen lies.
Neue Plaketten sind heute dran gewesen, vielleicht schon seit Tagen.
Also entweder hat sie der Dieb wieder rangehängt, oder die Künstlerin hatte noch welche parat / nachgeordert.