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Weil Schule auch anders gehen kann

Dafür, dass der herkömmliche Bildungsweg nicht immer bis zum Schulabschluss führt, kann es viele Gründe geben. Oft stecken Ängste dahinter. Die jedoch abgebaut werden können, wie die Straßenschule des Treberhilfe Dresdn e.V. mit einer ganzheitlicheren Herangehensweise ans Lernen zeigt.

Über Beziehung ansetzen

Unsere Schule soll ein Ort sein, an dem man gerne ist“, betont Marcus Bernhardt gleich als erstes. Gemeinsam mit Beate Rohde hat er 2014 mit der Schule ein Konzept von Dieter Wolfer und Maren Behnert umgsetzt (Neustadt-Geflüster vom 15. Dezember 2015). Wenn die beiden von ihrer Arbeit der letzten Jahren sprechen, leuchten ihre Augen fast so sehr wie der Globus, der in den Räumen auf der Königsbrücker Straße als Lampe von der Decke baumelt.

Auch wichtig: sich selbst nicht ganz so ernst nehmen. Marcus und Beate sind auf jeden Fall mit Freude dabei. Foto: Straßenschule

Das Ziel ist es, Vertrauen aufzubauen, um einen geschützten Lernraum zu schaffen – wir versuchen, da über Beziehung dranzubleiben“, so Beate. Und damit, Beziehungen aufzubauen, geht es auch direkt los, wenn junge Menschen zwischen 16 und 26 den wöchentlichen Schnupperkurs besuchen.

Die abgebrochene Schule ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Wir schauen, wo wir ansetzen können, das kann auch heißen, dass wir zunächst versuchen, gemeinsam eine Wohnung zu finden oder erkrankten Menschen bei der Vermittlung einer Therapie helfen.“ Häufig sind es existenzielle Sorgen, die erst einmal in Angriff genommen werden müssen, damit der Kopf überhaupt frei ist.

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Lehren und Lernen

Auch wenn dann der Punkt erreicht ist, an dem klar wird, es geht jetzt um den Schulabschluss, passiert das ohne Druck. In zwei Gruppen bereiten sich die Schüler*innen auf jeweils Haupt- oder Realschulabschluss vor. Unterrichtet werden sie dabei von freien Dozent*innen, die aus ganz unterschiedlichen Kontexten kommen: manche studieren, andere arbeiten irgendwo und möchten hier etwas weitergeben.

Und auch etwas gewinnen, denn „Die Lehrenden sind Lernende und die Lernenden sind Lehrende, das ist unser Leitsatz.“, fasst Marcus das Prinzip des Umgangs auf Augenhöhe und die Wichtigkeit von Partizipation zusammen. Nach jeder Lerneinheit wird Feedback erfragt, individuelles Eingehen auf Personen und Bedürfnisse ist unbedingte Regel.

Ein Ort der Begegnung.

Über das Schuljahr hinweg nutzen ca. 80 junge Menschen die verschiedenen Angebote der Straßenschule. Dass die Lerngruppen kleiner sind als Schulklassen, ist dabei natürlich von Vorteil. Trotzdem braucht es zusätzlich die Bereitschaft, flexibel und spontan zu sein.Improvisieren gehöre zum Tagesgeschäft, stellt Beate ganz unproblematisch fest. Das funktioniere hier sowieso viel besser als die Woche in feste Abläufe einzuteilen.

Brücken bauen

Zwei unterschiedliche Module beinhaltet das Konzept: während es in der Lernwerkstatt darum geht, sich den Unterrichtsstoff anzueignen, der in der Schulfremdenprüfung abgefragt wird und somit für den Abschluss nötig ist, fördert die Kompetenzwerkstatt Interessen und Fähigkeiten jenseits von Schulfächern. Gemeinsam wird musiziert und gespielt, es werden Wände bemalt und es gibt Raum für Gespräche.

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Einfach Dinge zu tun, die man gern tut, kann sogar auch eine Brücke zur Bildung sein: „Wenn jemand zum Beispiel gern Schach spielt und das hier regelmäßig tun kann, kommt vielleicht irgendwann der Gedanke auf ‚Ich kann Schach, da kann ich doch bestimmt auch Mathe‘“, erklärt Beate.

Neun Jahre lang begleitet die Straßenschule schon junge Menschen auf ihrem Weg. Nächstes Jahr steht das große Zehnjährige Jubiläum an. Während die ersten Jahre als Modellprojekt von der Aktion Mensch gefördert wurden, läuft die Finanzierung mittlerweile über das städtische Jugendamt. Damit ist sie gerade so sicher, wie soziale Arbeit eben sein kann.

Unterstützen mit Wissen oder Spenden

Weil aber auch jenseits des Nötigsten Träume existieren, ruft die Schule hin und wieder zu Spenden auf. Im Moment sammelt sie unter anderem für die Finanzierung einer Weihnachtsfeier. „Gerade in der grauen Jahreszeit ist es wichtig, gemeinsam Zeit zu verbringen“, ist Marcus überzeugt. Man wolle für alle ein gemeinsames Essen und kleine Geschenke organisieren, und auch den Dozent*innen noch einmal danken.

Ohne deren Einsatz wäre das Projekt schließlich undenkbar. Und es werden auch immer welche gesucht, die Lust haben, mitzumachen. Dank ihnen, den ehrenamtlichen Helfenden sowie Beate, Marcus und mittlerweile ihrer dritten Kollegin Alexandra Hemme hat die Schule, neben allem anderen, immer mehr Absolvent*innen zu verzeichnen.

„Im ersten Jahr waren es drei, bei den letzten Prüfungen schon zwölf, da ist schon ein mehr oder weniger kontinuierlicher Anstieg da“, erzählt Beate. Und auch auch die schönen Geschichten werden immer mehr. Zum Beispiel die einer Teilnehmerin, die nach der Straßenschule noch das Abitur nachgeholt hat und jetzt selbst soziale Arbeit studiert.

Die Straßenschule liegt zentral gleich um die Ecke vom Albertplatz.

Auch sonst ist die Straßenschule ständig in Weiterentwicklung begriffen. Ganz neu ist die Kooperation mit der Stadtbibliothek Neustadt, die einmal in der Woche einen Raum und damit mehr Platz für gemeinsame oder individuelle Aktivitäten zur Verfügung stellt. Vielleicht kann ja auch das dazu beitragen, dem Winter gelassen die Stirn zu bieten und die laufenden Lernvorbereitungen fürs nächste Frühjahr gelingen zu lassen.

Straßenschule