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Neustädter Brauerei Schwingenheuer schließt

Gestern habe er den letzten Sud abgefüllt. „Die 800 Liter ‚Elbhang Rot‘ gehen jetzt noch in den Verkauf“, sagt Christian (Lenin) Schwingenheuer. Die Gründe sind vielfältig. Was bleibt, sind die Bierbrauseminare und die satirischen Expeditionen ins Bierreich. „Auch unser Schalander, die Verkostestube bleibt“, sagt Lenin.

Lenin in der Schalander der Hausbrauerei. Foto: Archiv/Jonas Breitner 2021
Lenin in der Schalander der Hausbrauerei. Foto: Archiv/Jonas Breitner 2021

Aber die Brauerei, die diverse Kneipen und fast alle Bio-Läden der Stadt beliefert hat, wird geschlossen, den Mitarbeitern hat er das Ende schon angekündigt.

Vor 21 Jahren, im März 2002 hatte Lenin, die Neustädter Hausbrauerei gegründet. Schwingenheuer stammt aus dem Ruhrgebiet und bekam zum 16. Geburtstag vom Vater ein Buch zum Thema Bier selber brauen. Im heimischen Keller baute er die erste Brauanlage. Brauer mit Herz, das wird wohl jeder sagen, der ihn mal kennen gelernt hat. Die kleine Hausbrauerei hatte sich, trotz verschiedener Schwierigkeiten, gut entwickelt. „Bis 2019 sind wir immer weiter gewachsen, in der Spitze haben wir pro Jahr 900 Hektoliter verkauft“, sagt er und rechnet schnell um: „Das sind 180.000 Flaschen“. Dabei war nur eine alkoholfreie.

Lenin: Biererklärer und Showmaster
Lenin bei einem Bierseminar – Foto: Archiv/Anton Launer 2020

Nach dem Umzug kam Corona

„2019 mussten wir dann umziehen“, erzählt Lenin. Der neue Eigentümer in der Hermann-Mende-Straße hatte die Miete um das mehr als vierfache erhöht. Nachdem der Umzug geschafft war, wollte die Hausbrauerei 2020 richtig durchstarten. „Ich sah mich auf Ständen bei allen Volksfesten der näheren Umgebung“, sagt Schwingenheuer. Und dann kam Corona. „Zweieinhalb Jahr nix, 80 Prozent Umsatzrückgang“, erklärt er. Zwar habe man die Flaschenproduktion gesteigert, aber das eigentliche Geschäft läuft über drei Standbeine: Indoor-Veranstaltungen, Gastronomie-Belieferung, Volksfeste. Damit war dann erstmal Schluss.

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Die Hilfen vom Freistaat und der Stadt Dresden seien schnell und auch unkompliziert gekommen, sagt er. Das Dilemma stecke jedoch im Detail. Denn für die Angestellten war zwar mittels Kurzarbeitergeld zumindest für den Notbedarf gesorgt, für einen großen Teil der laufenden Kosten gab es Hilfen, aber der Lohn für ihn selber, der war da nicht mit eingerechnet. „Also bin ich zum Amt und wollte Hartz 4 beantragen, bin aber in der Bürokratie versunken“, berichtet er und wählt dabei nicht die feinsten Worte. Am Ende habe seine Altersvorsorge dran glauben müssen. Rund 170.000 Euro hatte er für den Ruhestand beiseite gelegt. Klingt viel, bedeutet aber noch nicht mal 1.000 Euro Rente für rund 15 Jahre. Aber, das ist nun auch egal. Denn das Geld ist aufgebraucht.

Wurde nur einmal verkauft "Pegida alkoholfrei" - den Erlös hat Lenin an "Dresden Nazifrei" gespendet.
Wurde nur einmal verkauft „Pegida alkoholfrei“ – den Erlös hat Lenin an „Dresden Nazifrei“ gespendet.

Nach der Pandemie sei das Geschäft im vergangenen Jahr nur schleppend angelaufen. „Jetzt gab es keine Förderung mehr, aber die Leute fehlten noch“, sagt er. Und jetzt, jetzt geht es zwar langsam wieder aufwärts. Dafür ist er komplett kaputt. Mit 47 Jahren steht Lenin vor dem Scherbenhaufen seines Lebenswerkes. „Die Krise und der Kampf mit den Ämtern hat mich krank gemacht“, gibt er offen zu und nun fehlen ihm Energie und Perspektive, das Geschäft wieder durchzustarten. „Vielleicht findet sich ja jemand, der die Brauerei übernehmen will“, sagt er. Der- oder diejenige sollte aber brauen können.

Bis Ende Juni, bzw. bis das Bier alle ist, wird die Verkaufsstelle auf der Schönbrunnstraße noch geöffnet sein. Immer Dienstag und Donnerstag von 13 bis 19 Uhr.

Hausbrauerei Schwingenheuer

Die rote Tür zum Laden in der Schönbrunnstraße - Foto: Jonas Breitner
Die rote Tür zum Laden in der Schönbrunnstraße – Foto: Archiv/Jonas Breitner 2021

Nachtrag 26. Mai

Heute Morgen hat ein Fan der Hausbrauerei eine Spendenkampagne gestartet. In der Zwischenzeit sind schon rund 2.500 Euro zusammengekommen. Nun rief mich Lenin gerade ganz aufgeregt an. „Stoppt das!“, sagt er. Das letzte was er jetzt brauche sei Geld. „Einen Brauer brauche ich, der das Geschäft übernehmen kann und Gesundheit, aber bitte kein Geld“.

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Zweiter Nachtrag

Spendensammler Thomas und Lenin haben telefoniert, Lenin stemmt sich nun nicht mehr so energisch gegen die Spendensammlung.

„Nach heutiger Rücksprache mit Lenin möchte er die Spendenerlöse auch weiteren Herzensprojekten aus seinem Umfeld zukommen lassen“, sagt Thomas.

17 Kommentare

  1. Schade, gern getrunken und immer gewundert, dass es nicht viel verbreiteter in den Dresdner Clubs und Bars war. Schade, dass man sich scheinbar ohne Widerspruch von der Politik hat zu Grunde richten lassen.

  2. Erschrocken und Bestürzt lese ich diese Zeilen, Lenin hat sich all die Jahre durch viele Widerstände durchgewunden, sich wieder hochgebraut – neue Ideen umgesetzt und andere wieder abgesägt- er ist auch treu geblieben! Ein Neustadt-Original!!!! Jetzt haben sie ihn zerrieben die Mühlen der Bürokratie – entsetzlich.

  3. Redaktion: Könnt Ihr nicht mal einen Namen richtig abschreiben?
    Klappt doch sonst auch!

  4. Ein krasser Schlag in die Leber… das nimmt mich echt mit und ich hoffe sehr, dass die Spendenaktion hilft!

  5. So traurig…das dürfen wir auf keinen Fall zulassen! Bitte spenden! Wenn er sieht wie viel Unterstützung er bekommt, evtl motiviert ihn das, weiterzumachen?!

  6. Nachtrag 26. Mai

    Heute Morgen hat ein Fan der Hausbrauerei eine Spendenkampagne gestartet. In der Zwischenzeit sind schon rund 2.500 Euro zusammengekommen. Nun rief mich Lenin gerade ganz aufgeregt an. „Stoppt das!“, sagt er. Das letzte was er jetzt brauche sei Geld. „Einen Brauer brauche ich, der das Geschäft übernehmen kann und Gesundheit, aber bitte kein Geld“.

  7. Lieber Lenin, Rainer und ich wünschen dir einen vielleicht sogar von dir ausgebildeten Bierbrauer, der, so wie du, mit genau so ner Menge Herzblut, deine Brauerei weiterführt, damit dein Lebensweg bestehen bleibt. Wäre doch sonst so traurig.

  8. Ach Lenin, nimm doch die Kohlen her für deine Altersvorsorge. Es ist damit kein Druck verbunden, das Geschäft fortführen zu müssen. Die Leute machen das für DICH und sie tun es gern.

  9. Lasst die Spendenkampagne laufen und bildet davon eine:n Brauer:in aus, die/der die Brauerei übernimmt! Oder als Startkapital für die übernehmende Person?
    …wenn das in Lenins Sinn ist.

  10. Ich bin entsetzt.
    Das BESTE BIER überhaupt.
    Bin gerade beim Pfingstzelten und habe sein Bier in der Hand und nun lese ich das ?
    Gerade noch Fässer für ein Fest im Juni geordert und jetzt lese ich das !

  11. Gesundheit steht an erster Stelle. Entscheidung richtig so.
    Einen Nachfolger finden steht jetzt auf dem Plan.
    Gute Gedanken und viel Kraft für dich.

  12. Alles Gute, lieber Lenin, für Deine Zukunft und wieder eine gute Gesundheit wünscht Dir Anna Catarina.

Kommentare sind geschlossen.