Wir waren als Spaziergänger gekommen. Einfach mal mit der Neun zum Neustädter Markt, dann vom Goldenen Reiter bis zum Albertplatz bummeln, ein wenig Schaubudenluft schnuppern und dann – schaun mer mal. Lief dann aber anders, wir hätten es ahnen können, denn statt der Neun nahm uns die Acht mit, und der Goldene Reiter ist ja nun auch drei Tage lang zum Goldenen Hengst mutiert.
Der Schaubudensommer macht’s möglich, die Künstler (m/w/d) haben sich der Hauptstraße bemächtigt. Aus der Dreikönigskirche wurde „Zu den drei Königinnen“, es gibt einen Jungbrunnen und ganz viel nah, im und überm Wasser.
Zwischendurch haben sich die Platanen der Hauptstraße schmuck gemacht, sie tragen fabelhafte Kostüme – als ob sie sich chic gemacht hätten, den 25. Geburtstag des Schaubudensommers zu feiern. Haben sie auch, denn mit César Olhagaray und Muriel Cornejo kennen sie geschmackvolle Einkleider!
Bummeln wollten wir – und blieben dann doch gleich am Markusplatz hängen. Den gibt’s so natürlich auch nicht auf dem offiziellen Stadtplan, aber wenn man hoch schaut, sieht man ja die Eisdiele Venezia – und was gibt’s in Venedig (außer Eis)? Genau. Also am Markusplatz – da geht es laut und leise zu. Leise und besinnlich, wenn Anna Krazy aus Estland dran ist, und laut und fröhlich, wenn The Trouble Notes unbändig temperamentvoll musizieren.
Die Künstler kommen sich übrigens nicht ins Gehege, laut stört nicht leise – weil sie immer hübsch abgestuft auftreten (wer wann wo: das Programm steht für Planungswütige im Netz). Und noch ein PS: Die Trouble Notes sind nur am ersten und zweiten der drei Schaubudensommer-Tage da. Wer sich also getriggert fühlt: beeilen!
Alice Bonazzi, David Colley & Kadafi Mulula von der Company Chameleon aus Manchester schafften es, uns (und nahezu alle im großen Publikums-Rund) emotional aufzurütteln und zwischen schierer Begeisterung und großer Nachdenklichkeit zu hinterlassen. „Das Stück erforscht, was wir verbergen und was wir offenbaren, und wie sich unser Verhalten ändert, je nachdem, mit wem wir zusammen sind“, erklären die Tänzer*innen.
Was die drei tänzerisch nicht aufs Parkett, sondern aufs harte Straßenpflaster hinlegen, ist stark. Was sie mit den Gedanken machen, noch stärker. Darf Kunst politisch sein? ist nämlich nicht die Frage. Sie muss es.
Der Hut, der (bei allen Aufführungen) von den immer netten Schaubuden-Helfern mit der Bitte um Anerkennung der Künstler rumgereicht wurde, war voll. Viele gaben mehr, als die Eintrittskarte beim klassischen Schaubudensommer gekostet hätte. Und auch wir sind, um das mal vorwegzunehmen, am Ende der Bummelei, um etliche Münzen und Scheine erleichtert heim gefahren. Denn der (nicht mehr ganz neue, es ist ja nun zum dritten Mal schon so) Hauptstraßen-Schaubudensommer ist nicht nur offener und großzügiger, er ist auch eine Einladung zum Kunstgenuss.
Nachmittags waren viele Kinder da – und sie saßen eher gespannt als gelangweilt vor den Künstlern. Und während man im Scheune-Areal mindestens so viel Zeit mit Schlangestehen wie mit Kunstgenuss verbrachte, gilt auf der Hauptstraße: Kommen, schauen, bei Nichtgefallen weiter gehen, sonst: dabei sein. Und hinterher geben, was man kann und für richtig hält.
Jede Menge Impressionen
Gibt es auf Instagram. Direkt auf der Schaubudensommerseite oder unter dem Hashtag #schaubudensommer2023.
Auf dem Rückweg vom französisch (und auch wieder nicht) geprägten Fête de l‘Europe, streifte ich – und verweilte gerne – gestern bei den (?) Buden.
Zwei Fragen:
Wie war der Heiße Hund?
Und:
Hilft er beim Wandeln in schwindelnden Höhen?
@S.Ebnitzer: Die Frage geht dann wohl an mich und nicht an den Autor. Der heiße Hund aka Hot-Dog war jeden Cent wert. Die 55 Minuten Wartezeit haben mich tatsächlich an alte Budenzeiten erinnert, verhinderten jedoch den freien Blick auf den Höhenwandler.
Ganz genau, Herr Launer! Eigentlich war die Frage – Verzeihung – überflüssig, da bereits vor Ort gestellt. Aber wer denkt schon nur an sich…