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So hilft ein Chor erwerbslosen Männern

Zusammen mit dem Job verlieren viele Menschen auch ihren Alltag. Sozialarbeiter Jens Geithner bietet in der Neustadt die MännerMusik an. Für manche der Männer ist der Chor von p3|sozial der einzige feste Termin in der Woche.

Einer der Männer bringt jedes Mal sein selbstgebautes Instrument mit. Foto: Anna Abraham
Einer der Männer bringt jedes Mal sein selbstgebautes Instrument mit. Foto: Anna Abraham

„Nun will der Lenz uns grüßen…“, mehrere tiefe Stimmen singen zusammen das Lied „Maienfahrt“ in der Dresdner Neustadt im Projekt p3|sozial des Männernetzwerk Dresden e.V., das ein Angebot für erwerbslose Männer in der Stadt Dresden ist. Hier trifft sich der Chor „MännerMusik“ jeden zweiten Mittwoch im Monat.

Ein professioneller Musiklehrer unterstützt mit der Gitarre. Einer der Männer hat sogar ein selbstgebautes Instrument mit drei farbigen Saiten dabei. „Das macht richtig was mit diesem Mann“, sagt Sozialarbeiter Jens Geithner, „der richtet sich regelrecht auf, wenn er sein eigenes Instrument spielen kann und andere Männer ihm zuhören.“

Für das nächste Lied singt Alexander die erste Strophe alleine, ein Solo. Alexander singt gerne und probiert bei der MännerMusik auch mal die Trommeln aus. Für heute hat er vorgeschlagen, zwei, drei Stücke für eine anstehende Aufführung auszusuchen und zu proben. „Auftrittchen“, beschwichtigt Jens Geithner. Vor etwa zwei Jahren hat er die MännerMusik ins Leben gerufen, als einen Ort, an dem erwerbslose Männer zusammen singen können: Gemeinsam, unter sich. Die Idee dahinter: Singen macht Freude, die manche der Männer im Alltag nur selten empfinden.

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Sozialarbeiter Jens Geithner in seinem Büro. Foto: Anna Abraham
Sozialarbeiter Jens Geithner in seinem Büro. Foto: Anna Abraham

Gespräche auch über die schwierigen Themen

„Männer leiden leise“, steht auf einem Flyer im Büro von Sozialarbeiter Jens Geithner. Zwei Stühle, ein kleiner Tisch und ein Fenster: Hier berät er und seine drei Kollegen erwerbslose Männer bei allen Dingen, die sie belasten. In Geithners Erfahrung versuchen noch immer viele Männer, nicht über ihre Schmerzen zu reden, sondern sich stattdessen mit anderen Dingen abzulenken. In das Projekt kommen vor allen Männer, die in einer Krise stecken.

Wenn es schwer ist beruflich wieder Fuß zu fassen, sich ihre Frau getrennt hat oder man gerade keinen Sinn in seinem Leben sieht, ist p3|sozial ein Ort, um auch zu solchen Themen ins Gespräch zu kommen. Der einfachste Zugang ist das MännerCafé. Es  öffnet jeden Mittwoch zwischen 14 und 17 Uhr seine Türen. Wer will, kann noch bis nach 17 Uhr bleiben und anschließend im Angebot MännerMusik mitsingen. Offen und zwanglos soll das Angebot sein.

Ein professioneller Musiklehrer begleitet die Gruppe auf der Gitarre. Foto: Anna Abraham
Ein professioneller Musiklehrer begleitet die Gruppe auf der Gitarre. Foto: Anna Abraham

Einfach mal abschalten

In einem Halbkreis sitzen dabei zehn Männer unterschiedlichen Alters, von draußen scheint das Abendlicht in den Raum. Kaffeetassen sind weggepackt, jetzt verteilt der Musiklehrer die Notenblätter. Auch zwei neue Gesichter sind mit dabei. Aber bevor gesungen werden darf, meldet sich Jens Geithner. Jeder stellt sich einmal vor und erzählt, wie es ihm geht.

Ein Mann in einem gestreiften Oberteil startet. „Ich bin hier, weil es zu meinem monatlichen Ritual geworden ist“, erzählt er. Jens sagt, dass er Singen gut und wichtig findet. Er ist spontan nach dem Kaffetrinken geblieben, aber fragt: „Kann Singen bei der Wohnungssuche helfen?“

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Hartmut fühlt sich beim Singen frei. „Ich komme auf andere Gedanken und kann einfach abschalten. Manchmal trillere ich in der Straßenbahn.“ Freundliches Gelächter. Ein anderer erzählt, dass er einfach immer dabei sei: „Die Euphorie ist weg, die Gewohnheit bleibt“. „Wie im Leben“, ruft ein anderer dazwischen. Der Mann mit dem selbstgebauten Instrument erzählt, dass das Singen ihm Freude bringt. „Es bringt ja nichts, dem Sinn des Lebens nachzutrauern“, sagt er.  Hier hakt Jens Geithner direkt ein: „Sinn des Lebens nachtrauern… Vielleicht kann man das ja noch anders sehen. Vielleicht finden wir da ein Lied.“ Der Chor singt durch die Genres und Bands: Pur, die Puhdys, Liedermacher. Wer neu ist, darf sich ein Stück wünschen, dass ihm viel bedeutet. Beim nächsten Mal druckt Jens Geitner die Lieder dann aus, es wird gesungen und vielleicht über die Geschichte hinter dem Stück geredet.

Wer will, darf der Gruppe sein Lieblingslied vorstellen. Foto: Anna Abraham
Wer will, darf der Gruppe sein Lieblingslied vorstellen. Foto: Anna Abraham

Benjamin kommt extra aus Berlin

Um 18.30 Uhr endet die MännerMusik bis zum nächsten Mittwochstermin. Einer der Männer hat eine besonders weite Heimreise: Trotz Umzugs wollte Benjamin dem Angebot treu bleiben und reist jedes Mal aus Berlin an. Bei der MännerMusik wollte er weiterhin dabei sein und schauen, wie sie sich entwickelt.

Frauen sollen, laut Jens Geithner, auf jeden Fall weiterhin außen vor bleiben. Täglich erlebt er, wie sich Männer so ganz anders öffnen und zum Beispiel über Ängste vor der nächsten Vorsorgeuntersuchung sprechen. „So wie es geschützte Räume für Frauen gibt, braucht es solche auch für Männer“, erklärt er.

7 Kommentare

  1. Kleine Typo im letzten Satz des Zitates, in dem zweimal „Frauen“ steht, so ergibt der Satz keinen Sinn.

  2. Bestimmt nur ein kleiner Schusselfehler, vielleicht hat da aber auch Freud seine Finger im Spiel?
    Der letzte Satz – so wie er gerade da zu lesen ist – ist auf eine traurig-zynische Weise so falsch wie nur irgendwie vorstellbar…

  3. „So wie es geschützte Räume für Frauen gibt, braucht es solche auch für Frauen“

    Ah ja. Hat er wohl eher nicht so gesagt.

  4. das Musikprojekt ist eine gute Sache. Ich wünschte mir jedoch, wenn das Männernetzwerk wirklich offener gegen-über allen wäre. *Geschlechter*Psychischen Erkrankungen und aller Art von Krisen. vor allem moderner werden.

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