Mit reichlich Polit-Prominenz wurde heute das umgebaute historische Blockhaus offiziell an an die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden übergeben. Damit kann der Einzug des „Archivs der Avantgarden“ beginnen. Das Haus an der Augustusbrücke wurde für 29 Millionen Euro umgebaut.
Der sächsische Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) sagte zur Übergabe: „Das Dresdner Blockhaus zeigt, wie beeindruckend Tradition und Moderne verbunden werden können.“ Hinter der vertrauten, barocken Fassade verberge sich ein zeitgenössischer und multifunktionaler Kunstraum, der architektonisch neue Maßstäbe setze. „Herzstück ist ein scheinbar schwebender Kubus im Inneren, der das eigentliche Archiv wie ein Tresor auf drei Ebenen aufnimmt“, so Vorjohann. Das Dresdner Blockhaus solle aber nicht nur ein Ort für Kunstliebhaber und Wissenschaftler sein, sondern lade mit seinem historischen Garten schon heute alle Dresdner sowie Gäste ein.
Eröffnung im Mai 2024
Die Kultur- und Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU) freut sich, dass nun ein ganz wesentlicher Abschnitt auf dem Weg zur Eröffnung des Archivs der Avantgarden im Mai 2024 abgeschlossen wurde. Sie dankte allen am Bau Beteiligten für den beeindruckenden Umbau. „Nun können die Staatlichen Kunstsammlungen in den kommenden Monaten die Ausgestaltung des künftigen Archivs der Avantgarden angehen“, so die Ministerin, die sich sicher ist, dass hier künftig einer der interessantesten Orte der Stadt entstehen werde.
„Eines der stärksten Potenziale eines Archivs ist das Vermögen, die Vergangenheit zu verstehen und zugleich in einer zeitgenössischen Debatte zu verorten“, sagt Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Das Blockhaus vereine dies in seiner zeichenhaften Architektur und verbindet sich dabei ganz natürlich mit der Sammlung des Archivs. Außerdem würde mit dem anliegenden Garten zum Elbufer ein Raum der Vision, der Offenheit und Demokratie entstehen.
Sammlung avantgardistischer Kunstexponate
Dem Freistaat Sachsen war es im Jahr 2016 gelungen, Egidio Marzona als Stifter einer weltweit einmaligen Sammlung avantgardistischer Kunstexponate für sich zu gewinnen. Er hatte den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden neben einer ersten Schenkung von rund 1,5 Millionen Objekten im Jahr 2016 weitere 200.000 Stücke Ende 2018 übertragen. Im Jahr 2016 entschied die Sächsische Staatsregierung, das Blockhaus als Archiv und Kunstmuseum für die „Sammlung Marzona“ umzugestalten und einen Ort zum Forschen, Ausstellen, Diskutieren und Verweilen zu schaffen.
Mit einem Investitionsvolumen von rund 29 Millionen Euro konnte in vier Jahren Bauzeit aus dem sanierungsbedürftigem Blockhaus in exponierter Stadtlage ein herausragendes Zentrum zeitgenössischer Kunst entstehen.
Im Erdgeschoss entstanden großzügige Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen. Die „Forschungsplattform“ im Zwischengeschoss bietet Raum für Lesesaal, Quellen- und Materialforschung. Der Kubus selbst beherbergt auf drei Ebenen das eigentliche Depot mit Archivflächen auf einer Rollregalanlage für 1740 laufende Meter und Räumen für Restaurierung und Digitalisierung. Insgesamt stehen 1.900 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung.
Das unter Denkmalschutz stehende Blockhaus wurde bis auf die Außenwände komplett entkernt. Die historische Fassade sowie Dach und Fenster wurden nahezu authentisch restauriert. Der scheinbar schwebende Archiv-Kubus im Herzen des Gebäudes wird nicht, wie sonst üblich getragen von Stützen, sondern von vier Flügeln, zwei davon sind sichtbar. Als Schutz gegen Hochwasser sind im Untergeschoss eine wasserundurchlässige Bodenplatte und eine Schutzwand mit Flutschutztoren eingebaut. In die Außenanlagen mit dem denkmalgeschützten Garten flossen 3,4 Millionen Euro. Neue Sitzmöglichkeiten laden in exponierter Stadtlage zum Verweilen ein.
Nach der Übergabe schließt sich jetzt die Einregelung der technischen Anlagen, insbesondere die Klimatisierung und im Anschluss der Umzug der Sammlung an. Die Eröffnung des Archivs der Avantgarden ist im Frühjahr 2024 geplant.
Geschichte des Blockhauses
Das Blockhaus wurde nach Plänen von Zacharias Longuelune (1669 – 1748) im Jahr 1755 als Wachgebäude fertiggestellt. Der Name stammt vermutlich vom alten Zollhaus, das zuvor an dieser Stelle stand. Von 1849 bis 1918 hatte hier das sächsische Kriegsministerium seinen Sitz, später war es Wehrkreiskommando und Wehrkreisbücherei. Während des 2. Weltkriegs im Februar 1945 wurde das Gebiet des Neustädter Marktes weitgehend zerstört. Das Blockhaus brannte vollständig aus und blieb 35 Jahre lang eine Ruine.
In den Jahren 1978 bis 1982 wurde es wiederaufgebaut und in seinen ursprünglichen Zustand von vor 1892 zurückversetzt. 1980 wurde es als Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft mit Klub- und Festsaal und Gaststätte eröffnet. Das Gebäude ging 1994 in das Eigentum des Freistaates Sachsen über, der es für Veranstaltungen der Landesregierung nutzte.
Außerdem hatten die Sächsische Akademie der Künste, die Außenstelle Dresden der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt darin ihren Sitz. Das Elbehochwasser im Sommer des Jahres 2013 beschädigte das Gebäude so stark, dass es nicht mehr nutzbar war.
Hintergrund „Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona“
Das „Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona“ enthält eine der umfangreichsten und bedeutendsten Sammlungen. Kunstwerke, Objekte und Dokumente der künstlerischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Dieser Bestand ist in Umfang und Struktur weltweit einmalig. In den späten 1960er Jahren, im turbulenten Umfeld von Konzeptkunst und Studentenbewegung, hatte der deutsch-italienische Galerist, Sammler und Verleger Egidio Marzona zu sammeln begonnen, was bis dahin nur wenige Kunstsammler interessierte.
Neben Kunstwerken aller Gattungen, wie Gemälden, Zeichnungen, Grafikwerken, Möbeln und Designobjekten, sammelte er auch Dokumente und Materialien zu den künstlerischen Prozessen. Außerdem sogenannte Ephemera wie Einladungskarten, Poster, Kataloge und Briefe. Die Sammlung bietet in ihrer Dichte eine Grundlage zur Erforschung und Neubewertung der künstlerischen Avantgarden in ihren gesellschaftlichen Verflechtungen im 20. Jahrhundert.
Ganz schön grauhaarig die Avantgarde. Ich sach’s ja nur.
Muss einem das gefallen? Die Architektur wirkt raffiniert, aber jedenfalls auf den Fotos wirkt das Gebäudeinnere grau und ziemlich trist, um nicht zu sagen, es hat auf den ersten Blick den Charme einer Tiefgarage.