In der Neustadt gibt es seit dem 16. Oktober 2024 eine Hütte, deren Dach undicht ist. Wie das? Pfusch am Bau – oder?
Nichts davon stimmt. Die jüdische Kultusgemeinde hat neben ihrer Synagoge ein solches Objekt gebaut. Es ist eine Laubhütte, eine Sukka, anlässlich des Laubhüttenfestes (Sukkot). Dafür gibt es jahrhundertealte Regeln: Die Laubhütte muss unter freiem Himmel stehen, nicht unter einem Baum oder Dach. Das Dach muss aus Pflanzenmaterial bestehen, das nicht mehr mit den Wurzeln verbunden ist. Durch das Dach müssen die Sterne zu sehen sein. Also doch kein Pfusch am Bau! Manche Juden leben während des siebentägigen Laubhüttenfestes darin, auch nachts. Zum Laubhüttenfest gehört auch gutes Essen.
Woher stammt die Tradition?
Die Bibel berichtet im Buch Exodus vom Auszug der Juden aus Ägypten. Danach mussten sie als Sklaven für den ägyptischen Pharao die Städte Ramses und Pithom errichten. Sie entkamen dem Joch durch ihre 40-jährige Flucht durch die Wüste. Während dieser Zeit lebten die Juden unter freiem Himmel. Die Laubhütte mit ihrem durchlässigen Dach soll daran erinnern.
Auch wenn die Geschichte historisch nicht belegt ist: Im Bewusstsein der Juden wird sie wachgehalten, auch in den Gebeten. Nicht nur zum Pessach-Fest, das der Erinnerung an die Flucht aus Ägypten einen eigenen Abend widmet.
Der Bau der Laubhütte
Mehr als 50 Juden und Nichtjuden trafen sich zum diesjährigen Laubhüttenfest. Darunter waren Gäste aus mehr als zehn Nationen. Rabbiner Akiva Weingarten erläuterte die Bedeutung der Laubhütte für die heutige Zeit: Sie soll uns auch daran erinnern, dass ein festes Dach über dem Kopf und gutes Essen nicht für alle Menschen selbstverständlich sind.
Wo wurde die Laubhütte gebaut?
Unmittelbar an die Synagoge in der Eisenbahnstraße grenzt eine Brachfläche. Jüdische und nichtjüdische Freiwillige räumten das Gelände von Bauschutt, ebneten es ein und schufen so die Voraussetzungen für die Begrünung des zukünftigen Gartens der Kultusgemeinde. Mit dem Bau der Laubhütte begann die Nutzung des Geländes.
Die Laubhütte wird noch einige Tage stehen bleiben. Dann wird sie abgebaut und erst im nächsten Jahr zum Laubhüttenfest wieder aufgebaut. Und wieder mit undichtem Dach.
Ein Gastbeitrag von Dr. Herbert Lappe. Der 1946 in London geborene Sohn jüdischer Emigranten übersiedelte mit der Familie in die DDR nach Dresden. Der IT-Berater war langjähriger Mitarbeiter im Vorstand der jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dresden und wesentlich verantwortlich für den Bau der Neuen Synagoge in Dresden (2001).
Erläuterung der Redaktion: Sukkot – Laubhüttenfest
Das Laubhüttenfest, auch bekannt als Sukkot, ist ein jüdisches Fest, das im Herbst gefeiert wird. Es dauert sieben Tage und beginnt am 15. Tag des hebräischen Monats Tishri, in der Regel im September oder Oktober. Sukkot ist ein Erntedankfest und erinnert an die 40 Jahre, die die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten in der Wüste verbracht haben.
Während des Festes bauen viele Juden eine „Sukka“, eine Laubhütte, die an die provisorischen Unterkünfte erinnert, in denen die Israeliten während ihrer Wanderung lebten. Diese Hütten haben ein Dach aus Zweigen oder anderen natürlichen Materialien, durch das man den Himmel sehen kann. In der Sukka wird gegessen, gebetet, und manche schlafen sogar darin.
Ein weiterer wichtiger Aspekt von Sukkot ist der „Arba Minim“, das „Vier-Arten-Bündel“, bestehend aus einem Palmzweig (Lulav), Myrtenzweigen, Bachweidenzweigen und einem Etrog (eine Zitronenfrucht). Diese vier Arten werden während des Gebets geschwungen, um die Dankbarkeit für die Ernte auszudrücken und Gottes Schöpfung zu preisen.
Sukkot endet mit einem besonderen Festtag namens „Schmini Azeret“ und „Simchat Tora“, an dem die Freude über die Tora gefeiert wird.
Vielen Dank für solche interessanten Artikel und Gast-Beiträge! Und es freut mich das solche Traditionen Bestand haben und auch heute noch gelebt werden!