Bautechnische Mängel. Statische Mängel. Barrierefreiheit? Es gab gute Gründe, die zur Kernsanierung und Erweiterung der Scheune geführt haben. Nachdem das Haus nun fast komplett abgerissen wurde, soll nun wieder aufgebaut werden. Wie geht es dem Herzen der Neustadt? Ein Besuch auf der Baustelle.
Rund fünf Jahre nach Beschluss des Umbaus (Neustadt-Geflüster vom 1. November 2018) läuft laut Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) alles nach Plan. Sowohl der finanzielle Rahmen von rund sieben Millionen Euro soll eingehalten werden, als auch die Fertigstellung 2025: „Die Scheune ist ein wichtiger kultureller Anlaufpunkt im Herzen der Neustadt mit einer langen Geschichte als Kulturzentrum und Musikspielstätte. Wir bringen das Veranstaltungshaus auf den neusten Stand der Technik“, so der Bürgermeister. Das seinerzeit ein Baubeginn 2021 angestrebt wurde, erwähnt er nicht.
Was ist erhaltenswert?
Das war die Kernfrage, lange bevor die innere Entkernung per Software begann und letztlich mittels Stemmhammer eingeleitet wurde. Die Frage manifestiert sich geradezu mit dem ersten Schritt in die Scheune hinein. Es gibt nichts mehr, das erinnert. Schutt, Bohrlöcher, Zementmörtelsäcke. Eine x-beliebige Baustelle, auf der die Arbeiter fehlen. Die Frage geht an den Projektleiter Jens Lerch vom Hochbauamt: Was war erhaltenswert?
„Es geht ja zum Einen um die Wahrung des Hauses, das da schon lange stand, aber gleichzeitig auch um eine zukunftsträchtige Konstruktion“, erklärt Lerch das Spagat unter dem Knickdach auf der Nordseite. Die Stahlträger sind zu sehen. Nicht gut. Im Brandfall fackeln die zuerst ab. Heutiger Standard sieht anders aus.
Während des Baustellenrundgangs weiß der Baustellenchef sogar Geschichten über die am Rand geparkten Steine zu erzählen. In guten Händen, ist der Eindruck. Was also bleibt? „Vielleicht nicht die rote Farbe auf dem Geländer da oben, aber mit Sicherheit das Geländer und die Wendeltreppe“. Coole Antwort vom Typen mit dem Plan.
Der ganz anderen Grund
Bei Grabungen im Inneren der Scheune kam es zu Überraschungen. Beim Bau des Hauses in den 1950ern wurde teilweise Schutt der Bombenangriffe verbuddelt. Der musste jetzt zur Seite geschafft werden. Hat man nur zwei Meter weiter gegraben, fand sich keinerlei Kriegsschrott: „Wir befinden uns ja in einem Bombenabwurfgebiet“, sagt Lerch. Daher wurde an den Orten, an denen bereits gearbeitet worden ist, eine Munitionsuntersuchung durchgeführt. Diese Messungen reichen drei Meter in die Weite. Bisher wurde nichts entdeckt.
Das Pilotprojekt
In den kommenden Tagen soll die Scheune wieder wachsen; und zwar in die Breite und Tiefe. Nach oben hin verändert sich nichts. Neun Meter werden auf der nördlichen Seite (zur Louisenstraße hin) angebaut. Dabei wird der Anbau um einen unterirdischen Lagerraum erweitert. Die Längsseiten werden jeweils um drei Meter erweitert. Nur die Südwand, zur Turnhalle hin, bleibt stehen.
Für die Sanierungs-Bauplanung wurde „Building Information Modeling“ (BIM) verwendet: „Wir haben die alten Baupläne in den PC eingespielt und dann ein digitales Modell der Scheune erhalten.“ Der konkrete Mehrwert: Die Herrn Bauplaner hatten dann eine erste Baubegehung auf der digitalen Baustelle der zukünftigen Scheune (ohne Helm!) und haben sich nicht den Kopf an einer digitalen Lampe gestoßen.
„Da es ein Altbau ist, sind die Decken, Böden und Wände nicht immer eben oder zu hundert Prozent gerade. Das weiß das Programm nicht. Wir haben mit unseren menschlichen Erfahrungen nachgeholfen“, berichtet Projektleiter Lerch.
Die digitalen Daten von BIM vereinfachen zudem die Instandhaltung des Objekts und die zukünftige Bewirtschaftung. Die Technik wurde auch beim Bau des Neuen Rathauses eingesetzt und war dort weitaus effektiver, weil bei Null angefangen werden konnte und nicht etwa mit einer obskuren Grundlage.
Letztlich soll die Scheune ein neues Gewand erhalten. Eine Fassade, die ihrem Namen alle Ehre machen soll: Das Kulturhaus soll Holz vor die Hütte bekommen. Fertigstellung nach den aktuellen Plänen: 2025. Die Neustadt wird also noch zwei weitere Jahre auf ihr Herz verzichten müssen, auch wenn sich der Scheune-Verein beste Mühe gibt, auf Vorplatz und im Blechschloss ein Ersatz-Herz anzubieten.
Weitere Infos auf dresden.de, dort gibt es auch ein Bautagebuch. Der Scheune-Verein hat einen Telegram-Kanal mit spannenden Bildern vom Umbau eingerichtet.
Die Baustellenrundgans schmeckt am besten mit Rotkraut und Senf…
Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.