Die vielversprechende Neustädter Newcomer-Band „80cmBrett“ hat im Dezember ihre erste EP veröffentlicht. Neustadtgeflüster hat reingehört und sich mit den drei Jungs über die nächsten Konzerte, gerissene Saiten und Neustadt-FOMO unterhalten.
Es ist voll in dem kleinen Raum im Stadtteilhaus, Menschen drängen sich dicht an dicht, gespannt auf den Act des Abends: „80cmBrett“ heißt die Band mit dem unkonventionellen Namen, bestehend aus Frontsänger Kilian Engelke und Tom Stennett an der E-Gitarre und Schlagzeuger Carlo Klengel. Sobald die ersten Töne erklingen, fängt die Menge an zu toben. Die überwiegend jungen Neustädter*innen hüpfen zum Takt der mitreißenden Musik, sind kaum zu halten – da reißt Engelke die Saite. Doch statt Buhrufen schafft die Band es, die Stimmung, während die Saite ausgetauscht wird, sogar zu steigern: Die drei Jungs improvisieren, performen spontan einen anderen Song und machen einfach gute Laune.
„Bei unseren besten Konzerten ist oft etwas schiefgegangen“, stellt Carlo Klengel lachend fest. Die drei Bandmitglieder sitzen inzwischen im Probenraum im Volume 11 in Löbtau. Wer vor dem Gebäude steht, in dem sich auch der Club Gisela befindet, hört schon die ersten Bässe – dann geht es zwischen den durchgesessenen, aber diesmal leeren Sofas und den Graffitis der Diskothek direkt zu den angrenzenden Proberäumen. Hier proben die drei mindestens einmal in der Woche.
Bei einem Konzert im Ostpol an der Königsbrücker Straße sei ihnen das auch schon passiert, mit dem Saitenreißen – und auch hier sei der Abend ein voller Erfolg gewesen, erzählen die drei. Bei dem Konzert entsteht der Kontakt zum Produzenten Johann Keilig– und damit der Plan, eine erste eigene EP aufzunehmen und auf Spotify zu veröffentlichen. Seit Dezember sind die Lieder abrufbar, und verzeichnen immerhin schon ein paar Tausend Klicks– kein schlechtes Ergebnis für die ersten Songs.
Vom Lagerfeuer in die Spotify-Playlist
Vor zwei Jahren haben sie sich kennengelernt, als sie zusammen am Lagerfeuer im Hinterhof an der Großenhainer Straße 9, auch bekannt als GH9, jammten. Gemeinsame Freund*innen hatten dort eine Party veranstaltet. Bald schon ziehen sie zusammen von einer WG-Party zur nächsten.
„Durch euch war ich auf einmal richtig viel unterwegs“, stellt Tom Stennett fest. Immer häufiger treffen sie sich, musizieren und singen im Dreiklang – bis daraus auch irgendwann Lieder entstehen, und sie ihre ersten Konzerte in den Wohnungen ihrer Freund*innen und Bekannten spielen. „Das bedeutet dann, 3 Lieder zu wiederholen – mehr hatten wir ja noch gar nicht“, erinnert sich Engelke.
„Macht aus unserer Musik, was ihr wollt“
Katys Garage, Ostpol, Rösslstube, Stadtteilhaus, Festivals und mehr Locations folgen, und immer erhalten sie begeisterte Rückmeldungen von der immer ein Stück wachsenden Fanbase. Immer häufiger kommt auch die Frage: „Wo kann man euch eigentlich hören?“ Nun haben sie darauf endlich eine Antwort. In ihrer EP schallen Indie- neben Hardrock-Klängen zu deutschsprachigen Texten, Pop vermischt sich mit Blues und vielfältigen Rhythmen, wie es die drei selbst beschreiben – und wird zu einem eingängigen Klang.
„Wir versuchen, Musik zu machen, die Spaß macht zu spielen und zu hören. Wir wollen auf keinen Fall langweilig sein“, sagt Engelke. Langweilig zumindest scheint es dem Publikum nicht zu werden, so wirkt es zumindest nicht bei der hüpfenden Menge im Stadtteilhaus beim Neustadt Art Festival im vergangenen September. Auch anspruchsvoll sei ihre Musik sowohl beim Zuhören als auch beim Spielen, so Klengel. Einen Wechsel vom Fünf-Viertel- in einen Sieben-Viertel-Takt würden die Zuhörer*innen nicht explizit wahrnehmen – eher das Unangepasste daran. „Aber wir versuchen auch, nicht zu komisch zu sein“, lacht Stennett. „Ganz nach dem Motto: Hey, wir geben euch was, macht daraus, was ihr wollt“, fasst Engelke zusammen.
Neustadt-Vibe und Ohrwurmpotenzial
In den Texten ihrer Lieder geht es meist um Gefühle und Erlebnisse, Dating, Freundschaft, wichtige Entscheidungen. Ob das dann die tiefgründigen Gespräche im kalten Zigarettenrauch der geteilten Kippe sind oder die Entscheidung, spontan bei der WG-Party der Nachbar*innen vorbeizuschneien, in der „WG ganz oben“, wie auch eines ihrer Lieder heißt – immer schwingt auch ein Vibe mit, den viele Neustädter*innen ihrer Generation spüren könnten.
Es ist das Gefühl an einem Ort zu leben, an dem viele unterschiedliche, viele junge Menschen sind, an dem immer etwas los ist, aber an dem man auch immer etwas verpassen könnte und noch den Weg zu sich selbst finden muss. Die Neustadt ist dabei Dreh- und Angelpunkt für dieses Gefühl der FOMO (kurz für„Fear Of Missing Out“), das die drei oft zu haben scheinen.
Wer hineinhört, kann das Ohrwurmpotenzial der drei Lieder „WG ganz oben“, „Bei mir, bei dir“ und „Erstes, Zweites Date“ nicht verleugnen – um das zu erzeugen, haben Carlo Klengel, Kilian Engelke und Tom Stennett über ein halbes Jahr mit dem Produzenten Johann Keilig im Studio getüftelt. „Es sollte rund werden“, sagt Engelke, der von den anderen beiden als „Perfektionist“ bezeichnet wird. So haben es sogar Geigenklänge in eine Aufnahme geschafft – ungewöhnlich für die erste Aufnahme.
Ein Name wie ein Skateboard
Wer mitgerissen wird von ihren Liedern, stellt sich trotzdem eine grundlegende Frage: Warum dieser Name? Immerhin steht ein 80 Zentimeter langes Brett, ihr Markenzeichen, ganz vorne bei jedem Konzert. Woher der Name kommt, darauf haben die drei, eigenwillig wie sie sind, allerdings auch keine eindeutige Antwort. „Es war der Name, bei dem wir am meisten gelacht haben“, schmunzelt Engelke und zuckt mit den Schultern. Ob die Assoziation Skateboard oder Baumarkt – keins von beiden scheint so richtig auf die Band zu passen. Baumärkte seien auch das erste, was bei der Google-Suche kommt, wenn man ihren Namen eingebe, meint Stennett – und sein Ziel sei, dass da stattdessen ihre Band irgendwann ganz oben bei den Ergebnissen stehe.
Bis das soweit ist, sei es ihnen wichtig, einfach „eine Party mit den Leuten zu haben“ bei ihren Auftritten, so Stennett – und dass einige zu ihrer „Party“, ihren Konzerten, wollen, scheinen die positiven Rückmeldungen auf ihre EP zu zeigen. Dauerhafter Teil der Konzerte und der Proben ist seit kurzem auch ein viertes Bandmitglied – Bassistin Zélie Vue.
Lob kam auch vom Mondpalast, hier wird „80cmBrett“ am 2. Februar spielen, und im Riesa Efau tritt die Band zusammen mit „Linhay“ am 20. Januar auf. Engelke erzählt, inzwischen habe er den Saitenhalter seiner E-Gitarre abgeschliffen, das solle dabei helfen, dass die Saite bei den Konzerten nicht mehr reißen könne. Und auch sonst füllt sich der Kalender der „Zentimeter“, wie sie von ihren Fans manchmal genannt werden, stetig mit Events auch über Dresden hinaus, damit die hüpfende Menge bald wieder schreit: „Brett, Brett, Brett, Brett!“
Du schreibst von den „3 Jungs“ oben und weiter unten von den selben Personen als „Neustätter*innen, was jetzt sind es Jungs oder Menschen, die kein Geschlecht haben(die *innen wären ja keine Jungs)
Hallo Pavel, die drei Jungs sind die Band. Das Publikum sind Neustädter*innen, sowohl männlich als auch weiblich.