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Harke auf Raketenblech – The K.E.S.H. Group Experience

Das „Geöffnet“-Schild des Büchers Best zeigt an diesem Abend nach innen in den Ladenraum, in dem sich drei Männer zusammengefunden haben. Das einzige Publikum des Abends wendet ihnen den Rücken zu: Bücher. Jörg Stübing, prämierter Buchhändler, sortiert allerlei Operationsbesteck auf seinem Kaffeetischchen: Knochen und Kalimbas, Schneebesen, Maultrommeln und Vogelpfeifen.

Kai Schmerschneider und Christian Budde. PS
Kai Schmerschneider und Christian Budde.

High wie Schafgarbe

„Kannst du mal das Raketenblech holen, Herr Budde?“, fragt er hinüber Richtung Saxofon. „Wenn ich meine Hose da nicht einbüße?“, fragt dieser und verschwindet im Hinterstübchen. „Ich bin der Anästhesist“, scherzt er von hinten. „Möchte jemand einen Schafgarbentee?“ Mehr Rauschmittel braucht es auch nicht, denn, so Stübing: „Ich halte die Musik selbst für psychoaktiv.“

Auftakt zur Probe der K.E.S.H. Group Experience. Untertitel: Akustische Ökologie. Jörg Stübing hat eine Band gegründet und er wäre nicht der begnadeteste Stehgreifphilosoph, der belesenste Gedankenakrobat, wenn dies nicht gleichzeitig eine Studienreise durch die Gefilde der Musik bis hin zu den Ursprüngen wäre. Und da wird sie auch schon andächtig auf den Tritthocker gestellt: die Shruti Box.

Die sagenumwobene Shruti Box.
Die sagenumwobene Shruti Box.

Klänge aus dem Klappkoffer

Ein unscheinbarer, flacher Koffer, mit dem alles begann. Lange schon hatte sich Jörg Stübing nach diesem  Instrument gesehnt, das zur selben Familie gehört wie das Akkordeon und die Melodica. Der Tonumfang dieses indischen Harmoniums umfasst eine Oktave mit 22 Tönen und wird mit Hand oder Fußpedal gespielt, indem Luft von der einen in die andere Seite gepumpt wird. Als Jörg Stübing seine Parkinson-Diagnose bekam und kurz darauf noch sein guter Freund verstarb, orderte er die Shruti Box, denn er wollte „nichts mehr nach hinten verschieben.“

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Jetzt erfüllt ihr bedächtiges Atmen den Raum, ihr Klangteppich verlockt zum Hinein-Singen. Shruti bedeutet wortgemäß „das, was man hören kann.“ Die indische Musik, erläutert Stübing, ist grundsätzlich einstimmig. Sie kennt keinen Kammerton, keine Harmonik, keine Akkorde. Alles wird auf einen Grundton aufgebaut, den in diesem Fall die Shruti Box liefert – einfach und rein. Ganz anders als das kniffelige Problem mit dem Pythagoreischen Komma, das sich beim Stimmen eines Instruments mit zwölf Oktaven ergibt, erklärt Stübing. „Ein Fehler in der Matrix“, sinniert er, das besonders den großen Bach sehr beschäftigt habe. „Die Welt geteilt durch Sinn ergibt immer eine ungerade Zahl.“

Zeitgelee und Eieruhr

„Wir fangen an. Es ist die Stimmung nach dem großen Regen. Es regt sich langsam, wir strecken uns“, gibt Stübing einen Einstieg in die Atmosphäre des zu probenden Stücks. Kai Schmerschneider an der Hang Drum und Christian Budde am Saxofon folgen gespannt den Erläuterungen auf dem Tusche geschriebenen Notizblatt. Dann setzen die Vogelpfeifen ein, die Sonne bricht durch die Wolken.

Knochen und Kalimba. PS
Knochen und Kalimba. PS

Die Titel der K.E.S.H. Group Experience dauern zehn Minuten, manchmal auch eine halbe Stunde – oder drüber. Heute soll eine Eieruhr zur Begrenzung mahnen, was aber nur dürftig klappt. Zu weit draußen traben die Gefährten durch die weite Steppe, halten Ausschau auf einsamen Hügeln, lassen sich durch belebte Städte treiben. „Die Zeit wird geleeförmig“, beschreibt Stübing. „Wir möchten beim Publikum Zeitfreiheit erreichen.“

Kesh aufs Ohr

Eben noch am Ufer eines reißenden Flusses gewandelt, lässt jetzt der scharfe Ruf einer Mundharmonika einen Achtzigtonner über einen Highway rauschen. „Wir entern den Blues“, gibt Stübing das Kommando.

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Die Harke knartscht rasselnd über das Raketenblech. Eine Klangschale ruft zur Einkehr, behutsam trommelt ein Silbermäulchen. Der Band-Name bezieht sich auf den Science Fiction-Roman „Always Coming Home“ von Ursula K. LeGuin. Die Kesh sind ein Volk, das die Erde nicht unterjocht, ihr Territorium nicht ausbreitet, Herrschaft ablehnt.

Jörg Stübing bei der Probe der Kesh Group Experience. PS
Jörg Stübing bei der Probe der Kesh Group Experience. PS

Gerade setzen Jörg Stübing und Herr Budde nach einem wilden Duett zur Landung an, die Hang Drum tröpfelt aus. Alle schauen sich erwachend an, Uhrencheck. Da betritt verspätet noch ein viertes Bandmitglied den Raum. Dirk Großer: Tablas, Konakol, Gesang. Alle gemeinsam, dann auch mit Oliver Stahn, sind am Sonnabend, 22. Juni im Rahmen des „Konzert für Pflanzen und Menschen“ im Kleingartenverein Flora auf der Bergmannstraße 39 in Striesen zu erleben, ab 15 Uhr. Eintritt frei. Auch beim Bunten Sommer Neustadt ist die Gruppe vor der Galerie Gäbler zu erleben.

K.E.S.H. Group Experience auf Spotify.