Neun Jahre lang dampfte auf der Louisenstraße das Schwein vor sich hin. Nun ist es ausgezogen und hat seine Räume Jasmel Singh Dhaliwal und damit einem völlig anderen Angebot überlassen – statt Fleisch gibt‘s jetzt erstklassigen Kaffee, selbstgebackene Kuchen und einen vegetarischen bis veganen Mittagstisch.
Unverhofftes Zuhause
Auch die Einrichtung ist gar nicht wiederzuerkennen. Ein bisschen ist es, wie in einen Dschungel zu stolpern: sattes Grün an allen Wänden, Tapeten mit Pflanzen, dazwischen schöne Holztische mit vereinzelten bunten Kissen. Ein Ort zum Wohlfühlen sollte „dhaliwal‘s café & bistro“ werden, das sieht man.
Dabei ist alles selber gemacht, mit tatkräftiger Hilfe vom Freundeskreis, vor allem aber von Ehefrau Heike. Die geizt generell nicht mit Unterstützung – ob das Bürokratie, Kuchenbacken oder Motivation spenden betrifft. So richtig in den Gastronomiealltag einsteigen will sie vorerst aber nicht; schließlich ist sie mit ihrem Job in der Kita zufrieden.
Ohne Heike wäre Jasmel wohl auch nicht auf die Idee gekommen, sich zum Hotelfachmann ausbilden zu lassen. Auf dem Weg von seiner Heimat Nordindien nach England ist Dresden von einem Zwischenstop dann doch zu einem Zuhause geworden und es musste eine Ausbildung her. Also ab ins Sternehotel.
Faszination Kaffee
Dort konnte Jasmel einiges mitnehmen. Kenntnisse, Freundschaften, Entsetzen über das Wegwerfen von Lebensmitteln im großen Stil, nicht zuletzt aber die Liebe zum Barista-Handwerk. Als eines Tages im Hotel eine Siebträgermaschine angeschafft wurde, war der wissbegierige junge Mann sofort Feuer und Flamme.
Fortan hieß es, das Milchaufschäumen zu erlernen und zu perfektionieren. Gut, dass es so viele Mitarbeiter*innen im Betrieb gab, an die die Übungsobjekte ausgeteilt werden konnten. „Ich hab dann jeden Tag so 60, 70 Kaffees gemacht“, erinnert sich Jasmel schmunzelnd. Nach der Arbeit ging das Lernen auf der Couch mit Youtube weiter.
Irgendwann zierten jeden Cappuccino perfekte Herzen, auch das technische Verständnis für die Maschine war vorhanden, niemand im Hotel konnte einen besseren Kaffee machen. Die Barista-Schule ersparte das allerdings nicht. „In Deutschland braucht man schließlich für alles einen Schein“, zwinkert Heike.
Vom Traum zur Realität
Immerhin aber eröffnete die Spezialisierung auf den Kaffee neue Perspektiven. Etwa Eigenes aufbauen und nicht immer nur angestellt sein war als Traum schon immer in Jasmels Hinterkopf. Und ein Café erfordert im Vergleich zu einem Restaurant weniger Platz, weniger Personal und weniger Aufwand, vor allem finanziell.
So wurde dann aus dem Traum ziemlich schnell Realität. Hinter der Theke prangt, sich elegant in den Hintergrund einfügend, eine nagelneue Kaffeemaschine in edlem Schwarz, daneben zwei Mühlen. Gefüllt sind die mit zwei verschiedenen Röstungen. Beides eigene Anfertigungen der Cross River Coffee Rösterei in Cotta, deren Bohnen nicht nur fair gehandelt, sondern durch die schonende Röstung auch besonders aromatisch und bekömmlich sind.
Zum Testlauf gab‘s allerdings die altbewährte Bohne von Caffè Sun. Schon vor der offiziellen Eröffnung kamen die ersten Gäste hereinspaziert, weil sie den Laden so gemütlich fanden. Jasmel, noch mit dem Werkzeug in der Hand, ließ es sich natürlich nicht nehmen, sie zu bewirten.
Günstig, authentisch, lecker
Im Laufe der Woche kommt dann noch ein bisschen Feinschliff. Das Kassensystem wurde endlich geliefert, die Kuchenvitrine fehlt noch. Auch die Lieferung des Herds lässt leider noch immer auf sich warten. Wenn der da ist, kann es dann auch losgehen mit dem Frühstücksangebot und dem Mittagstisch.
„Ich will was Leckeres, Schnelles, Günstiges und Gesundes anbieten“, erklärt Jasmel, und „Produkte und Gerichte kochen, die hier niemand kennt.“ Anders als das sich ähnelnde Repertoire der meisten indischen Restaurants hier. Essentieller, einfacher, vielleicht das, was hierzulande mit dem unsäglich deutschen Begriff „Hausmannskost“ bezeichnet wird.
„Ich geh ja hier auch nicht ins Restaurant, um Pellkartoffeln mit Quark zu essen; sowas mach ich mir eher zuhause“, vergleicht Heike. Aber: „Wenn ich gut kochen kann, kann ich auch aus einer Kartoffel richtig viel herausholen“, ergänzt Jasmel. Also Gerichte aus einfachen Zutaten, lecker zubereitet. So ist es auch realistisch, für ein Mittagessen nicht mehr als 6 Euro verlangen zu müssen.
Ein rundes Angebot
Damit nichts weggeworfen werden muss, gibt es jeweils nur ein Tagesgericht, wie in Nordindien vegetarisch oder vegan. Wenn es alle ist, ist es alle, wenn etwas übrig ist, soll es an Bedürftige verschenkt oder wenigstens vergünstigt abgeholt werden können. Für das Frühstück hingegen sind vier fixe Optionen geplant, zwei davon, um der Theorie denn auch im Beweis gerecht zu werden, auf Kartoffelbasis.
Ausklingen kann der Tag dann ganz gemütlich bei einem Drink oder Glas Wein, zu dem Snacks gereicht werden. Angestellte hat Jasmel vorerst keine. Auf seine Gäste und darauf, dass sie sich wohlfühlen, freut er sich dafür umso mehr.
dhaliwal’s café und bistro
- Louisenstraße 26, 01099 Dresden
- Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag 9 bis 21 Uhr
@Anton
Frage:
und das Dampfschwein ist jetzt tot ???
OMG –
DANKE im voraus für die Rückmeldung
Internetauftritt / Facebook / Instagram =
keine näheren Infos
Genau, kein Dampfschwein mehr, aber schon seit Juni.