Ein mächtiger Bass dröhnt aus den Lautsprechern. Heiße Techno-Rhythmen lassen den Raum vibrieren. Nein, ich bin nicht im Downtown. Ich will einfach nur eine Hose kaufen. Klamottenläden schießen in der Neustadt wie Pilze aus dem Boden. Fast jede Woche gibt es eine Neueröffnung zu bestaunen. Die meisten sind auf jugendlich getrimmt und locken mit billigen Tricks wie lauter Musik.
So auch das Brozzas, wo ich jetzt am Hosenregal stehe und die schicken Sachen bewundere. Endlich finde ich ein Exemplar. Schön schlicht und schwarz, wenn sie jetzt noch passt, brauche ich nicht mehr weiter zu ziehen. Doch dann fällt mein Blick auf das Preisschild – 179 Mark! Mir bleibt erst mal die Spucke weg und ich hoffe auf einen Druckfehler. Doch die Hosen links und rechts daneben sind genauso teuer.
„Das sind Markenklamotten“, erklärt mir Thomas, den ich zur Unterstützung mitgenommen habe. Er will jetzt einen Pullover kaufen. Über den Preis staune ich schon nicht mehr. Aber ich habe auch einen Tipp für ihn: „Frag doch mal, ob du den in der Maschine waschen kannst!“ Tatsächlich, der ist ganz vorsichtig zu pflegen und nur für die Handwäsche geeignet. Also ziehen wir weiter und lassen die laute Musik hinter uns.
Modemeile Rothenburger
Auf der Rothenburger Straße sind verschiedene Läden, fast überall das gleiche Bild. Teure Klamotten und moderne Musik. Im Dakard findet Thomas endlich einen Pullover. Die Verkäuferin verabschiedet uns mit den eigenartigen Worten: „Und viel Spaß damit.“ Mit dem Pulli? Das kann ja heiter werden. Doch ich habe immer noch keine Hose. Inzwischen habe ich mein Preis-Limit sogar schon erhöht, doch bei 130 Mark sollte Schluss sein.
Im Chazz auf der Böhmischen Straße endlich mal ein Verkäufer, der sich richtig um mich bemüht. Er sucht mir Hosen raus und erläutert den Schnitt. Soviel Freundlichkeit zeigt ihre Wirkung. Ich kaufe was, zwar keine Hose, doch dafür ein totschickes Hemd.
In den nächsten Tagen nehme ich mir die anderen Geschäfte vor, vielleicht ist ja irgendwo eine passende Hose zum kleinen Preis zu haben. Auf der Böhmischen soll es mit dem Chicsaal einen schmucken Second-Hand-Laden geben.
Nachtrag 2024
- Ich habe diese Geschichte von 1999 nach 25 Jahren in einem leicht angestaubten Archiv als Zeitungsausriss gefunden. Aus heutiger Sicht lesen sich die Preise ja schon fast günstig. 179 Mark entsprechen 91,56 Euro. 130 Mark entsprechen 66,47 Euro.
- Die drei im Beitrag erwähnten Läden gibt es nicht mehr, das Second-Hand-Geschäft Chicsaal jedoch immer noch.