Am 2. November eröffnete im Kunsthaus Raskolnikow eine Ausstellung zur Mailart aus Dresen während der achtziger Jahre. Marie Egger, Doktorandin für Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin hielt die Laudatio zu Beginn. Die Ausstellung ´Aus dem Elbtal in die Welt -und wieder zurück` zeigt unter Anderem Postkarten und Briefe, die den Austausch zwischen Künstlern der DDR und vielen Teilen der Welt dokumentieren.
Was ist der Hintergrund?
Sie selbst habe die achtziger Jahre nur kurz mitbekommen, leitet Marie Egger den Abend ein. Die Bedingungen unter denen künstlerische Arbeit in der DDR möglich war, „sind heute manchmal schwer nachvollziehbar“, sagt sie. Kunstschaffende litten unter Überwachung, Repression und Verfolgung. Heute können wir und konnten im Westen unsere Meinung äußern, sind global vernetzt und frei in der Kunst.
Künstler wie Birger Jesch haben schon zu Zeiten der DDR soweit möglich ihren Weg nach draußen gesucht. Im Überwachungsstaat war praktisch nur der sozialistische Realismus als Kunstform anerkannt. Unter großem Risiko haben die hier gezeigten Künstler andere Medien gefunden, um den Kontakt und den Austausch mit Künstlern außerhalb der DDR zu pflegen. Zwar unterscheidet sich die Qualität und Quantität der Vernetzung deutlich von der heutigen, doch ist die Idee die gleiche. Kunst im Austausch, Kunst im Kontakt.
Was es zu bestaunen gibt.
Gezeigt werden Arbeiten von Birger Jesch, Martina und Steffen Giersch, Jörg Sonntag, Joachim Stange und Jürgen Gottschalk. Auch inspiriert durch eine Künstlergruppe um Robert Rehfeld, die in den siebziger Jahren Kontakte zu internationalen Künstlern aus der DDR heraus pflegte. Die strikte Trennung von Ost- und Westkunst wird durch diese Kontakte und daraus entstandener Kunst im Kontakt aufgeweicht.
Kunst kennt keine Grenzen und erst recht keine Mauern. Alle gezeigten Objekte zeugen vom Austausch. Birger Jesch versandte beispielsweise DDR-Löschpapier an Künstler in aller Welt mit der Bitte zum Stempeln und zurücksenden, aber auch Luftgewehr-Zielscheiben wurden überarbeitet. Die verschiedenen Medien bezogen sich häufig auf Tabuthemen der DDR, wie Demokratie, freie Meinungsäußerung, ect. Mit diesem Hintergrund erzählen alle Werke ganz eigene Geschichten, die den Charme der Ausstellung prägen.
Sound als Medium
Im Anschluss an die Laudatio hat Jörg Sonntag alias Jo Siamon Salich eine Sound-Collage live weiterentwickelt. Er sandte einen seiner Sounds zum Bearbeiten an GX Jupitter Larsen der bereits in den siebziger Jahren auf ähnliche Weise Mailart produzierte. Damals versandte Larsen Schallplatten und bat, diese zu bearbeiten beispielsweise durch Zerkratzen. Er nannte das Hardcore-Noise und klassifizierte diese als einer der Ersten zum Genre Mailart.
Im heutigen Kontext
Mit dieser Vernissage eröffnet eine Retrospektive der Mailart in Dresden zur Zeit der DDR. Marie Egger arbeitet an der Dokumentation dieser Kunst, die bisher noch nicht vergleichbar erforscht ist. Im Hinblick auf die voranschreitende Globalisierung wirkt die Ausstellung fast unwirklich, sie regt zum Denken an und verdeutlicht auf eindrückliche Weise, wie sich Kunst ihren Weg in die Freiheit sucht.
Egger möchte hiermit neue Aufmerksamkeit und Interesse für dieses internationale Medium wecken. Die Ausstellung soll nicht bloß in die Vergangenheit schauen, sondern auch Impulse setzen. Mailart ist Kunst im Kontakt, in diesem Sinne: „Lassen sie uns einander kennen lernen und darüber sprechen“, schließt Egger die Laudatio.
Weitere Informationen
- Kunsthaus Raskolnikow, Böhmische Straße 34, 01099 Dresden
- Dauer der Ausstellung: bis 22. Dezember 2023
- www.galerie-raskolnikow.de
- Bürozeiten: Montag bis Donnerstag 10 bis 15 Uhr
- Galerie: Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr
- Die Galerie ist auch zu den Bürozeiten zugänglich.
Ich tausche ein „S“ gegen ein „e“, kaufe ein „l“ und möchte ein „r“ verschieben:
>> Scharm, Schalplatten, Infromationen
Mit orthografischen Grüßen
Romy
Danke Romy, der Korrektor hatte Tomaten auf den Augen.
Wie gut, daß wir diese Zeiten hinter uns haben, in denen Künstler ausgegrenzt und wegen ihrer Meinung, die anders als die vorgegebene war, verunglimpft wurden. Und wer das anders sieht, hat das Wesen der Demokratie vielleicht einfach noch nicht richtig begriffen. Oder?!?
Schön jedenfalls, daß das Thema Mail Art aufgegriffen wurde. Wer sich mehr damit beschäftigen möchte: im Jahr 1994 ist ein sehr schönes Buch in der Haude & Spenerschen Verlagsbuchhandlung erschienen mit einer umfassenden Bilddokumentation. Vielleicht bekommt man es noch antiquarisch.